Review

Nehmen wir die staunenden Augen des Jünglings, welcher sich an diesem Videocover zu Insect kaum satt sehen kann. Ein insektoides Monstrum überragt in stilvollen Blautönen die Schemen seiner Opfer, deren Flucht sie offenbar durch ein Tunnelgebilde führt. Bleiben wir bei diesem Bild. Steht es nicht schon stellvertretend für Figuren, deren Tiefe sich eben so detailfrei entfalten wird? Steht die räumliche Umgebung nicht für die Enge eines Sets, welches allein schon aus Kostengründen ausreichen müssen wird? Die Größe des hier wie eine Ameise wirkenden Insekts hingegen ist metaphorisch zu verstehen. Sicher, es soll Hauptthema sein, eine apokalyptische Bedrohung. Aber wird es diesem physischen Größenverhältnis entsprechen? Wird es überhaupt jemals in dieser Detailschärfe zu erkennen sein?

An dieser Stelle fungiert das Kunstwerk nun als Brücke zum eigentlichen Film und sollte nicht als Versprechen mißverstanden werden. Die 80er Jahre waren gemeinhin eine Zeit der Vorstellungskraft. Es waren die Coverartworks von Videos und Videospielen, die Abenteuer in unglaublichen Welten versprachen. Wie oft mußten wir uns dann von Anleitungen erklären lassen, daß zum Beispiel ein gelbes Rechteck eine Banane darstellen solle (Pac-Man, Atari VCS 2600)?

Die Kunst dieser Ära kann nur durch die Wechselwirkung mit dem Rezipienten funktionieren. So ist es auch am Zuschauer, sich auf Insect einzulassen, in welchem über eine etwas hektische Einleitung der Weg in ein Krankenhaus führt. William Fruet möchte anscheinend von Beginn an die Gestaltung so offen wie möglich halten, weshalb nicht nur der Ausgangspunkt, sondern eben auch seine Figuren ambivalent gehalten werden.
Obwohl sich derer manche zusammenfinden, so bleiben die Beweggründe doch zumeist nebulös. Fruet erreichte so nahezu dokumentarischen Charakter, wären seine Typen nicht stereo, bis ins karikative ragende Abziehbilder.
Dennoch gibt er ihnen ausreichend Zeit sich zu entwickeln. Gerade die kumpelhafte Fürsorglichkeit des Detectives für einen leukämiekranken Knaben ist herausragend. Dieser Schelm ist es jedoch auch, der in seiner kindlichen Naivität ein emporgebrochenes Exponat eines unbekannten Wurmes mittels eines Hormonstimulats in Wallung versetzt und somit die noch eingeengte Seuche zu progressiver Entfaltung verhilft.

William Fruet versteht es, Insect in seinen geringen Mitteln so zu gestalten, daß mit dem Schütteln einer grün erleuchteten Schüssel schon Spannung entsteht. Es ist die Ellipse, welche geschickt eingesetzt zum Werkzeug der Anfütterung gerät. Ja, man will mehr wissen von dieser seltsamen Kreatur, die wissenschaftlich erklärt doch auch dem Insektologen ein Mysterium bleibt. Einmal freigelassen zieht es mordend durch die Gänge. Ein kurzer Blutschwall ergießt sich über dem alltäglichen Frieden, welcher eben gewöhnlich, nicht idyllisch als Ausgangspunkt diente.
Das ist gut so, wäre bei dieser Filmroutine zuviel des Guten strapazierend. So ist diese Parabel auf die von den Eltern erzieherisch wie gesundheitlich im Stich gelassene No-Future-Kultur und den Dämon, den diese losgetreten (haben könnten), auf eine charmante Weise nicht langweilig. In der Geschichte des Science-Fiction-Films zu banal um Erwähnung zu finden, mischen sich Schauer und Amüsement so befriedigend, wie es das Publikum durch seine Anteilnahme gestaltet. Damit hat Insect in unserer heutigen Kultur alle Chancen übergangen zu werden.

Details
Ähnliche Filme