Der Film basiert auf einem Buch des Steve Martin. Selbiger hat dann auch die Drehbuch-Adaption geschrieben und auch noch die Hauptrolle übernommen. So weit, so gut. Aber warum er zusätzlich noch als Off-Erzähler fungieren muss, erschließt sich mir überhaupt nicht. Es ist ja nicht so, dass der Erzähler dieser Geschichte mit Steve Martins Rolle identisch wäre. Nein, Herr Martin spielt die Rolle des Ray Porter und zusätzlich macht er die Erzählstimme aus dem Off, die wohlgemerkt in der dritten Person über die Figuren erzählt: „As Ray Porter watches Mirabelle walk away, he feels a loss.“ Klingt reichlich schizophren, weil Martin ja auch die Rolle des Ray Porter spielt, nicht wahr? Ganz schlimm fand ich ja, dass die Monologe des Off-Erzählers so klingen, als stammten sie 1:1 aus der Buchvorlage. Deshalb hatte ich manchmal das Gefühl, ich sei in einer Lesung, in der Steve Martin aus seinem Buch vorliest. So etwas ist einfach kein guter Stil, und jeder Drehbuchautor müsste eigentlich wissen, dass man Off-Monologe nach Möglichkeit vermeiden sollte (und die Erzählstimme in SHOPGIRL gibt ja nichts über den Gemütszustand der Protagonisten wieder, das man nicht hätte genau so gut in Bildern oder durch Gestik und Mimik der Darsteller kommunizieren können - was ja viel subtiler und dadurch wertvoller gewesen wäre). In der filmischen Handlung als solche sind einige Schwächen zu verzeichnen - u.a. ein einige holprige Perspektivenwechsel (nachdem man anfangs das Gefühl hat, der Film werde gänzlich aus Mirabelles Sicht erzählt) sowie einige lieblos wirkende Subplots. Einige Unebenheiten, die das Filmvergnügen trüben, hat das ganze leider schon. Dennoch kann SHOPGIRL im Großen und Ganzen überzeugen. Es ist ein wirklich sympathischer Film. Bevor ich aber zu den positiven Aspekten komme, noch zwei Kritikpunkte: Die Kameraarbeit ist am Anfang übertrieben dynamisch (als wolle man vorführen, was man visuell so drauf hat), wird mit zunehmender Laufzeit aber immer unspektakulärer (was auch gut ist, denn die Kamerafahrten am Anfang erfüllen keinen Zweck, außer dem Selbstzweck). Ein weiterer Kritikpunkt ist die penetrant schmalzige Musik, die man wahrlich nicht überhören kann. Scheinbar hatte man Angst, einige Szenen würden den Zuschauer nicht menschlich erreichen, weshalb man akustisch nachhelfen müsse. Diese Sorge ist jedoch unberechtigt, denn der Film enthält so viele tolle und zauberhafte Momente, die „aus eigenem Antrieb“ funktionieren und wahrlich keine zusätzliche Emotionalisierung durch den Score nötig haben. So bleibt es dann dabei, dass der übertrieben schmalzige und aufdringliche Score überflüssig ist. Mehr noch: er macht durch seinen penetranten Charakter mehrere tolle Szenen fast kaputt. Viel besser haben mir die klasse ausgewählten Songs gefallen, die in einigen anderen Szenen eingespielt wurden.
Nun aber zu den positiven Aspekten. Erstmal: Claire Danes ist toll. Sie kommt hier super sympathisch rüber und spielt wirklich ausdrucksstark. Die Blicke, die Mimik, ihr ganzer Habitus - alles präzise, viel sagend und sehr natürlich anmutend. Sie spielt Mirabelle, eine einsame Frau, die ironischerweise im sonnigen L.A. Handschuhe bei Saks verkauft, weil sie nicht die finanziellen Mittel hat, um ihre künstlerischen Ambitionen auszuleben und eine eigene Photo-Ausstellung auf die Beine zu stellen. Sie lebt einsam und bescheiden, schluckt dauernd Antidepressiva, stottert immer noch ihr Studentendarlehen ab und langweilt sich in ihren miesen Verkäuferinnen-Job. Dann trifft sie eines Tages den Tunichtgut Jeremy (ebenfalls gut: Jason Schwartzman), den sie zwar sehr nett findet, aber keine Zukunft mit ihm sieht, weil er ein totaler Chaot ist, der sein Leben nicht im Griff hat. Also bleibt es nur bei einer kurzen Affäre. Dann lernt sie im Geschäft den reichen und älteren Ray Porter (mal in einer ernsten Rolle: Steve Martin) kennen und verliebt sich in ihn. Sie meint, er könne ihr all das geben, was sie braucht. Ray hat jedoch Angst vor einer festen Beziehung und hält Mirabelle immer leicht auf Distanz. Er sieht ihre Beziehung als rein sexuell an und will sich nicht fest binden. Gleichzeitig kümmert er sich aber hingebungsvoll um Mirabelle und man merkt bald, dass ihm diese Frau doch wohl mehr bedeuten muss, als er sich selber eingesteht. Und dadurch wurde er für mich immer sympathischer und menschlicher. Gut hat mir in dem Zusammenhang gefallen, dass die Geschichte nicht für alle Beteiligte ein Happy End nimmt. Für Ray schon mal gar nicht, und wahrscheinlich auch nicht für Mirabelle, die am Ende ja quasi nur einen Notnagel ergreift (nichts anderes ist Jeremy wahrscheinlich für sie). Der Film endet mit dem lapidaren Hinweis „That‘s life!“ Manchmal funktionieren Beziehungen halt nicht, und Punkt. Das finde ich viel ehrlicher gelöst als in den ganzen anderen romantischen Komödien, die meinen, unbedingt ein naives und schmalziges Happy End zu präsentieren. SHOPGIRL ist also eher ein nachdenklicher Film, der wie ein modernes Märchen beginnt (arme Verkäuferin trifft Millionär), am Ende aber wieder mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität aufschlägt. Das hat mir gut gefallen. Die Stimmung von SHOPGIRL ist nachdenklich verträumt bis melancholisch, manchmal auch heiter. Der Film ist sehr dezent, was freilich auch den feinen Humor mit einschließt. Vor allem sind die Figuren sehr liebevoll gezeichnet, weshalb sie einen leicht erreichen. Die Dialoge sind ebenso gut wie die drei Hauptdarsteller, die sie vortragen. SHOPGIRL erzählt eine sehr menschliche, kleine, feine Geschichte und hat, wie oben schon erwähnt, viele tolle und zauberhafte Momente. Ein sehr sympathischer und süßer kleiner Film. Über die ein oder andere Unebenheit des Drehbuchs sowie über einige inszenatorische Faux Pas kann man deshalb wohlwollend hinwegsehen, denn in seiner Gesamtheit ist es ein schöner kleiner Film.