Review

Es braucht ganze dreissig Sekunden, um die akkumulierten Schlüsselinformationen des prime time serials nachzuerleben. In der Wiederholung eines einzigen Gespräches fasst man die vorherigen 815min zusammen und leitet die letzte Episode ein; die dann auch wirklich das Ende darstellt und kein Versprechen des Weitererzählens bereithält.
In New Option 10: The Final Showdown gibt es auch keine Helden, keine privilegierte moralische Perspektive, keine parallel erzählten Linien, keine enzyklopädischen Dialoge und auch keine Sicherheiten mehr.
Das Endlosprinzip ist aufgehoben; "Linear" und "Ziel-orientiert" lautet diesmal das Motto.
An diesem Freitag wird Lisa Plenske heiraten. Rokko oder David ?

Eigentlich geht es um etwas anderes. Durchaus in Bezügen vergleichbar, aber doch mehr waffenstrotzend. Im Gegensatz zur weiblichen Gruppe aus der Unter- und Mittelklasse der Daily Soaps wird hier eher ein männliches Publikum angesprochen. Es geht auch um Gefühle, so stellte der Cliffhanger des vorherigen New Option 9: The Syndicate gleich eine dreifache Massenhochzeit ins Haus, aber das Drumherum ist testosterongeschwängert und bewegt sich desöfters in Richtung von Hong Kong Action. Von der Geschichte her lässt sich der hiesige Abschluss in Vergeltungsfeldzug / Pattsituation / Verabschiedung partagieren, wobei die ersten zwei Drittel ganz vorzüglich im beherrschenden Strukturmotiv der durchkreuzten Entschlüsse absolviert werden und man nachher nur noch am - diesmal erlaubten - Ausrollen ist. Bei der Form fehlt es entweder am Wollen, am Können oder doch auch am Geld.

Hon Gin [ Raymond Wong ], Inspector bei der OCTB, hat sich durch Machenschaften mit Triadenboss Fatso [ Wong Tin Lam ] ins Abseits manövriert. Als sich deren Beziehung auch verschärft, die Gespräche beendet sind und Keiner dem Anderen mehr etwas durchgehen lässt, sprechen nur noch die Waffen.
Hon Gin nimmt Fatso und seine mittlerweile Bescheid wissende Vorgesetzte Ann [ Suki Kwan ] als Geisel und verschanzt sich. Die SDU unter Führung von Stone Wong [ Michael Wong ] rückt an.

Das war im Grunde der A - Strang, der die Reihe ab New Option 3: Puppet Hon weitgehend durchzogen hat, ihr auch die einzige Spannungskurve zutrug und natürlich nun zum Höhepunkt getrieben wird. Die Ausgangssituation der Intrige gegen den damaligen Helden Hon Gin hat seine dramatische Potenz in einer zeitlichen Streckung und einheitlicher Konzipierung über die Dauer vertieft und verdichtet. Die Zentralfigur wurde in einer individuellen Läsion vom unschuldigen Opfer eines Ränkeschmiedes zum Wegbereiter des eigenen Untergangs. Wendepunkt der Handlung war die Beseitigung eines anderen Polizisten zugunsten von Fatsos Sohn Jason; eine erzwungene Handlung, die sich mit den noch folgenden Morden und Gewaltaktionen zielstrebig auf die Katastrophe hinbewegt. Hon Gin ist damit in einer Einbahnstrasse angelangt und kann sich nur noch in einem Nacheinander isolierter Greueltaten verteidigen.

Die weniger ausgearbeiteten B - Stränge drehten sich allesamt um die menschlichen Reaktionen auf die Zufälle des Lebens und der Wiederherstellung der persönlichen und staatlichen Ordnung. Kontaktaufnahmen und -festigung, wobei gleich ein Dutzend Personen eng im Plotzopf verankert wurden, ohne aber wirklich viel Nutzen daraus zu ziehen. Teilweise mit Miniauftritten bestückt, plötzlich verschwindend und andertags wieder vor der Tür stehend ruhte man sich mit dieser Art Stoff nur auf dem bewährten inlay der Liebe aus; mal zwischen Lebenspartnern, Berufskollegen und oft auch zwischen Familienmitgliedern. Die heile Welt abseits der violenten Strasse, dem jederzeit tödlichen Job und den Alltagsproblemen wurde in vielfältigen, miteinander kontrastierenden Spielformen von Beziehungskonstellationen beschwört und hier auch wieder gleich zu Beginn eingebracht. Nur um dann schnell sein treffendstes Argument zu verlieren:

Das bereits gemächlich begonnene Herausstreichen wichtig gewordener Personen wird jetzt kurz vor dem grossen Vorhang viel flinker vorangetrieben; bereits in den ersten Minuten muss man zweifachen Verlust beklagen. Es sollen noch Einige folgen, darunter auch aus der direkten Hauptbesetzung und gemäss der tieferen Bedeutung auch adäquat ausgewalzt. Das extreme Verzögern der Geschwindigkeiten und der Reichtum an hochstilisierter Bildrhetorik gestaltet die Rache- und Bluttragödie in würdiger Grösse und besitzt vielleicht zum ersten Mal auch einen tiefergehenden emotionalen Wert. Den die Saga zuum wirklichen Gelingen beizeiten gebräucht hätte und zu dem man ewig nicht in der Lage imstande war. Auch hier macht man lange Gänge, aber beschreitet dabei auch neue Wege; begibt sich aus der Konstanz der Handlungsorte hinaus in Ecken, die man vorher nicht aufgesucht hat. Erneut schlingert die Grafikeinstellung von einer Schräglage zur anderen, aber diesmal ist die Welt auch wirklich aus den Fugen geraten.

Das Aufeinandertreffen der Kontrahenten und ihr Schachmatt findet hoch oben über der Metropole statt. In einer isolierten Kemenate auf einem Häuserdach, von dem man nicht nur symbolisch weder noch höher noch links oder rechts runter kann. Die Figur, die die Handlung massgeblich inszeniert hat, ist sprichwörtlich an den Rand des Geschehens gedrängt. Der Weg ist hier zu Ende. Stellt sich nur noch die Frage, wie das Finitum aussieht.
Die Beantwortung lässt sich zwanzig Filmminuten Zeit, wobei bis auf Geiselnehmer und Geiseln alles verharrt; die Scharfschützen und die Eingreiftruppe bewegen sich einmal in Position gesetzt keinen Zentimeter mehr.
Die Bewegungen der Figuren waren stets minimal, die visuelle Darstellung der Handlung stets ausgiebig, nun wird der Kontrast noch weiter auseinandergetrieben. Die Kamera kann und will keine Veränderungen einfangen, sondern sie selber erzeugen und es so möglich machen, diese heisse Phase in vollständigem Bewussstsein zu realisieren. Sie dehnt die Momente zu einer Ewigkeit und korrespondiert mit dem Zuschauer über eine Abfolge an Wiederholungen, um die Wahrnehmung weiter zu prägen. Selbsterkenntnis und Läuterung in extended time, eingefangen im Visier eines Zielfernrohrs. In einer Informations- und damit auch Intensitätsaufstufung wird der Betrachter erst im Wissen manipuliert, nur mit Teilfakten versorgt und die unmotivierten Vorahnungen dann durch äusseres Geschehen bestätigt. Doch die hollistische Perspektive des Götterblickes erreicht er nicht mehr und die Problembewältigung findet auch nicht durch die Seriengemeinschaft statt. Nicht nur die Geiseln, Hon Gin und Stone mit seinen Präzisionsgewehr spielen eine Rolle, sondern auch andere, bis dahin lange unsichtbare Einflüsse kommen nun zum Tragen. Zweimal tauchen aus dem Nichts Fatsos Killer auf, die die Anspannung stören und aus weiter Ferne die Leute vom Dach schiessen; genüsslich ausgekostet in Blutfontänen.

Nach der (Problem-) Lösung passiert nichts mehr. Für einen C - Strang ist es zu spät, der kontrapunktische B - Strang wird weitgehend beendet; mit der Möglichkeit, theoretisch jederzeit wieder beliebig fortfahren zu können. Personen trennen sich. Neue kommen zusammen. Die SDU Einheit wird zukunftsorientiert mit potentiellen Nachfolgern bestückt und die Glanzstücke der gesamten Actionszenen noch einmal aneinandergereiht. Dann kommt der Abspann. Man ist erleichtert und auch ein bisschen traurig.

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