Das Waisenhaus von Dr. Larch ist eine große in sich zusammengeschlossene und von der Außenwelt fast schon abgeschlagene Familie, deren die vielen Kinder, das Personal und natürlich der Doktor selbst angehören. Ab und zu kommt immer mal wieder ein Paar vorbei, um ein Kind zu adoptieren, welches dann ein neues Leben in einer richtigen Familie beginnen kann. Doch Homer Wells hat nie das Glück, adoptiert zu werden und wächst als Dr. Larchs Schützling im Heim auf. Der Arzt sieht in ihm seinen Nachfolger und bildet ihn aus. Allerdings hat der längst erwachsene Homer andere Pläne und so arbeitet er auf der Apfelplantage von Wally und Candy, die er im Krankenhaus kennen gelernt hat.
Viele interessante Themen werden hier eingebracht, können dadurch aber nur angerissen werden. Eine klare Antwort auf die Legitimation des Dr. Larchs gelegentlich Abtreibungen vorzunehmen, bleibt im Raum stehen. Spielt er Gott, indem er diese Eingriffe vornimmt? Die endgültige Entscheidung liegt letztendlich bei den Frauen selber, aber seine Ausstrahlung und seine Zutraulichkeit haben auf diese einen großen Einfluss, denn sein Rat wird meistens auch befolgt. Rät er vielleicht manchmal zu Abtreibung, weil er Kindern ein Leben im Waisenhaus ersparen möchte? Oder zählt eigentlich vielmehr allein das Leben und das, was man daraus macht? Sollte man nicht jedem die Möglichkeit und die Chance bieten, selber Freude und Glück zu finden und dies nicht schon durch Abtreibung zu entscheiden? Homer ist eher dieser Auffassung und hat unausgesprochene Zweifel an Dr. Larchs Eingriffen. Vielleicht zieht es ihn auch deshalb in die weite Welt, wo er später aber auch noch mit der Thematik konfrontiert werden soll.
Die Botschaften des Filmes sind sehr versteckt und bieten viel Spielraum für Interpretationen. Das Waisenhaus und seine Kinder sind noch nicht einmal der Grundbaustein dieses Werks, denn das ist Homer. Und doch ist es mit seinen kleinen Waisen, die nicht wirklich ein aufregendes Leben haben, so anziehend. Die Atmosphäre in dem Heim strahlt eine spürbare Tristesse aus. Das Gebäude ist grau, eigentlich nicht kinderfreundlich. Trotz dessen versucht das Personal sich mit aller Liebe um sie zu kümmern und Dr. Larch ist dabei eine zentrale Vaterfigur. Der eine oder andere von den Kleinen ist besonders süß und wächst dem Zuschauer regelrecht ans Herz, auch wenn sie eher selten in Erscheinung treten. Um so trauriger ist es dann, wenn einige von den Kindern sogar sterben.
Dreh- und Angelpunkt ist aber, wie erwähnt, trotzdem Homer, der unerfahren nun eine andere Welt abseits des Waisenhauses sehen will. Eine noch merkbar schauspielerische Unerfahrenheit Tobey Maguires passt so gesehen gut zu dieser Figur. Schließlich landet Homer auch nur auf einer Apfelplantage, auf der er mit seiner Arbeit glücklich ist. Wirklich interessant ist so ein Plantagenleben nicht und eigentlich charakteristisch für den kleinen Auszug des Weltbilds, das uns hier präsentiert wird: Kaum städterisches Flair (als würde es nur Land geben), dementsprechend langweilig und eintönig. Die billig bezahlten Arbeiten wie Äpfelpflücken dürfen die Schwarzen erledigen. Homer ist damit übrigens auch beschäftigt. Auf der Plantage wird er unter anderem auch mit der Liebe konfrontiert, indem er mit Candy viel Zeit verbringt, die sich anbietet, da Wally in den Krieg ziehen musste.
Währenddessen gibt es aber immer wieder auch Rückblenden in das Waisenhaus, in dem der Alltag seinen Lauf nimmt und zudem Probleme auftreten. Michael Caine liefert mit der Darbietung des Dr. Larchs eine prächtige Vorstellung ab. Der Arzt ist nach Homers Weggang sehr verbittert und versucht mit Cleverness ihn wieder nach Hause zu holen. Doch ob das gelingen soll, ist eine andere Frage, denn Homer gefällt es auf der Plantage. Trotz der guten Geschichte fehlen dem ebenfalls optisch guten Film die Höhepunkte und spannenden Momente, sodass hier nicht unbedingt zu einem mehrmaligen genauso unterhaltsamen Ansehen animiert wird.
Fazit: Der Klavierangestimmte Score ist tränenrührend und sehr gefühlvoll, wie sich eigentlich der ganze "Gottes Werk und Teufels Beitrag" präsentiert. Beim mehrmaligem Betrachten hat der Film aber, wie eben angesprochen, seinen größten Reiz aufgrund kaum auftretender Spannung irgendwie verloren.