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Terror Creeps From The Fringe Of Fear To The Pit Of Panic!

Keine Frage: Das Produzenten-Gespann Tony Tenser, Michael Klinger und Robert Hartford-Davis (auch Regie) wusste genau, welche Schwerpunkte es beim Marketing setzen wollte. „Das Grauen auf Black Torment“ sollte im Fahrwasser anderer erfolgreicher Gothic-Horror-Produktionen jener Zeit als Terror von unerklärlichem Ursprung verstanden werden, der sich aus dem zerfallenden Geisteszustand des halluzinierenden Protagonisten ergibt. Bläst der Prolog mit seiner obligatorischen Waldjagd eines Unbekannten auf eine verzweifelte Jungfrau dann auch in dieses Horn, folgt allerdings Sekunden später ein radikaler Stimmungswechsel, der einer kalten Dusche gleichkommt. Auf einmal befinden wir uns scheinbar in einer Kostüm-Schmonzette mit den naiven Zügen einer Sissi-Adaption, die sich um die Wehwehchen aristokratischer Familienhierarchien dreht.

Entsprechend werden die beiden Hauptdarsteller John Turner und Heather Sears als turtelndes Pärchen im Inneren einer Pferdekutsche vorgestellt, frisch verliebt und voller Aufregung ob der Dinge, die im Anwesen am Zielort auf sie warten mögen. Verbeugung, Hofknicks und Handkuss bestimmen bei der folgenden Begrüßungsprozedur die Etikette und werden nacheinander rituell durchexerziert, während die imposante Empfangshalle ihre Opulenz für sich sprechen lässt. Eine bunte Zusammenstellung aus Nebenfiguren wird im Laufe der Prozession eingeführt, gerade lange genug, damit man sich Gesichter, Namen und Verwandtschaftsbeziehung oder Stellung gegenüber den Ankömmlingen merkt.

Speziell auf den niederen Positionen brodelt allerdings bereits spürbar der Unmut gegenüber dem Landherrn, den offenbar eine dunkle Aura umweht. Es ist der Beginn einer psychologischen Geisterbahnfahrt, die John Turner zunehmend zu mimischen Verrenkungen greifen lässt, als sein Denken schleichend vom Unerklärlichen in Besitz genommen wird.

So gehen die Einflüsse keineswegs ausschließlich auf den seinerzeit omnipräsenten Hammer-Duktus zurück, der seine viktorianische Ausstattung zumeist in den Dienst klassischen Monsterkinos stellte, das hier nicht zur Anwendung kommt. Roger Cormans Serie von Edgar-Allen-Poe-Adaptionen („Die Verfluchten“, „Das Pendel des Todes“, „Der Rabe – Duell der Zauberer“) hat mindestens ebenso viele Spuren hinterlassen. Vor allem aber Suspense-Geisterfilme wie „Schloss des Schreckens“ sind es, die mit ihren Schlüsselbildern einsam auf dem Landgut streifender Damen in Weiß die Grundlage legten für das Übernatürliche, das sich in den Sitz der Familie Fordyke bettet.

Von nacktem Terror kann also keine Rede sein, es sei denn, man hat ein besonderes Einfühlungsvermögen dafür, was hinter den weit aufgerissenen Augen Sir Richard Fordykes vor sich geht. Man darf John Turner für seine Tendenzen zum Chargieren dankbar sein, denn in ein kitschiges, von Anstand und Etikette gemaßregeltes Umfeld bringt ausgerechnet er als Hausherr etwas Unberechenbares ein, von dem sich nicht nur Heather Sears als seine Verlobte irritiert zeigt. Joseph Tomelty in der Rolle des stummen, bewegungsunfähigen Vaters eignet sich derweil ideal als Medium zur Aufbewahrung von Geheimnissen, die seine Stimme nicht verraten und auf die sein Finger nicht zeigen kann – ein klassisches Mittel, um zusätzliches Unbehagen zu schüren.

Davon abgesehen spielt Regisseur Hartford-Davis die Klaviatur über einen langen Zeitraum nur mit zaghaften Tastenanschlägen und deutet im Sinne seiner eher dezenten als reißerischen Vorbilder lieber an als zu zeigen. Die Familienchronologie wird zum Adergefäß für ein Gift, das sich langsam seinen Weg in alle Bereiche bahnt – bevor die finale Auflösung den diffusen Schrecken schließlich äußerst greifbar macht, wenn sich nicht nur die Geister der Vergangenheit regelrecht materialisieren, sondern auch noch ein Fechtkampf den symbolischen Schlusspunkt setzt, als müsse das Publikum für all die Geduld und Anspannung besonders reich entlohnt werden.

Dem in solchen Konstellationen so wichtigen Drehbuch gelingt es allerdings nicht, die verräterischen Spuren der Auflösung so weit zu verwischen, dass man die übernatürlichen Elemente voll auskosten kann, wenn sie sich wie nächtliche Nebelschwaden in den Gewinden der alten Gemäuer ausbreiten. Zu sehr betrachtet man die Geschehnisse aus der Holmes’schen Perspektive eines abgeklärten Detektivs, der dem Fall schon frühzeitig auf der Spur ist. Vom undurchsichtigen Turner ist man einfach zu weit entfernt, dass man sein Grauen teilen würde, wenn er seine tote Ex-Frau als Geist über den Vorgarten schweben sieht; von Sears, die kaum mehr als ein passives Symbol der verschreckten Unschuld abgibt, ohnehin.

Trotzdem weiß „Das Grauen auf Black Torment“ seine Vorzüge als psychologischer Mystery-Thriller auf volle Laufzeit durch die schlüssige Montage und die nahtlose Zuspitzung der Geschehnisse durchaus in Szene zu setzen und legt so gewisse Grundqualitäten frei, die man bei falschen Erwartungen an ein Horror-Spektakel gerne mal übersieht. Die dunkelromantische Stimmung, die sich von den unheimlichen Schatten in den Portraits der Adelsfamilie her ausbreitet, genügt jedenfalls einem Filmabend, den man selig versunken im heimischen Ohrensessel verbringen kann, während sich das Puzzle der Familie Fordyke mit dem finalen Teil endlich zusammensetzt.

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