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Langeweile kann wundervoll sein

Von "Alice im Wunderland" gibt es gefühlt mehr Verfilmungen als Karten in einem Kartenspiel. Von TV-Billigversionen bis zu den (nett ausgedrückt suboptimalen) Blockbustern von Burton ist alles dabei. Aber welche hat Cary Grant und Gary Cooper? Nur diese hier, aus den 30ern, ein früher Talkie, der die Zuschauer damals vor allem mit noch nie gesehenen, extrem aufwendigen Facetten des fantastischen Films beeindruckt hat. Denn von den großen, damals noch blutjungen Namen sieht man nicht viel. Es ist die klassische Geschichte der gelangweilten Alice, die durch den Spiegel und den Kaninchenbau in eine Welt voller sagenhafter Wesen und aufregenden Abenteuern stolpert, die ihrem träumerischen Erfindungsreichstem keine Grenzen setzt...

Für eine Produktion aus den 30ern ist diese Alice-Adaption mächtig. In allen Belangen. Nicht nur wegen den gut verpackten Stars. Die Sets sind gigantisch, in die kurze Laufzeit sind pausenlos gut ein Dutzend bekannter Figuren gepackt, das Tempo zieht untypisch für diese Epoche rigoros an, die Effekte waren state-of-the-art und die Kostüme sprühen nur so vor Details und Witzigkeit und Over-the-Topness. Eine durch und durch prächtige und einfallsreiche und sichtbar teure Produktion, die Paramount da auf die Beine gestellt hat. Charme und Albernheit geben sich die Klinke in die Hand. Zwar etwas aus der Zeit gefallen, aber für Kinder noch immer ein großer Spaß mit einigen mutigen, bizarren und fast schon gruseligen Untertönen. Eine sehr treue und passende Adaption des Buchmeilensteins, an der sich von Gilliam bis "Labyrinth" einige ein Beispiel genommen haben. Den Einfluss spürt man an jedem Zipfel. Manchmal hat man nur das Gefühl, dass alles etwas überdreht, die simpelste Auflösung gewählt wurde und nur stur nach und nach die altbekannten Figuren vom Hutmacher bis zur Grinsekatze abgehakt werden. Darüber hinaus gibt es nicht viel. An seinen fast schon halluzinatorischen Qualitäten rüttelt das wenig.

Fazit: eine der kreativsten, surrealsten und wegweisendsten Versionen des weltbekannten Märchens - seiner Zeit voraus und irgendwie sympathisch drüber. Packt mehr in seine knapp 80 Minuten als andere in das Doppelte. Lewis Carroll wäre sicher zufrieden gewesen. Vielleicht sogar berauscht. 

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