„Bloodsport“ meets „Rain Man“ – so könnte man das Konzept von „Unleashed“, der zweiten Zusammenarbeit von Jet Li und Luc Besson nach „Kiss of the Dragon“, beschreiben.
Das Konzept der von Besson verfassten Geschichte ist ungewöhnlich, aber durchaus reizvoll: Danny (Jet Li) ist seit Kindertagen eher wie Hund und weniger wie ein Mensch gehalten worden. Er befindet sich im Besitz des Geldeintreibers Bart (Bob Hoskins), der ihn aber mies behandelt. Über den Erklärungsnotstand in der Situation (z.B. wer Danny in Kampfkunst unterrichtet hat oder was Bart und Danny vor ihrer Tätigkeit in Glasgow gemacht haben) sieht man besser großzügig hinweg, aber reizvoll ist das Konzept durchaus.
Auf Barts Kommando und nach Abnahme des Halsbandes kann Danny große Gegnermengen zusammenschlagen und Menschen töten, was Bart bei seiner Arbeit sehr nützlich. Natürlich müssen die Klienten alle einen IQ von Raumtemperatur haben, da sie stets versuchen Danny und Bart mit ein paar läppischen Schlägern aufzuhalten. Nur ein paar dieser Versuche sind durchdacht (z.B. Bart an der Abnahme des Halsbandes hindern), aber immerhin gibt es so direkt zu Anfang ein paar derbe Fights zu sehen, die den Actionfan versöhnlich stimmen.
Ein zusammengeklöppelter Klient nimmt Bart die Tour jedoch krumm und verübt einen Anschlag auf ihn, bei dem er schwer verletzt wird. Danny flieht und kommt bei dem blinden Klavierstimmer Sam (Morgan Freeman) und dessen Tochter Victoria (Kerry Condon) unter, die ihm zeigen, wie Gefühle und ein normales Leben aussehen…
„Unleashed“ ist ein ungewöhnliche Mischung aus Drama und Martial Arts, deren Teile für sich genommen recht gut sind (wenn auch nicht fehlerfrei), aber einfach nicht zusammenpassen wollen. Nervig hingegen sind die Klischees, die sich durch den Film ziehen. Vor allem die Figur des Bart ist so stereotyp erdacht, dass er gar nicht mehr geht: Er lügt andauernd, versteckt sich feige hinter Schlägern usw. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, baut Besson dann noch ein paar sinnfreie, peinliche Szenen mit Nutten ein, um zu zeigen, dass Bart nur käufliche Liebe bekommt *auweia*. Ebenso klischeehaft das Angebot Danny bei illegalen Untergrundkämpfen mitfighten zu lassen: Diese sind natürlich hoch dotiert, bieten Raum für Wetten und gehen bis zum Tod – so wie man es aus zig B-Filmen wie „American Samurai“ und „Gladiator Cop“ kennt.
So furios wie in „Total Risk“, „Black Mask“ oder „Fist of Legend“ darf Jet Li dann leider nicht kloppen, doch die Kämpfe sind gelungen choreographiert und beschränken den Einsatz von Wirework auf ein Minimum. Allerdings geht es recht wenig rund, das meiste befindet sich direkt am Anfang oder im wirklich ausgiebigen Showdown. Zwischendurch darf man noch einem Untergrundmatch beiwohnen, bei dem Li unter anderem gegen den talentierten Scott Adkins („Special Forces USA“) kämpfen darf. Der hat leider kaum Gelegenheit seine Moves zu zeigen, zumal seine Kampfeinlagen im Film noch verkleinert wurden (man siehe das DVD-Feature Unbearbeitete Kampfszenen).
So macht der Mittelteil, in dem Danny seine Menschlichkeit entdeckt, überraschenderweise den besten Eindruck. Gefühlvoll schildert Regisseur Louis Leterrier wie Danny durch Dinge wie Musik und Vanilleeis so langsam aus seiner Schale herauskommt. Anfangs versteckt er sich wie ein Kind unterm Bett, später wird er Teil der Familie. Die Logiklücken fallen dabei kaum auf, wie z.B. dass der Film wohl nicht in Glasgow, sondern im Wiewunderland spielt. Wo anders nehmen Klavierstimmer verletzte Unbekannte auf, verpflegen die wochenlang ohne sie den Behörden zu melden oder eine Gegenleistung zu erwarten und erkennen nur daran, dass sie von einer Schlägerei nicht verängstigt werden, dass ihre Vergangenheit seltsam sein muss. Man merkt schon, dass die Dramatik hier weniger durch Drehbuch und Dialoge, sondern mehr durch die einfühlsamen Bilder und die passende Musik entsteht. Dabei wird Kitsch umschifft, bis auf die megakitschige Szene bei Victorias Auftritt am Ende.
Ungeahnt gut ist auch Jet Li als Schauspieler, der Dannys kindisches Gemüt und innere Verletzlichkeit wirklich überzeugend rüberbringt. Morgan Freeman als blinder Klavierstimmer ist so großartig wie immer und veredelt auch diesen Film, doch seine Filmtochter Kerry Condon schlägt sich ebenso wacker. Lediglich daneben ist Bob Hoskins als Schmierlappen aus der Klischeekiste, der seiner Rolle nichts abgewinnen kann.
Als Drama ordentlich, als Prügelstreifen ebenfalls passabel – aber im krassen Mix auch nicht mehr als das: „Unleashed“ kann seine beiden Genres kaum stimmig vereinen und diverse Stereotypen trüben den Spaß. Schade um die akrobatischen Fights und die sehr guten Darstellerleistungen (mit Ausnahme von Bob Hoskins).