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Über so manche Filme kann man sich nur noch wundern. "Sex, lögner & videovåld" ist so ein Kandidat. Eine schwedische, bestenfalls semiprofessionelle Produktion, die sich als provokativer Affront gegen die aufkeimende Videozensur Schwedens versteht. Wundern kann man sich schon mal über die Produktionsbedingungen. Zwischen 1990 und 1993 von einem Team Amateure gedreht, das sich zuvor mit dem selten dämlichen Fanfilm "The Resurrection of Michael Myers" einen bestimmten Ruf angeeignet hat, legt der Film den Finger in die Wunde eines aktuellen Problems. Doch aufgrund verschiedener Probleme in der Postproduktion wurde die Veröffentlichung des Filmes immer wieder verschoben, bis er schließlich erst satte sieben Jahre später das Tageslicht erblickte. Dass im Jahre 2000 nicht nur das Trägermedium "Videokassette" längst überholt war und dazu auch noch sämtliche Zensurquerelen im Staate Schweden passe waren, tun dem fertigen Werk nicht allzu gut.

Sowieso ist es schwer, "Sex, lögner & videovåld" ernsthaft bewerten zu wollen. Tricktechnisch ist der Film überraschend gut. Nicht nur die zahlreichen Splattereffekte scheinen mit Liebe zum Detail bewerkstelligt worden zu sein, auch der Filmschnitt zeugt durchaus von einem gewissen Verständnis für Rhythmik und Timing. Wäre der Film wirklich 1993 veröffentlicht worden, dann wäre dies bestimmt bereits ein Meilenstein der Amateurfilme, kopiert er doch viele Stile und Ästhetiken, wie etwa Splitscreenaufnahmen, die erst Mitte der 90er mit dem Erscheinen des Recyclisten Quentin Tarantino, weltweit wieder hip wurden. Doch der Film wurde eben erst 2000 auf den Markt gebracht und entlockt uns so gerade mal ein müdes Gähnen. Außerdem muss man auch zugestehen, dass der Film vermutlich nie im Leben einen derart runden Schnitt bekommen hätte, hätte man sich nicht ganze sieben Jahre Zeit für eben diesen gelassen.

Der Rest ist purer Trash. Es wird zitiert bis die Schwarte kracht und noch weiter. Gleich zu Anfang erleben wir einen Chestburster aus "Alien", ein "Deutschland, Deutschland über alles"-singender, deutscher Terrorist aus "Stirb langsam" entsteigt dank kosmischen Kräften dem Fernsehgerät und eine Pornoheftphantasie mutiert zur Schlangenfrau mit Biss. Ausgedehnte Actionszenen voller Splatter- und Goreeffekte, die mit Figuren aus "Der Terminator", "RoboCop" und "Uhrwerk Orange" angereichert sind, bieten nicht das parodistische Potential, an das man vielleicht denken mag, wenn man bemerkt, das sogar der König der Filmverhohnepiepelung, Mel Brooks persönlich, einen Cameo-Auftritt hat. Die Szenen werden oftmals nur kopiert und vollkommen ernst dem gierigen Splattervoyeurismus untergeordnet. Den Zenit an augenzwinkernder Ikonentravestie erlang der Film, als Hauptdarsteller Mike Beck durch ein Stockholmer Ghetto düst und dabei zwei Mitglieder der Teenage Mutant Ninja Turtles beim Analsex erwischt. Dementsprechend zotig und platt fällt auch der Humor des restlichen Films aus.

Was bleibt ist ein ziemlich, ziemlich dürftiger Film, der dank des enormen Tempos ziemlich schnell an dem Zuschauer vorüber gegangen ist. Im Gedächtnis bleiben dabei allerdings lediglich die Gastauftritte wirklicher Ikonen, wirklicher Stars. Einmal der letzte Auftritt Brandon Lees vor seinem Tod und ein Wiedersehen mit der wunderbaren, aber leider doch sichtlich um 30 Jahre gealterten Christina Lindberg, die hier ihre Paraderolle Frigga aus "Thriller – A Cruel Picture" wiederholt.

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