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Würde sich Obelix Bread and Circus ansehen, dann würde er bestimmt den Kopf schütteln, sich an die Stirn tippen und seinem Freund Asterix zuraunen: "Die spinnen, die Norweger!" Wobei es sich beim Oberspinner in diesem Fall um Martin Loke handeln würde, dem Mastermind hinter diesem Irrsinn, der ihn nicht nur geschrieben, inszeniert, produziert und geschnitten hat, sondern der auch vor der Kamera in Erscheinung trat, die Kostüme und die Modelle besorgte, für das Set Design und den Sound verantwortlich zeichnete und darüber hinaus auch noch an den Spezialeffekten mitarbeitete. Ein echter Hansdampf-in-allen-Gassen also, der sein filmisches Pulver mit diesem etwa sechshunderttausend norwegische Kronen (= circa dreiundsiebzigtausend Euro) teuren Streifen aber auch schon wieder verschossen hatte. Er hat danach keinen Film mehr gedreht. Je nachdem, wie man Bread and Circus nun beurteilt, wird man diesen Umstand entweder ausgesprochen schade finden, da man gerne mehr von diesem "Verrückten" gesehen hätte, oder man wird seufzend auf die Knie sinken und Gott dafür danken, daß er es bei diesem einen Auswurf belassen hat.

Wie es zu Bread and Circus gekommen ist, ist mir leider nicht bekannt. Deshalb habe ich mir eine hübsche "Entstehungsgeschichte" ausgedacht, die den Wahnsinn, den man zu sehen bekommt, erklärt, und die geht so: Martin Loke und seine Kumpels haben sich an einem Wochenende getroffen, um sich Peter Jacksons Bad Taste (1987) anzuschauen. Die Stimmung war aufgekratzt, der Alkohol floß reichlich, und jemand schlug vor, Truth or Dare zu spielen. Loke entschied sich für Pflicht, und seine besoffenen Kumpels legten völlig enthemmt los. Er soll einen Film drehen, in dem folgende Dinge vorkommen müssen: Ein Mann wird geboren, schlüpft nackt aus einer Vagina. Einem Typen wird der Kopf zerschossen (soll möglichst genauso aussehen wie die erste Splatter-Szene von Bad Taste). Ein Mann bekommt beim Kacken einen heftigen Arschtritt verpaßt. Eine Frau krabbelt in einen Anus und robbt durch einen kotverschmierten Darm. Ein Typ schluckt einen Schlüssel und wird vom Schlüsselbesitzer zweigeteilt, der dann in seinen Eingeweiden herumwühlt, bis er den Schlüssel gefunden hat. Loke sagte, dies sei kein Problem und machte sich an die Arbeit.

Ich verzichte an dieser Stelle darauf, etwas zum Plot des Filmes zu schreiben, da ich diesen leider nicht gerafft habe, wie ich beschämt zugeben muß. Vielleicht gibt es einen Sinn hinter dem ganzen Tohuwabohu, der mir verborgen geblieben ist. Vielleicht auch nicht. Klar ist immerhin, daß es sich bei Bread and Circus um einen astreinen Amateurfilm handelt und daß Bad Taste das große Vorbild war. Denn vieles an diesem Streifen erinnert an das furiose Spielfilmdebut des späteren, Oscar-prämierten Regisseurs der The Lord of the Rings-Trilogie, wie zum Beispiel die Gestaltung der extrem saftigen Gore- und ziemlich übersteigerten Sound-Effekte, das campige Spiel der Akteure, die gewagte Mixtur von Slapstick-Humor, deftigen Geschmacklosigkeiten und Over-the-Top-Brutalitäten, oder der ganze, sehr drollige Grundton, der dafür sorgt, daß man dem Gezeigten einfach nicht böse sein kann, auch wenn es hin und wieder weit über das Ziel hinausschießt. Denn das tut es ohne Zweifel. Manchmal denkt man glatt, daß es sich bei Bread and Circus ohne Weiteres um ein verloren gegangenes Machwerk aus der legendären Trash-Schmiede Troma handeln könnte.

Denn so sehr der Streifen Bad Taste auch ähnelt, so sehr unterscheidet er sich auch wieder von ihm. Etwa durch den wirren, verschwurbelten Plot voller Symbolik und surrealer Momente, der an eine außer Rand und Band geratene Drogenphantasie erinnert. Oder durch die irritierende Musikauswahl; neben klassischen Stücken von Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Georg Friedrich Händel und Jacques Offenbach malträtiert oft Klaviergeklimper von der Sorte die Ohren, wie man es aus Stummfilmkomödien kennt. Außerdem wirkt Bread and Circus verkrampft und zu bemüht; die ausgelassene, kindlich-naive Verspieltheit und die spritzige, sympathische Leichtigkeit des Jackson-Krachers geht ihm bisweilen ab, während der schräge, phasenweise sogar ziemlich perverse Humor sowie einige derbe, geschmacklich fragwürdige Einfälle selbst Trash-gestählte Connoisseure vor den Kopf stoßen könnten. Bread and Circus zählt also eher nicht zum Besten, was Amateure im Filmbereich je auf die Beine gestellt haben. Zum Bizarrsten, Außergewöhnlichsten und Visionärsten zählt Lokes Opus magnum allerdings sehr wohl.

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