Review

Eben grade fertig geworden. Die Dreifach-Folge "Exodus" am Ende der ersten Staffel hat es nochmal in sich und gibt tatsächlich das Gefühl, dass hier einige Fäden letztlich zusammenlaufen.
Das deutsche Fernsehpublikum wird erst irgendwann am Ende des Jahres in den Genuss dieser vorerst letzten Folgen kommen, da man dummerweise übersehen hatte, die Staffel zuende zu synchronisieren, bevor man sie anfängt, zu senden. Ein ziemlicher Fehltritt von Pro 7, die vielleicht auch sinkende Quoten in der Sommerzeit befürchtet hatten.
Ich musste mir andere Quellen erschließen, nachdem die Serie mein konstantes Interesse wecken konnte.
Serien im Fernsehen - das ist ohnehin ein Thema an sich. Es gibt eigentlich nichts was mehr zum Kotzen wäre. 40 min. und nochmal 15 min. Werbung zwischendrin, dann eine Woche warten, um wieder brav und pünktlich vor dem Fernseher zu sitzen.
Das, was Freitags um 21.10Uhr Anfang der Neunziger für mich mit "Twin Peaks" noch ein großes Event war, nervt nur noch und zerstört letztlich die Wirkung der Serie.
Bei "Lost" braucht es, ähnlich wie bei "24", mehrere Folgen am Stück, um die absolute Sucht hervorzurufen. Eine gewisse Nachlässigkeit, eine verpasste Folge und man läuft Gefahr, den Mammutakt der wöchentlichen Sendertreue über Monate hinweg lieber abzubrechen. Welchen Effekt jetzt ca. 14 Wochen Pause wg. Wiederholungen haben werden, wird sich zeigen.

Grausam ist es ohnehin, dass in den USA, wo das Finale im Mai diesen Jahres lief, ebenfalls alle auf dem Trockenen sitzen und die 2. Staffel gerade mal gedreht werden muss. Vor 2007 wird das womöglich in D-Land nix mehr. :(

Aber zur Serie an sich:
Eine Mystery-Drama-Mischung, das war ja bekannt. Anfangs so spärlich um die Strandungssituation der Absturzüberlebenden herum gesät, dass man fast glauben konnte, der Mystery-Faktor sei nur schmückendes Beiwerk. Das ändert sich in etwa zu dem Zeitpunkt, wo Pro 7 abgebrochen hat, bzw. kurz davor, und die existenzielle Frage um den Ort an sich, an dem die Überlebenden festsitzen, wird die Elementare.
Im weiteren Fortschreiten der Staffel werden dann zusätzliche Hints in Form von weitergehenden Rückblenden in die Leben der Protagonisten gelegt, die die schicksalshafte Ursache für die "Cube"-Situation im Vorleben ihrer Mitspieler sucht.
Das Ganze ist natürlich stark durchsetzt von Seifenoper-Elementen, die aber immer weniger störend sind, um so mehr man die Figuren im Laufe des Dauerglotzens alle leiden kann.

Und jetzt die SPOILER, die Menschen, die den Rest der Staffel noch nicht kennen, aber noch sehen wollen, NICHT lesen sollten:

----spoiler!-----
Lustig an den letzten Folgen und damit auch genug Gesprächsstoff für "Lost"-Internetforen, die ich bislang noch nicht besucht habe, aber was ich vielleicht noch tun werde, ist ja u.a. die Transformation der unheimlichen Viecher der Serie. Anfangs waren noch Eisbären unterwegs, die "Monster" waren quasi unsichtbare Dinosaurier. Jetzt sind sie ein "Sicherungssystem" und als Locke von diesem System beinahe in ein Loch gezogen wird, klackern auch die Ketten der (mechanischen) Gerätschaft. Also alles nur Hi-Tech-Einrichtungen?
Schockierend selbstzerstörerisch ist die temporäre Mystik der Unheil verheißenden Rauchzeichen, die sich nur als langweilige Strandfackelei herausstellen und die womöglich von der verrückten Französin selbst gelegt wurde.

Die Anti-Kabbala des Dicken ist ja auch sehr amüsant, dass der verhängnisvolle Zahlencode auf dem eingebuddelten Container steht, kann eigentlich kaum jemanden verwundern, oder?

Was mich noch interessieren würde, ist ob die Macher der Serie das Ende, die Auflösung, den Clou bereits im Kopf hatten oder die Sache sich erstmal verselbstständigen lassen. Und wie mit der Gefahr (siehe Twin Peaks) umgegangen wird, dass man mit Mörderquoten im Rücken in die 2. Staffel startet, diese mit einem gewaltigen Cliffhanger beendet und anschließend feststellen muss, dass keiner mehr zuguckt. Ein unvollendetes Werk oder ein unter Zeitdruck zusammengeschustertes Ende wäre eine Schande und würde Monate des Zuschauens entwerten.

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