Wenn man fast einmal im Monat eine Filmbörse besucht, macht sich schnell Ernüchterung breit - das Angebot kennt man mittlerweile auswendig, vieles ist immer noch vollkommen überteuert und Überraschungen oder Schnäppchen werden immer seltener. Umso größer war daher die Entzückung am Asia-Stand: "Frankenstein" prangte auf einem unspektakulärem Cover, was an sich nicht unbedingt meine Beachtung auf sich ziehen würde, wenn nicht Marcus Nispel als Regisseur aufgeführt wäre, dessen Werk ich seit seiner Musikvideo-Karriere verfolge und der mit dem Remake des "Texas Chainsaw Massacre" ein vielversprechendes Spielfilm-Debüt (oder Jessica Biel-Vehikel - je nachdem...) hingelegt hat. Der Cast führt u.a. Michael Madsen(!) auf, ausführender Produzent ist Martin Scorsese(!!)! Merkwürdig, dass ich von dem Ding noch nie zuvor etwas gehört habe, aber bei *den* Namen > Blindkauf!
Zum Film! Der allseits bekannte Wissenschaftler Frankenstein hat durch seine Kunst zwei Jahrhunderte überlebt und tuned bis ins heutige Zeitalter menschliche Schöpfungen, insbesondere seine Frau. "His First" ist derweil auf der Suche nach seinem "Vater" und gibt einem Cop-Duo - bestehend aus taffer Lady und männlichem Sidekick - wertvolle Hinweise zur Ergreifung eines Killers, der ganz offensichtlich ebenfalls aus Frankensteins Schmiede stammt.
Die Story wurde im typischen "Seven"-Ambiente verpackt, dessen Kamera-Arbeit mit schweren Schatten und extremen CloseUps mehr als TCM an frühe Clip-Arbeiten Nispels wie "Ready or not" von den Fugees oder das martialische "Angel" von Jam & Spoon erinnert, was man im ersten Augenblick - natürlich auch wegen dem TV-Format - eher als Rückschritt werten würde. Es verleiht dem ganzen zwar einen interessanten expressionistischen Flair, der gut zur Story passt und der auch einige sehr schöne Hingucker bereit hält, aber die Kamera-Arbeit in TCM hatte mehr Sorgfalt, Einfallsreichtum und Abwechslung zu bieten.
Der Funke will einfach nicht rüber springen. Zu uninspiriert und banal leiert die Regie den altbekannten Serial-Killer-Plot mit all seinen Sterotypen herunter, Madsens Job ist mit Augenbrauen lupfen und fies grinsen getan, man fragt sich die ganze Zeit, was Scorsese wohl mit dem Filmchen zu tun haben könnte und der Gestank einer Direct-to-DVD-Produktion umnebelt plötzlich die Glückskauf-Euphorie. Der Gipfel der Irritation mündet in ein abruptes Ende gerade wenn man meint, jetzt geht's erst richtig zur Sache. Ein belangloser Rocksong untermalt die lieblosen Credits-Text-Tafeln sowie die eigene Ratlosigkeit und man fragt sich, was Nispel sich dabei gedacht hat? Mißverstandene Kunst? Roh-Schnitt-Version eines Kino-Films erwischt?
Erstmal ins Netz... Aha. Da hat Scorsese seinerzeit eine amerikanische Horror-TV-Serie mitproduziert, für die "Frankenstein" den Pilot bildete. In Interviews erklärt Nispel, dass ihm für seinen TV-Einstand lediglich die Hälfte an Budget und Zeit von TCM zur Verfügung stand, was natürlich alles erklärt...und ich dumme Sau kauf' mir auch noch das Teil, das sowieso irgendwann nach "Lost" oder "Taken" auf Pro7 als "die Serien-Sensation aus den USA" landen wird. Ärgerlich!
Aber man muss fair bleiben. Man merkt die beschränkten Mittel und die Optik bleibt für einen TV-Film auch im "Akte X"-Zeitalter aussergewöhnlich. Mit Breitwand und mehr Zugeständnissen ans Genre-Publikum (MEHR BLUT! MEHR BLUT! MEHR BIEL!) hätte ein durchaus fetziger kleiner Horror-Flick herauskommen können, dem man auch eine Kino-Auswertung zugetraut hätte. So isses eher ein Film für Fans des Regisseurs, für den Rest eine schlichte Mogel-Packung...