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Zu den auf seine Weise verlässlichsten Shawregisseuren gehört eindeutig Chu Yuan, der vor allem Ende der 70er mit zahlreichen Verfilmungen nach dem Schriftsteller Gu Long von sich reden machte.
Killer Clans, The Magic Blade, Death Duel, die Sentimental Swordsman Reihe, Clan of Amazons, The Proud Twins, Heroes shed no Tears usw. zeigten dabei eindeutig auf, dass bei Chu nicht immer wichtig war, was er erzählte. Sondern wie. Die Geschichten bildeten nur den Rahmen für die Filme. Die Grundlage. Sie waren nicht das Bedeutende daran; weit weniger aussagekräftig als der gesamte Rest drumherum, und bei einem anderen Regisseur wäre diese Dünne auch noch mehr aufgefallen.
Chu aber nimmt die Vorlage und macht ein Ausstattungsstück daraus. Er konzentriert sich auf die Dekoration, die äusserliche und innere Einrichtung; verbindet sie mit der allgemeinen Atmosphäre und bauscht im Wechselspiel der beiden Elemente die spezielle Stimmung auf. Szenen gleichen sich nicht, weil sich die Schauplätze rapide wechseln und sich im nächsten Moment in einer ganz anderen abgeschottenen Welt befinden. Die Figuren bleiben dem Namen nach diesselben, aber auch dort finden Veränderungen statt; zumal die Beziehungen untereinander zumeist auch nur für den Moment sind. Die Trennung durch die strikt geteilten Areale hält auch die Menschen auseinander; man geht nicht mal eben so von Einem zum Anderen, sondern durchschreitet eine jenseitige Umgebung. Man muss immer erst durch einen Gang hindurch; meist eine unterirdische Höhle. Man betritt verschiedene Bühnen, die erst dann sichtbar und spürbar werden, wenn man sich darauf befindet; ansonsten hat man nur sein eigenes kleines Reich.

Bat without Wings beruht nicht auf einer Gu Long – Novelle, sondern auf einer von Huang Ying, einem taiwanesischen Autoren. Die Unterschiede in den Arbeiten sind marginal; beide Schriftsteller konstruieren wuxia-Werke und stellten darin die mittelalterliche jianghu-Welt dar. Die konkrete Zeit ist egal, der geschichtliche Hintergrund spielt nicht die Rolle; die Romane pendeln eher zwischen phantastischer Literatur und moderner Fantasy.
Durch die Inszenierung von Chu gleichen sich die Filme noch enger an; auch hier wird einer eigentlich doch trivialen Massenware gefrönt und dies bloss mit einem extrem künstlichen, aber nichtdestotrotz passenden Schleier umgeben:
Ein Vergewaltiger und Mörder namens Bat without Wings [ Tang Ching ] wurde vor 5 Jahren nach einem erbitterten Kampf mit den 28 besten Schwertkämpfern zur Strecke gebracht. Nur zwei Leute überlebten.
Doch jetzt soll er wieder aufgetaucht sein, hat die hübsche Lei-feng getötet und zerstückelt und sie dann in diesem Zustand ihrer Familie zukommen lassen.
Ihr Freund Han Shen [ Goo Goon-chung ], ihr Vater Wing Yung [ Wing Yung ] und der mit hineingezogene Xiao Qi [ Derek Yee ] machen sich zur Rache auf.

Das wars eigentlich schon; an Plot nicht viel mehr als der kurz darauf erscheinende Human Lanters, der ident den Schwertkampf mit Horror kreuzt und sich dabei ebenso auf seichten, aber dennoch spannenden Pfaden begab.
Nur sind die beiden Werke abseits dessen nicht miteinander zu synchronisieren; Chu schafft eher eine tödliche Märchenwelt als einen Campklassiker. Ausserdem ist hierbei die Geschichte viel komplizierter gehandhabt, die Personen zahlreicher und gleichzeitig blasser gesponnen und die Erzählweise weniger eine strikte Fortführung denn ein stetiger Wechsel von Location und Prämisse.
Das Denkmuster ist weniger vielschichtig denn verzwickt und verwickelt; manches braucht man überhaupt nicht für den Fortgang und wieder anderes hätte man durchaus primitiver handhaben können. Dafür versetzt man den Zuschauer in eine komplette Traumwelt, in der eben nicht alles so einfach seinen Gang geht und die Dinge, die man zu sehen glaubt nie das sind, was sie scheinen. Der ständige wabernde Nebel hüllt die wahren Vorgänge ein und lässt immer nur Bruchstücke davon hervor.
Mal ist das Monster tot, dann wieder nicht. Dann ist es gefesselt auf einer Insel, rennt aber schon vorher durch die Gegend und massakriert die Leute. Dafür sind die beiden Überlebenden des Ausgangskampfes tot. Dann ist der Erste nur verschwunden und der Zweite noch lebendig.

Analog dazu bestehen die Dialoge zumeist aus Fragen, in denen der Unglauben und die fehlende Sicherheit auf aussagekräftige Fakten zum Vorschein kommen. „Ist er es wirklich ?“ wird von „Kann doch nicht sein.“ abgelöst; man stellt auch noch Vermutungen an, wenn die Antwort schon festzustehen scheint.
Die Beschreibung der Kampfszenen fällt hinter schachzugartigem Tun und Lassen aller Beteiligten zurück; man ergeht sich ausgiebig im Swordplay, aber nicht um die Lage zu klären, sondern nur aus Frust wegen der Verwirrung. Theoretisch hätte man derlei Szenen auch streichen können; würde sie nicht öfters in den Einklang mit der Peripherie gehen, könnte man die Action vollständig aussen vorlassen.
Das Interesse liegt ja eh auf etwas ganz anderem. Den Accessoires nämlich.

Die Ausstaffierung stammt offensichtlich von den Mitarbeitern von „Schöner Wohnen“, „Flora Garten“ und „Decoration“ gleichermassen und ist in jedem der opulenten Bilder ein Genuss wert.
Attraktiver Lebensraum und gleichzeitig sinnliche Spielwiese für Mord und Tatschlag mit einem speziellen Sinn für makaberen Humor runden in sorgfältig
Aufbereiteter Weise das narrative Spektrum von Schönheit und Bedrohung ab.
Anfangen tut man mit dem „Maple Wood“, einem Teehaus im Grünen. Wieder von dampfenden Schwaden und den getuschte Landschaften des Studios eingehüllt erhebt es sich auf einer einsamen Wiese; das Holzgebäude sehr einfach gehalten, aber unbegrenzt im xylografischen Verfahren verziert. Das Licht ist im Herbstsaisonalen Aussehen gedämpft; die harmonisch warmen Farben für Wand und Boden im unaufdringlichen Braun gehalten.
Als starker Kontrast dazu ein verlassener Tempel; nicht nur durch die Nacht im ästhetischen Schwarz versengt, sondern um vor den Gefahren des wieder tätigen Mörders zu warnen.
Dessen vermeintliches Asyl auf einer weit entfernten feuchtwarm – schwülen Insel. Ein Hausboot panoramaartig umgeben von mechanisch verschiebbaren Bambuswäldern. Zwischen den Pflanzen plätschert idyllisch das Wasser dahin. Das flirrend immergrüne Laub und die eleganten Halme des Tiefland-Regenwaldes nur als widerstandsfähige und dadurch nächste tödliche Falle.
Stillleben. Die aber in einer Sekunde mit Feinden bevölkert sein können und in der man dann keinen Blick mehr für die Natur hat, sondern sich seines Lebens wehren muss.

Chu verzichet zum Vorteil der durchaus morbiden Angelegenheit später auch zunehmend auf seine mint- und rosefarbenen Einbringungen und lässt zugunsten der Dämmerung auch seinen sonst probaten Goldstaub im Hintergrund weg; das Bild ist zwar manchmal immer noch eher weichlich, aber auf jeden Fall düsterer als gewohnt. Schauereffekte oder gar eine wirklich grimmige Grundhaltung ergeben sich leider nicht; es werden zwar einige Tote verzeichnet und hier und da auch mal der blutige Effekte in Augenschein genommen, aber es erwächst nicht gleich ein Thriller oder Gore daraus.
Auf Dauer laufen sich auch die vielen Abänderungen tot; der ständige Metabolismus negiert sich selber, die Randbedingungen lösen sich auf und die Dramatik kürzt sich heraus. Der Film ist bestimmt 15min zu lang.
Das lässt sich auch sehr gut am Beispiel der drei Helden festmachen:
Anfangs auch sie sehr viel am Staunen, können nicht genug bekommen, aber mit fortschreitender Zeit bleibt es einfach aus und man lässt sich treiben. Zu beharrlich hat man die einzige Idee modifiziert; Chu stösst letztlich gleichermassen wie der Autor an die Grenzen seiner Fähigkeiten.

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