„Mind Game“ - Gedankenspiel. Masaaki Yuasa nimmt uns mit auf eins. Und was für eins.
Studio 4°C war mal wieder für die Produktion verantwortlich. Wen wundert es? Wo sonst soll etwas derartiges auch das Licht der Welt erblicken?
Die Geschichte von Mindgame ist so einfach und doch so kompliziert. Man könnte es als neumodische Version der Geschichte von Jonas und dem Wal bezeichnen, aber das wird ihr nicht gerecht. Im Grunde teilt sich das Ganze in drei Einzelaspekte. Zuerst Nishi, der sein Leben lieber träumt als es zu leben und sich in einem Wettrennen mit Gott eine zweite Chance erkämpft. Dann die Zeit der vier Protagonisten in dem Wal und die damit einherkommende Möglichkeit sich völlig frei zu entfalten und auszuleben was einem im strengen Gesellschaftssystem sonst nicht möglich wäre. Und zu letzt die Flucht aus dem Wahl und die damit einhergehende Erkenntnis das die neu gewonnene Freiheit eigentlich nur eine Zeit lang schön, auf Dauer aber kein Ersatz für ein Leben mit anderen Menschen ist. Aber natürlich ist das nicht alles. Abseits dieser drei Grundpfeiler gibt es auch jede Menge weitere Inhalte die es zu entdecken gilt. Aber diese alle zu erläutern ist wirklich eine Sisyphusarbeit. Das fängt schon mit den ersten Minuten an, in denen wir mit schnellen Rückblenden bombardiert werden. Jede Menge kurze Fragmente, sekundenlange Ausschnitte die für den Zuschauer nur schwer einzuordnen sind. Weiter geht’s mit Nishis und seinen Tagträumen, die man als Zuschauer aber meist erst hinterher als eben diese erkennt. Es erfordert wirklich Geduld da am Ball zu bleiben. Einfacher wird das ganze erst mit Nishis Rückkehr von Gott. Der folgende, lange Teil im Wal ist noch der einfachste, weil geradeste erzählte, Part am Film. Was nicht heißt das man nicht auch hier ständig und beharrlich mit Bildern und Eindrücken überflutet wird. So vollgepackt wie die Story ist nämlich auch die Optik. Von dem Studio 4°C typischen Flatlook über eher grob und skizzenhaft gezeichnetes, bearbeitete Realfotos, Schablonenlook und was weis ich noch alles. Es werden so viele verschiedene Stiele genutzt, was bringt es sie alle aufzuzählen. Man muss es einfach selbst gesehen haben. Mindgame ist so overloaded, man kann sich lang damit beschäftigen. So überrollt einen der Film beim ersten mal auch erst einmal nicht schlecht und selbst wo ich ihn nun schon das dritte mal gesehen habe, habe ich alle Mühe etwas darüber zu schreiben.
Die „leb dein Leben und mach das beste draus, sein kein Feigling, steh für dich ein, du kannst es schaffen“ Botschaft aus dem Film zu lesen ist da noch das absolut einfachste. Am besten ist wohl man lässt sich einfach nur vom Film verzaubern und erlebt ihn als einen einzigen großen Trip. Allein der kurze Aufenthalt bei Gott hat das Brainfuckpotential eines guten LSD-Rausches. Von der Aktionskunst, die Myons Schwester im Walfisch performt, will ich erst gar nicht anfangen. Absolut surreal und nicht wirklich sinnvoll in Worte zu packen, wie eigentlich generell der ganze Film.
Das Ende hört dann so auf wie der Anfang begann, schnell aneinandergeschnittene Lebensausschnitte und dann war alles gar nicht real. Nur ein Gedankenspiel. Das perfekte Ende für einen derartigen Film.
Wem das alles zuviel ist, der erfreut sich einfach an Stellen wie er der völlig überdrehten Verfolgungsjagd durch die Stadt oder dem Wasserballett im Wal. Und natürlich der Studio 4°C eigenen experimentellen Optik, die auch hier wieder mit sehenswerten Kamerafahrten, verzerrten undurchsichtigen Perspektiven, Farbverfremdungen und vielem mehr aufwarten kann.
„Mind Game“ ist weit ab normaler Animes, ein forderndes, aber auch mitreißendes Werk, dass einen für die Mühen die es einem aufbürdet mehr als reichlich belohnt. Sicher nicht für jeden geeignet, aber wer sich drauf einlassen will, der fühle sich hiermit kräftig bestärkt in dieser weisen Entscheidung.