Es gibt in jedem Jahr immer einen kleinen Kreis von Filmen, an denen kann man herrlich aufzeigen, warum man ein bestimmtes Kino so bevorzugt. Ich mag das koreanische Kino halt sehr gern für seine sentimentalen und stillen Dramen. Diese Filme kommen so grundehrlich und ungeschönt nur auf die Menschen bezogen rüber, dass es eine Freude ist zuzuschauen. Die Resonanz am Box-Office hält sich in Korea aufgrund der Schwemme dieser Filme ( und auch TV-Serien ) oft in Grenzen, doch bei "A Family" verbuchte man einen kleinen Überraschungserfolg. Knapp 2Mio. Besucher waren eine beachtliche Zahl und lagen mit Sicherheit über den Erwartungen.
Die junge Jeong-eun ( gespielt von Soo-Ae ) wird zu Beginn des Films aus dem Knast entlassen. Sie verbüsste eine Haftstrafe wegen Diebstahls und Körperverletzung. Anfangs kommt sie uns aufsässig vor, die Füsse bei ihrer Entlassung auf dem Tisch und ein loses Mundwerk lassen sie nicht besonders sympatisch erscheinen. Als Resozialisierung vermittelt der Staat ihr einen Job und bezahlt auch ihr Gehalt. So kommt sie vorerst in einem Friseursalon unter.
Jeong-eun besucht daraufhin ihre Famile, bzw. das was noch übrig ist. Die Mutter verstorben und der Vater ein kranker gebrochener Mann, daneben ihr unschuldig naiver junger Bruder. Ihr Vater Ju-seok ( gespielt von Hyeon Ju ) will nichts mehr von ihr wissen, er scheint ihren schlechten Einfluss auf ihren jungen Bruder Jeong-hwan ( gespielt von Park Jin-bin ) zu fürchten. Jeong-hwan allerdings scheint seine Schwester vermisst zu haben ( der Vater erzählte ihm von einem Auslandsstudium seiner Schwester ) und schliesst sie sofort wieder in sein Herz. Die Atmosphäre bleibt gespannt und als die alten "Freunde" von Jeong-eun auftauchen und die Familie zu bedrohen beginnen, spitzen sich die Ereignisse zu.
Jeong-eun war wohl früher als Taschendiebin in einer Gang unterwegs und hatte ein Gangmitglied nach einer bestimmten Aktion bestohlen. Der Bestohlene Chang-won ( gespielt von Park Hie-sun ) ist mitterweile zum Boss aufgestiegen und fordert sein Geld nun gewaltsam zurück. Sein Untergebener Dong-su ( gespielt von Eom Tae-woong ), obwohl mit ihr befreundet, kann oder getraut sich nicht ihr zu helfen.
Somit gilt es für Jeong-eun jetzt sowohl die familiären Missverständnisse, als auch ihre Fehler aus der Vergangenheit aufzuarbeiten und die Familie muss sich den Herausforderungen stellen.
Die Story macht den Film mit Sicherheit nicht besonders, doch die Fokussierung auf die einzelnen Personen der Familie machen den Film dann warmherzig und sentimental. Es ist ein ganz stiller und intimer Blick in eine kaputte und durch Missverständnisse gespaltene Familie. Die rebellierende junge Frau, der alleinerziehende und quasi privat und beruflich gescheiterte Vater und der liebenswerte und unschuldig naive junge Bruder für den es zu sorgen gilt. Das Leben ist hart und die Gangster sind brutal ( ich mag es nicht wenn Frauen blutig geschlagen werden!!! ) , der Vater ist totkrank und alle scheinen verzweifelt. Die Zutaten sind altbekannt doch sie funktionieren hier. Der Regisseur zieht alle Register des koreanischen Dramas, es werden natürlich Klischees bedient doch er macht es handwerklich so gut, dass der Film niemals unehrlich erscheint.
Daneben sind die Schauspieler ebenso famos besetzt. Natürlich spielt Hyeon Ju einen gebrochenen aber sich wieder aufrappelnden Vater mit einer grossen Überzeugungskraft. Er hat einige extrem grosse Szenen in denen er glänzen darf. Und er glänzt, obwohl diese Szenen ihn schwach und gedemütigt zeigen. Soo-Ae schafft den Wandel von der aufsässigen Tochter zur sorgenden und sanftmütigen Schwester. Sie braucht für diesen Wandel fast den gesamten Film, doch dafür ist er umso eindrücklicher und überzeugender.
Der den Gangsterboss spielende Park Hie-sun ist fies und eklig, er scheint irre und menschenverachtend. In der jüngsten Vergangenheit wurde den Darstellern von Gangstern oft der Vorwurf gemacht, sie würden zu harmlos spielen. Auf Park Hie-sun trifft dieser Vorwurf nun wirklich nicht zu, er darf brutal schlagen und beherrschen und sich somit der Verachtung des Zuschauers sicher sein. Der zweite Gangsterdarsteller Eom Tae-woong bleibt blass und unauffällig.
Der geheime Star des Films allerdings ist für mich Park Jin-bin als kleiner Bruder. Der Knirps ist unschlagbar süss und das weiss er ganz genau. Wenn er lächelt und die oberen Schneidezähne noch fehlen, dann ist es das Lachen eines Schelms. Ihn kann man einfach nur liebhaben und genau diese starke Sympatie, macht den Verlauf des Films so grausam. Für mich also kein Wunder ihn im Jahre 2005 in "Little Brother" wiederzusehen.
Also alle Zutaten stimmen und auch die Umsetzung ist gelungen ; ein ruhiges und intimes Bildniss einer Familie wird aufgezeichnet und trotzdem hat mich der Film nicht endgültig gepackt und überwältigt. Ich war am Ende nicht vollkommen fertig, hatte selten feuchte Augen und brauchte keine Taschentücher. Ich weiss ehrlich gesagt nicht was fehlte oder warum er nicht vollständig gezündet hat, doch leider kommt "A Family" nicht bis in die oberen Bereiche meiner Punkteskala vor. Es bleiben aber immer noch starke 8 Punkte und eine Empfehlung für Liebhaber der stillen leisen Töne und der einfachen aber ehrlichen Bilder.
"A Family" kann man sich ohne Bedenken in seine Sammlung stellen.