Review

»Talking about love is like dancing about architecture« heißt es in Playing by Heart (dt. Titel: Leben und lieben in L.A.). Einen Film über das ewige Thema Liebe zu drehen ist ein ähnlich difiziles Unterfangen, das sich nur allzu leicht in filmischen Fallen wie Kitsch, Klischee und Kalkül verfangen kann. »Creating a film about love« heißt meist aber auch einen »easy way to make money« gefunden zu haben, denn je unnachgiebiger sich die drei K's festbeißen und je berechenbarer sie einen Film über die Liebe dadurch machen, desto erfolgversprechender kann er sein. Gerade Hollywood weiß dem größten aller Gefühle außer mit Kitsch, Klischee und Kalkül nicht gerade originell zu begegnen, was jene Zuschauer, die sich gern mit dem immer gleich fabrizierten Zuckerguß überziehen lassen auch nicht stört (worin sich im Wunsch nach heiler Welt sogar durchaus eine Berechtigung findet). Für Playing by Heart hätten die verhältnismäßig geringen Kosten von 14 Millionen und die illustre Darstellerriege um Sean Connery, Angelina Jolie, Gillian Anderson und Dennis Quaid ebenfalls für einen Hit gesprochen. Doch die geringen Einnahmen von gerade einmal 3,9 Millionen lassen darauf schließen, dass er nicht unoriginell genug ist. Und tatsächlich: von Kitsch, Klischee und Kalkül (fast) keine Spur.
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Eine Gruppe von Menschen, im nächtlichen Los Angeles auf der Suche nach und im Kampf um die Liebe: die quirlige Joan lernt, während sie sich mit ihrem Ex-Freund per Telefon über Möbel und die Katze streitet, den verschlossenen Keenan kennen. Paul, der seit vierzig Jahren mit Hannah verheiratet ist, ist an einem Gehirntumor erkrankt und plötzlich steht die Affäre, die er vor über fünfundzwanzig Jahre hatte, wieder zwischen ihnen. Meredith, von Männern oft enttäuscht worden, tut sich schwer, sich auf den überaus charmanten Trent einzulassen. Die mit anderen Partnern verheirateten Gracie und Roger führen ein reines Sexverhältnis. Der einsame Hugh erzählt fremden Frauen in Kneipen jeden Abend eine andere Leidensgeschichte. Mildred schließlich wacht am Sterbebett ihres aidskranken Sohnes Mark.
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Willard Carroll schrieb und inszenierte mit Playing by Heart einen schönen Episodenfilm, voll von herzerwärmenden Augenblicken. Ohne falsche Sentimentalität führt er seine Charaktere durch einige aufeinanderfolgende Nächte in Los Angeles, beobachtet sie ohne aufdringlichen Voyeurismus und gibt ihren Empfindungen, ihrem Schmerz und Hoffen, ihrer Trauer und ihrer Zuversicht Raum und Ausdruck. Tempo besitzt der Film trotz der sich schnell abwechselnden Episoden zu Anfang nicht unbedingt und legt im Grunde auch mit dem Voranschreiten der Beziehungen und aufkeimenden oder abkühlenden Liebeleien keine größeren Geschwindigkeitssprünge nach, doch besticht er mit warmen, gewitzen und wahrhaftigen Dialogen und durchgehend ansprechenden, zudem attraktiv besetzten Figuren. Hier sieht man Menschen zu, deren Geschichten man nur zu gerne erfahren möchte. Warum weist Keenan Joans offene Annäherung so konsequent zurück? Was hat Meredith erlebt, dass sie von ihren Gefühlen für Trent fernhält? Und wie war das mit Pauls Affäre? Mit kleinen Einzelheiten, wie etwa dem Geheimnis der Identität einer Frau, die den Schwerenöter Hugh zu folgen scheint, hält Carroll das Interesse außerdem aufrecht und verwebt die Geschichten nach und nach zu einem homogenen Ganzen.
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Die Liste der Namen, die Carroll für sein Projekt gewinnen konnte, ist wahrlich beeindruckend. In kleineren Rollen lassen sich Patricia Clarkson, Nastassja Kinski und Amanda Peet entdecken, das knappe Dutzend an Hauptpersonen ist um noch eine Klasse prominenter besetzt und leistet wunderbare Arbeit. Angelina Jolie ist als plappernd-aufgedrehte Joan absolut reizend, genau wie die verpaddelt-misstrauische Meredith, gespielt von Gillian Anderson. Ryan Phillippe und Jon Stewart spielen zwei ganz unterschiedliche Gegenparts zu Jolie und Anderson und schaffen jeweils eine prächtige, amüsante bis tragische Chemie zwischeneinander. Die ältere Generation weiß mit den großen Gena Rowlands, Ellen Burstyn und Sean Connery nicht minder zu gefallen, wobei die Zusage Connerys und sein Verzicht auf eine Millionengage seine Kollegen anlockte und die Produktion mit ermöglichte. Madeleine Stowe und Anthony Edwards haben nicht viel Zeit miteinander, bringen diese aber auf den Punkt, Dennis Quaid hält seinen Hugh mit seinen zig verschiedenen Leidensgeschichten undurchschaubar und betreibt teils genüssliches Overacting, welches sich später geschickt erklärt. Als sterbenskranker Mark überzeugt nicht zuletzt Jay Mohr, dessen Mutter-Sohn-Beziehung zu Burstyn fein und sensibel aufgebaut ist.
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Playing by Heart ist ein rundum gelungenes, dialogstarkes Werk über die Schwere, die Schwierigkeiten und natürlich auch über die Leichtigkeit und Schönheit der Liebe, die in so vielen Lebenssituationen die richtige Antwort gibt, selbst wenn man die Frage nicht zu stellen weiß. Die Verknüpfung der Episoden gelingt Carroll sehr gut, wenn manches auch etwas sprunghaft vorüberzieht und nicht ganz die volle Wirkung entfaltet. Doch dadurch, dass der Regisseur nicht jede Emotion ins strahlende Licht zerrt, manches ungesehen, unerklärt und zum Ende hin und darüberhinaus offen lässt, können viele der oben genannten potenziellen Fallen gekonnt umgangen werden. Ohne faden Beigeschmack des schon oft Gesehenen, des mit kitschigen Klischees kalkulierten Zuckergusses, ist Playing by Heart einfach ein schööööner Film.

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