Innovationen sucht man heute bei TV Filmen zumeist vergeblich. Alles pendelt irgendwo zwischen Rosamunde Pilcher, Teeny Komödie und Tatort. Um so erfreulicher wenn es mal wieder ein Sender wagt etwas auszuprobieren und ein Risiko einzugehen. Auch wenn das Risiko hier weniger in der Story als viel mehr in der Erzählweise des Films liegt.
"Feuer in der Nacht" ist nach über 40 Jahren der erste Film, der live ausgestrahlt wurde. Es wurde zwar nach Drehbuch gespielt, und es fanden zu vor wochenlange Proben statt, letztlich war es aber doch ein enormes Risiko, welches das ZDF hier eingegangen ist. 12 Kameras und 2 Übertragungswagen sorgten dafür das die Bilder live in die Wohnzimmer kamen und es hat alles nahezu perfekt funktioniert.
Die Story ist dabei natürlich auf wenige, in diesem Fall 3 Schauplätze beschränkt. Zum einen ein Einfamilienhaus im Berliner Stadtteil Tegel, ein Büro und ein Taxi. Erzählt wird eine tragische Familiengeschichte.
Karl arbeitet als Personenschützer für einen Wirtschaftsboss. Am Nachmittag hat er im Dienst einen Mann getötet. Er kommt zurück nach Hause, wo seine Tochter Angie und seine Frau dabei sind alles für ihre Abreise, die in wenigen Stunden stattfinden soll zu packen. Es wird kein Abschied für kurze Zeit, es soll ein Abschied für immer werden, beide wollen in die Schweiz. Karl, ein nervliches Wrack versucht das zu verhindern, steigert sich immer mehr hinein und ist zu dem noch bewaffnet. Gleichzeitig ist der junge Lucas im Büro der Telefonseelsorge Berlin an der Arbeit. Er erhält von Angie mehrere Anrufe, die zeigen wie sich die Situation immer mehr zu spitzt. Lucas beschließt, entgegen aller Regeln für seinen Job sich auf den Weg zu machen um eine Katastrophe zu verhindern.
Der Film ist ein wahrlich düsteres Kammerspiel. Die Bedrohung, die hier ausgeht von der Verzweiflung des Vaters, der sich allein gelassen fühlt, noch dazu nach dem er erst Stunden zuvor einen unschuldigen in einer Überreaktion getötet hat, ist nahezu greifbar. Christian Berkel verleiht der Figur des Karl eine Tragik und einen latenten Wahnsinn, der einen nicht kalt lässt. Er dominiert diesen Film ganz eindeutig. Martina Gedeck und August Diehl hingegen bleiben etwas blass und kommen nicht so recht an gegen die Präsenz von Berkel.
Trotzdem leisten auch sie großartiges, zumal hier wirklich alle Gefühlsregungen live rübergebracht werden und es nicht die Chance gibt einen Take zu wiederholen. Respekt für diese Leistung unter Extrembedingungen haben sie alle verdient.
Das der Film an sich am Ende stark nachlässt liegt hauptsächlich am Drehbuch, denn das beendet das Drama dann zu abrupt und erweckt ein wenig den Eindruck als ob man es eilig hatte fertig zu werden. Und den angedeuteten Selbstmord mit einer Erdbeere (!!) hätte man sicher auch etwas anders einbauen können.
Trotzdem ist das Experiment „Live Movie“ eindeutig geglückt und ich hoffe doch das man nach diesem positiven Eindruck in Zukunft öfter mal etwas wagt beim Thema TV Film. Das wir in Deutschland die entsprechend ausgebildeten Schauspieler haben um so ein Projekt durchzuziehen steht wohl außer Frage und auch von der technischen Seite her hat dieser Film bewiesen das es ohne Probleme machbar ist. Wenn jetzt noch ein wenig mehr Augenmerk auf die Story gelegt worden wäre, dann hätte hier ein wahres Highlight entstehen können, so reicht es aber noch immer zu einem guten Film, der hauptsächlich durch seine außergewöhnliche Sendeform zu Fesseln weiß. 6 von 10 Punkten.