Review
von Charley_Chase
„Rassismus!“
Wenn man die Kommentare auf verschiedenen Filmseiten liest, dann ist dies klar der User-Konsens zu Todd Hollands Filmkomödie.
Unglücklicherweise gibt es keine allgemein gültige Definition von Rassismus; was bedeutet, dass ich den Begriff nach Belieben verwenden kann – was im momentanen skandalgeilen Klima gern getan wird.
Ist es Rassismus, wenn sich eine weisse Familie als Eingeborene Papua Neuguineas verkleidet, sich als Stamm ausgibt, den der Vater, ein Professor der Anthropologie, in der Not frei erfunden hat? Nur weil sie sich die Gesichter mit Bräunungscreme einschmieren und in lächerlichen folkloristisch angehauchten Fantasie-Fummeln herumhüpfen? Ist dann nicht Peter Sellers in The Party auch rassistisch? Alec Guinness in A Passage to India? Immerhin sind Inder ein real existierendes Volk. Und was ist mit Steve Martin und – nochmals - Peter Sellers in The Pink Panther?
Ich befasse mich lieber mit dem Film.
Ich habe ihn mir trotz miserabler Wertung angeschaut –ich will mir jeweils selbst ein Bild machen. Oft komme ich zu anderen Schlüssen.
Die Story klingt nach «hit or miss» - die richtigen Leute könnten was draus machen, es könnte aber auch voll in die Hose gehen. Leider ist letzteres der Fall.
Krippendorf (Richard Dreyfuss) ein mittelmässiger Anthropologe und alleinerziehender Vater, verstrickt sich anlässlich eines vielbeachteten Vortrags über einen neu entdeckten Stamm in Papua-Neuguineas Urwald in Lügen, die sich angesichts des öffentlichen Interesses verselbständigen. Weil Krippendorf in Wahrheit gar nichts entdeckt hat, die Forschungsgelder aber braucht, um seine Familie über Wasser zu halten, improvisiert er vor dem Mikrofon und erfindet in seiner Verzweiflung einfach einen neuen Stamm. Das Echo der Öffentlichkeit ist überwältigend. Krippendorf muss als nächstes die Filmaufnahmen zeigen, von denen er gesprochen hatte. Aber woher nehmen? Doch wozu hat man eine Familie? Und Schminke? Und Fantasie?
Das komödiantische Potential dieser Prämisse ist beträchtlich. Doch Krippendorf’s Tribe ist so richtig schlecht. Nicht aus Gründen des Rassismus; der Film funktioniert nicht, weil das Drehbuch schlecht ist – Charlie Peters (Three Men and A Little Lady) schafft es nicht, komische Situationen richtig aufzubauen, also haut er sie einem um die Ohren. Ansätze zu guter Komödie scheint er nicht zu erkennen und lässt sie ungenutzt fallen. Zudem verrennt er sich in komplizierte «komischen» Situationen, aus denen er seine Figuren nur mittels billiger Tricks wieder herauskriegt.
Ähnliches lässt sich über Regisseur, Todd Holland sagen: Er macht Komödie mit dem Holzhammer und lässt die Akteure hemmungslos überborden – was nicht funktioniert, weil auch sie von komödiantischem Timing wenig Ahnung haben. Man wird das Gefühl nicht los, dass sie mit Geschrei und Gehampel gegen das unlustige Drehbuch ankämpfen wollen. Krippendorf’s Tribe wirkt trotz gestandener Schaupieler wie Amateurtheater.
Man kann ihn aus Gründen des Rassismus ablehnen - mir reichen dafür allerdings schon die Qualitätsgründe.