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Der Löwe Mufasa herrscht über sein Land mitsamt der dort lebenden Tiere und präsentiert eines stolzen Tages seinen Nachkommen Simba. So soll dieser später den Thron erben, doch der Unmut von des Regenten Bruder Scar beschwört eine Tragödie herbei und so bleibt Simba nach dem Tod seines Vaters nur die Flucht. Er findet neue Freunde, ein neues Leben, doch seine Vergangenheit lässt ihm keine Ruhe – und holt ihn irgendwann auch ein.

Die Geschichte wird recht flott erzählt, hier und da gibt es auch Charaktermomente, für die Figuren lässt der von Roger Allers und Rob Minkoff inszenierte Zeichentrickfilm mit Musicaleinschlag aus dem Hause Disney immer mal wieder etwas Raum. Allerdings hält man sich nie zu lange damit auf, was aber auch nicht notwendig ist. Es gibt genug Zeit für das, was man erzählen möchte, gerade wenn man die Hauptzielgruppe im blick hat. Und sollte einem das inhaltlich vielleicht auch nur in Auszügen bekannt vorkommen, braucht man sich nicht wundern.
Manche Einflüsse liegen auf der Hand. William Shakespeares Drama „Hamlet“ diente offensichtlich als Inspiration, Elemente der klassischen Heldenreise gehören ja quasi zum Standardrepertoire und von der japanischen Animeserie „Kimba, der weiße Löwe“ fängt man besser gar nicht erst an.
Die Transformation in einen Disney-Stoff erreicht man abseits des entsprechenden Figurendesigns natürlich auch mit einer Prise Humor. So gibt es gleich mehrere Charaktere, die sich in diesen Part einbringen, allen voran das Duo Timon und Pumbaa, aber auch Hofmeister Zazu hat so seine Momente. Dennoch bietet man auch immer wieder ernste bis dramatische Momente, hier ist das Werk durchaus gut ausbalanciert.
Auch auf andere Werke oder die Historie wird angespielt, so bekommt man einen kleine Reminiszenz an Martin Scorseses „Taxi Driver“ (1976) und wenn an Scar die Armee der Hyänen mit Blick zu ihm im Stechschritt vorbeimarschiert, fühlt man sich an eine gewisse Periode aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts erinnert.

Visuell ist „The Lion King“ großes Kino. Die Animationen sind flüssig, das Design stimmig. Von Panoramen bis zu Nahaufnahmen wirkt die Bildkomposition immer überlegt und die ab und an eingesetzte Schärfeverlagerung ist eine ansprechende Idee. Stilistisch orientiert man sich durchaus an reellen Vorbildern, was die Landschaft angeht aber auch die Darstellung der Tiere. Allzu comichaft wird es hier nicht, Ausnahme ist da der Song „I Just Can't Wait to Be King“, wobei das hier passend ist, steht die Sequenz doch stellvertretend für den kindlichen und mitunter unreifen Blickwinkel des noch jungen Simba. Qualitativ ist das durchgehend hervorragend, die Zeichnungen und die kleinen Unterstützungen aus dem damals noch nicht inflationär genutzten Computer geben ein im wahrsten Sinne des Wortes sauberes Bild ab.

Klassisch Disney gibt es auch einige Songs, das von Elton John komponierte „Circle of Life“ bleibt da auch hängen, insgesamt sind die hier verbauten Lieder in Ordnung, wenn auch nicht jedes Hitpotential vorweisen kann. Die Einlagen sind in der Regel nicht besonders lang, von daher kann man das auch als nicht-Musicalfan gut durchstehen. Hans Zimmers Score hebt sich immer mal wieder heraus, seine musikalische Untermalung ist gelungen. Das Einarbeiten traditionell-afrikanischer Klänge mitsamt Chören unter der Mitwirkung des südafrikanischen Komponisten Lebo M ist ein akustischer Gewinn für die Atmosphäre.
Doch auch das stimmliche Personal sorgt für einen guten Ton. James Earl Jones verleiht Mufasa eine würdevolle Präsenz, Jeremy Irons seinem Scar die nötige Spur Bosheit und Sarkasmus. Mit Cheech Marin und Whoopie Goldberg als Hyänen gibt es weitere bekannte Namen, aber auch der Rest macht seine Sache überwiegend ohne Tadel. Insbesondere Ernie Sabella als Pumbaa, Nathan Lane als Timon und Rowan Atkinson als Zazu mag man da hervorheben. Allerdings hapert es etwas in der späteren Hauptrolle, so kann für mich Matthew Broderick als Simba keine Akzente setzen.

Und trotz der ganzen positiven Aspekte kann ich mich bei dem Werk nie frei machen von (vielleicht albernen) Fragen, die während der Sichtung durch den Kopf gehen. Ohne ins Detail zu gehen, aber das ganze Konstrukt dieser tierischen Welt mitsamt Herrschaftsform wirkt da nie vollends nachvollziehbar. Dazu kommen Botschaften von simpler Moral und etwas Kitsch. So naturbelassen man die Präsentation der Tiere auch optisch betrieben hat, so menschlich sind doch Motivationen, politische Komponenten und auch die hier hineinspielenden religiösen Versatzstücke. Macht den Film nicht kaputt, übersehen kann ich das allerdings nicht.

„The Lion King“ war ein riesiger Erfolg für Disney und kratzte nicht nur an der Milliarde, sondern machte es sich auch zeitweilig in der Popkultur gemütlich. So wurde der heute als Klassiker geltende Streifen immer wieder in anderen Filmen, Serien und sonstigen Medien erwähnt, parodiert oder referenziert. Und in Disneys unermüdlichem Drang zum Selbstrecycling kam es nicht nur zu mehreren filmischen Ablegern, sondern auch zu einem computeranimierten Remake. Und ist dieses auch technisch beeindruckend, so sollte man immer zu der Variante von 1994 greifen. Sieht man über die Ausleihe von Teilen in Geschichte und Dramaturgie hinweg und streicht manche Nachfrage nach dem Konstrukt dieser Welt aus seinem Kopf, bekommt man einen visuell unzweifelhaft gelungenen und klassischen Zeichentrickfilm.

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