“Mary Poppins” gilt bis heute als einer der mustergültigsten Disney-Realfilme, der Generationen von Kindern vom fliegenden Kindermädchen träumen ließ, welches Wünsche wahr werden lässt: Kinderzimmer werden durch Fingerschnipsen blitzeblank, Straßengemälde können durch einen simplen Trick betreten werden und singen kann das Kindermädchen auch noch, egal ob Schlaf- oder Freudenlied. Der Fantasie des zur Entstehungszeit noch lebenden Walt Disney waren keine Grenzen gesetzt, weshalb hier wirklich nichts unmöglich zu sein scheint und sogar der Schauplatz (London im Jahre 1910) wie eine märchenhafte Welt ausschaut.
Ein Feindbild im klassischen Sinne gibt es in “Mary Poppins” nicht. Keine Hexen, keine schwarzen Magier, höchstens die Griesgrämigkeit des Vaters und der alten Bankbosse kann man als Gegner der absoluten Heiterkeit sehen, die Frau Poppins zu versprühen versucht. Das macht den Film selbst für die Kleinsten der Kleinen zu einem klinisch hundertprozentig reinem Vergnügen, das sich stets auf schmalen Grat zwischen träumerischem Märchen und penetrantem Kitsch bewegt. Diesen dünnen Pfad überschreitet “Mary Poppins” aus heutiger Sicht durchaus des öfteren, doch Nostalgiker können darüber beruhigt hinwegsehen, haben doch einige Sequenzen Filmgeschichte geschrieben: Diverse Musicaleinlagen (man sollte schrillen Tänzen und Kinderliedern nicht abgeneigt sein, wenn man sich an den Film wagt), das Davonfliegen Marys sowie das Überlappen von Real- und Trickszenen, für damalige Verhältnisse ein Novum, sollten jedem Cineasten ein Begriff sein.
Ganz nebenbei liefert Julie Andrews die wohl beste Vorstellung ihrer Karriere und geht als Kindermädchen voll und ganz in ihrer Rolle auf. Zur Belohnung gab’s den Oscar, einen von fünfen bei dreizehn Nominierungen.
Solche Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und machen “Mary Poppins” eigentlich zu einem Must-See. Mögen muss man sie bei der fast schon penetranten Verbreitung von Fröhlichkeit allerdings nicht, zumal die Show fast 140 Minuten andauert, welche die Kleinen bzw. Junggebliebene ins Geschehen am Kirschbaumweg 17 in schwärmerischer Träumerei verharren dürfen.