Was ?!?
Schon wieder ein neuer Grusler in der Videotheken-Ecke, von dem ich noch nie etwas gehört oder gelesen habe? Soll ich oder soll ich nicht...? Die Erfahrungen im Bezug auf solche waren meistens mehr als mies und ich stand vom letzten Desaster "Hoboken Hollow " noch immer unter Schock. Aber da die Sonne schien, sich dadurch ganz viele Glücksbärchi-Hormone in meinem Kopf angesammelt hatten, lies ich es im Fall von "The Woods" einfach drauf ankommen. Zum Glück kann ich im Nachhinein sagen...
Irgendwann in den frühen 60ern haben das Elternpaar Fasulo (u.a. Bruce "Ash" Campbell) genug von ihrer schwer erziehbaren Tochter Heather (Agnes Bruckner) und geben die hypersensible, über sinnliche Wahrnehmung verfügende Tochter in die wenig vertrauenerweckende Obhut eines äußerlich konservativ anmutenden, neu-englischen Mädcheninternats. Dessen komplett aus schrägen Vögeln rekrutierte Geschäftsleitung hat auf den Neu-Ankömmling nur gewartet - doch Heather könnte ihnen gewachsen sein...
"The Woods" von Regisseur Lucky McKee (May, 2002) entpuppt sich als stimmungsvoller Grusler aus der B-Ecke, dessen B-Herkunft man jedoch zu keiner Zeit ansieht.
Das Setting rund um das Internat ist atmosphärisch perfekt ausgewählt worden. Das alte, heruntergekommene Internat liegt im Nirgendwo tief im Wald, abgeschnitten von jeglicher Zivilisation.
Heather wird von Oberdame Ms. Traverse (perfekt: Patricia Clarkson) empfangen und macht dort erstmal mit den strengen Sitten und dem immer gleich ablaufenden Tagesablauf Bekanntschaft. In der zurückhaltenden, etwas verstört wirkenden Mary Turner (Lauren Birkell), die vermutlich auch über sinnliche Wahrnehmung verfügt, findet sie eine Freundin, während dagegen Samantha (Rachel Nichols) es von anfang an, aus unerklärlichen Gründen, auf Heather abgesehen hat, sie wieder mit allen Mitteln aus dem Internat rauszumobben.
Zu Beginn erinnert der Film etwas an "The Village (2004)" oder durch die Auseinandersetzungen mit Rivalin Samantha an das weibliche Pendant zu dem schwedischen Kracher "Evil (2003)", doch schon bald geht die unkonventionelle Story ihren eigenen Weg. Außer düsteren Legenden über okkulte Morde, die vor 100 Jahren im Internat passiert sein sollen und immer wieder Stimmen, die aus dem Wald zu Heather nach Hilfe rufen, passiert nicht viel.
Trotzdem mag bei der ganzen Einführerei keine Langeweile aufkommen. Die Jungdarsteller mitsamt den Lehrkörper liefern eine überduchschnittlich gute Leistung ab und tragen die Geschichte für den Zuschauer angenehm unterhaltend zu Tage.
Regisseur McKee gelingt es, den Alltag fesselnd und als reines "Gefängnis" darzustellen, als würde das Leben im Internat nur aus Unterricht, Lernen und als einzige Freizeit das abendliche Bettgeflüster bestehen, dass dann auch noch jedes Mal abrupt von einer der Oberdamen beendet wird.
In Kombination mit der eh schon durch Settings und "Waldstimmen" morbiden Atmosphäre wirkt das ganze beklemmend und verstörend.
Mit dem Verschwinden einer Schülerin und der Frage über ihr Schicksal steigt kontinuierlich die Spannung und die immer größer werdende subtile Bedrohung (aus dem Wald?) an. Was nun wirklich diese Bedrohung darstellen mag, bleibt relativ lange verborgen, auch wenn hier und da kleinere Hinweise auf das "Könnte sein" gezeigt werden. Die Spuren werden mit zunehmender Zeit immer deutlicher und ca. 20 Minuten vor dem Abspann lässt man die Katze aus dem Sack, bis schließlich alles in einem richtig netten, blutigen Finale endet. Streckenweise kann man sogar toll gelungene CGI-Effekte bestaunen.
Für eine FSK16-Freigabe ist der Blutgehalt und Härtegrad beachtlich hoch ausgefallen. Da hätte man auch "KJ" geben können. Wahrscheinlich wurde die Freigabe während der WM vergeben, wo ja eh alles schwarz-rot-geil war...
Achso, bevor ich´s noch vergesse - Die Sache, was Bruce "Ash" Campbell angeht:
Campbell ist sichtlich gealtert und war mit Stephen Segal wohl desöfteren mal die letzten paar Jährchen zusammen essen. Er mimt hier den Vater von Heather, der nach Ablieferung der Tochter im Internat komplett aus der Handlung verschwindet. Aufgrund des Aussehens und der Tatsache, dass er dabei nicht einmal den Kiefer zum Reden auseinanderbekommt, wirkt fast schon deprimierend. Enttäuschend mit einer Träne im Auge kommt die Vermutung auf, den Namen "Campbell", nur zwecks DVD-Absatz anzukurbeln, missbraucht zu haben - jedoch wird man im letzten Filmdrittel diesbezüglich eines besseren belehrt. Da kommt Campbell unverhofft back to Story und man kann bei diesen Szenen lächelnd mit einem kleinen Augenzwinkern fast schon von einer Hommage zu "Tanz der Teufel" sprechen...
Im Gesamten kann ich den Grusler "The Woods" Genre-Fans uneingeschränkt ans Herz legen. Ein echter B-Geheimtipp.
9/10