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Der junge Tramper John (Ron Howard) kommt in ein verschlafenes Fischerstädtchen in Neuengland und wirbelt mächtig Staub auf - er ist auf der Suche nach seiner Mutter, die ihn als kleines Kind weggab und die er nun endlich finden möchte. Seine Suche ist schnell erfolgreich, doch seine Rückkehr sorgt für einige Unruhe unter den Anwohnern: Die Geschichte seiner Mutter hat mit so manchem Geheimnis zu tun, das lieber vergessen worden wäre. Und welche Rolle spielt die exzentrische Celia, bei der er heimlich untergekommen ist?

„Run stranger run", in Deutschland unter dem reichlich verkorksten Titel „Schönen Muttertag, dein George" bekannt, ist ein seltsames Stück Mystery-Krimi aus den tiefsten 70ern, das mit Elementen des Horrorfilms, aber auch der Seifenoper und des Familien-Dramas jongliert - und nichts davon so richtig auf die Reihe bekommt.

Dabei ist die Grundstory durchaus interessant, und die Anfangsphase des Films schafft es, den Zuschauer irritiert bei der Stange zu halten, weil die intensiven Reaktionen der Agierenden auf den Neuankömmling sofort durchscheinen lassen, dass hier eine unruhige Vergangenheit lauert. Einige Zeit bleibt man dabei im Unklaren, was die Motive Johns sind, auch wenn einige Andeutungen schon in eine bestimmte Richtung tendieren. Erst ein dramaturgisch nicht ungeschicktes Gespräch mit einem ruppigen Polizeichef enthüllt die tatsächlichen Gründe für Johns Anwesenheit. Das ist mit einer simplen, aber immer wieder nah mit den Figuren mitgleitenden und dadurch interessante Perspektiven entdeckenden Kamera, hellen Bildern einer idyllischen Kleinstadt und einem beinahe grotesk kitschigen Country-Soundtrack umgesetzt.

Trotzdem versinkt der Film schon nach einiger Zeit in völliger Langeweile. Das Problem ist, dass hier einfach gar nichts geschieht - John läuft durch die Stadt, spricht mit verschiedenen Personen, die auch mal etwas skurriler sein können (vor allem die zurückgezogen lebende Celia, die offensichtlich große Probleme im sozialen Umgang hat), und betont wiederholt, dass er trotz diverser Widerstände seine Vergangenheit aufdecken will. Dank der guten Darsteller, die ihre Figuren durchaus überzeugend spielen und deren intensive Abwehrreaktionen emotional und irritierend ausfallen, sodass man schnell ahnt, dass es hier bittere Geheimnisse geben könnte, bleibt man zumindest ein wenig bei der Stange. Wenn aber nach über 60 Minuten immer noch rein gar nichts passiert ist, merkt man doch allmählich, dass die Story hier auf Seifenopern-Niveau lustlos vor sich hin plätschert. Da helfen auch einige extrem kurze Bilder nicht, die völlig aus dem Rahmen fallen - eine skelettierte Hand, die am Strand aus dem Sand ragt, oder ein Totenschädel, den ein kleines Kind dort ausbuddelt.

Lange Zeit hat man nicht den Eindruck, dass sich hier irgendetwas in Richtung Thriller oder Horror entwickeln könnte. Zu langatmig schleicht die Handlung voran, zu oberflächlich bleiben mit der Zeit doch die Konflikte. Erst in den letzten knapp 20 Minuten nimmt die Story urplötzlich Fahrt auf: Da gibt es einen blutigen Mord in einem verlassenen Sommerhaus, finden Fischer die Leiche eines Stadtbewohners und enthüllen mehrere Figuren ihre (dann doch gar nicht mal so mitreißende) Vergangenheit. Und das Finale in einem nächtlichen verwinkelten Haus kann dann doch für etwa fünf Minuten richtig intensive Spannung erzeugen.

Für einen 90-Minüter ist das natürlich viel zu wenig. Trotzdem kann man nicht sagen, „Run stranger ran" wäre ein wirklich schlechter Film. Für seine offenkundig überschaubaren finanziellen Produktionsbedingungen zeigt er ein hohes Maß an Figurencharakteristik, subtiler Darstellung und durchdachter Inszenierung. Handwerklich gehört er in seiner Kategorie definitiv zu den besseren Werken. Nur inhaltlich bleibt er leider dermaßen ereignisarm und spannungslos, dass es mit der Zeit fast eine Quälerei wird, ihn durchzustehen. Das ist schade, denn mit dem Figurenpersonal und der Grundstory hätte man durchaus einen interessanten Psycho-Thriller entwickeln können, oder auch ein fesselndes Familien-Drama - man hätte sich nur einmal entscheiden sollen.

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