Krieg als Virus.
Einen Hubschrauberangriff zum Walkürenritt konnte man sich vermutlich nicht leisten, stattdessen darf man zunächst ein wenig Stock-Footage bewundern bevor in bester DEER HUNTER-Manier in einem Vietnamesenlager der Flammenwerfer spricht. Captain Hopper (John Saxon) befreit zwei gefangene G.I.s, die im Laufe ihrer Gefangenschaft zu Menschenfressern wurden und zum Dank nun auch über ihn herfallen. Doch APOCALYPSE NOW war gestern, Hopper erwacht aus einem Alptraum und die APOCALYPSE DOMANI nimmt ihren Lauf...
Die Tollwut-Infektion, die sich durch den Biss natürlich auch Hopper zugezogen hat, gerät dabei zu einem Symbol für die Traumatisierung von Kriegsheimkehrern, wodurch der Film gewissermaßen RAMBO vorwegnimmt. Dem Trend der Zeit entsprechend bereitet Regisseur Antonio Margheriti den Stoff allerdings nicht als Drama auf, sondern als Actionspektakel, das auf der Zombiewelle mitschwimmt und insbesondere die Grundkonzeption von DAWN OF THE DEAD reflektiert. So verschanzt sich der infizierte und von Rockern und Polizei gejagte Charlie Bukowski (benannt nach einem berühmten Schriftsteller und ordentlich psychotisch gespielt von Giovanni Lombardo Radice) in einer Kaufhalle und am Ende wird das in der Figurenkonstellation überdeutlich an die Gruppe aus DAWN angelehnte Kannibalenquartett (zwei weiße Männer, ein Farbiger, eine Frau) in Umkehrung des Vietnam-Auftakts mit Flammenwerfern durch die Kanalisation gehetzt.
Doch Margheriti präsentiert keine klassisch-hirnlosen Zombies, seine Infizierten sind nach wie vor (fast) normale Menschen, die von gelegentlichen Fressattacken überkommen werden, aber beispielsweise im Falle von Hopper durchaus Angst und Gewissensbisse haben.
Das Problem von APOCALYPSE DOMANI ist allerdings, daß diese interessante Grundidee nur halbgar ausgearbeitet wurde und Filmimmanent mit schwachsinnigen Sprüchen wie "Aufgrund sogenannter biologischer Mutationen kommt es zu psychischen Veränderungen" erklärt wird. Da ist die Bildsprache schon deutlich aufschlußreicher, beispielsweise in der Sequenz im Kino, in der Charlie eine junge Frau anfällt: Es läuft Lenzis DA DUNQUERKE ALLA VITTORIA, während furioser Panzerschlachten fallen besagter Dame beim Knutschen mit ihrem Begleiter die Brüste aus der Bluse - Sex und die zunächst nur medial vermittelte Gewalt bilden eine Einheit, die schließlich Charlies atavistische Neigungen durchbrechen lassen. Folgerichtig sind auch Hoppers erste Ausfallerscheinungen sexuell motiviert, beißt er doch beim Cunnilingus mit der Nachbarstochter zu und Dr. Mendez, der Anfangs noch tölpelhaft mit Hoppers Frau flirtet, zieht nach seiner Infektion auch etwas ruppigere Saiten auf. Gewissermaßen bringt die amerikanische Gesellschaft aus sich heraus einen Werteverfall und Selbstzerstörungsmechanismus - die titelgebende Apokalypse - über sich, der sich auch in der nächsten Generation (klischeegerecht frühreif und vorlaut) fortsetzen wird. Durch die Außensicht auf die Post-Vietnam-Gesellschaft gelingt den Italienern somit eine relativ zutreffende Analyse.
Auch in handwerklicher Hinsicht muss man Margheriti saubere Arbeit bescheinigen. APOCALYPSE DOMANI wurde in Atlanta gedreht, so daß nicht ein italienisches Kaff als amerikanische Großstadt herhalten musste, außerdem wurde der Film auf Tempo hin inszeniert, so daß nur wenig Leerlauf entsteht, die fetzige, teilweise an Goblin erinnernde Musik unterstreicht dies treffend.
Leider gelingt es durch diese Fokussierung auf die Action nicht, Spannung oder gar Horroratmosphäre aufkommen zu lassen. Auch die obligatorischen Splatterszenen fallen beinahe zurückhaltend aus und wirken (wie z. B. die dramaturgisch völlig unmotivierte Leichenzerteilung mit der Flex) teilweise geradezu deplatziert. Dies soll nun allerdings auch wieder nicht bedeuten, daß die "Asphalt-Kannibalen" zimperlich sind, der Film galt in Großbritannien lange Zeit als Video-Nasty und wurde in Deutschland vermutlich nur aufgrund der kräftigen Kürzungen vor einer Beschlagnahmung verschont; der hervorragend getrickste Bauchschuß mit Durchblick fehlt sogar in den meisten angeblich ungeschnittenen Neuveröffentlichungen.
Summa summarum kann man jedenfalls festhalten: APOCALYPSE DOMANI ist ein italienischer B-Movie mit den aus rascher Drehzeit resultierenden typischen inszenatorischen Schwächen und das Drehbuch ist natürlich bei weitem nicht der Weisheit letzter Schluß. Durch die ungewöhnliche Verknüpfung von Zombie- und Vietnamthematik, die in ein fast schon tragisch zu nennendes Finale mündet, die durchweg professionelle und routinierte Machart und ordentliche Schauspielerische Leistungen von Saxon (der seinerzeit übrigens wenig begeistert bei der Sache war) und Radice genießt er jedoch zu Recht einen gewissen Sonderstatus.