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Salvatore Lombino schuf Mitte der 50er Jahre unter seinem Künstlernamen Ed McBain das Subgenre der police procedural, den modernen Polizeiroman. Dort agierten auf dem 87ten Polizeirevier der fiktiven Stadt Isola ein Ensemble authentischer Polizisten, die jeweils verschiedene Fälle bearbeiteten, was später am Ende zu einem Ganzen montiert wurde. Dabei entstanden über 50 Folgen in 45 Jahren, womit die Reihe nicht nur zu den erfolgreichsten, sondern auch zu den langlebigsten des Krimi-Genres gehört. Die Figuren Carella, Kling, Meyer usw. sind damit natürlich längst etabliert, zumal erste Verfilmungen sowie die TV Serie 87th Precinct [ 1961 ] nicht lange auf sich warten liessen.

Auf leisen Sohlen kommt der Tod entstand drei Jahre nach der Buchveröffentlichung und kann mit einem auf dem Papier überzeugenden Staraufgebot aufwarten, dass letztlich auch das überzeugendste Verkaufsargument für den Film gewesen sein dürfte. Der sich ansonsten nicht gerade behände über den Durchschnitt schleppt.
Der Roman "Fuzz" [ DT: "Die Greifer" ] markierte als 22ter Band die Halbzeit; der englische Titel bezieht sich auf die Spritzer der giftgrünen Farbe, die die Maler der Stadtverwaltung beim Neuanstrich des Reviers [ hier in Boston ] hinterlassen. In der Hektik und Unaufgeräumtheit stapeln sich die Fälle; da kommt der Anruf des Erpressers Der Taube [ Yul Brynner ] gerade noch zur unpassendsten Zeit. Dieser will 5000 $, andererseits bringt er am nächsten Tag einen bestimmten Kommissar um. Die Drohung wird erstmal weniger beachtet, Detective Bert Kling [ Tom Skerritt ] hat nur Augen für die neu eingetroffene Kollegin Eileen McHenry [ Raquel Welch ]. Als Der Taube allerdings noch 2x wegen Details der Übergabe anruft, erwacht auch sein Instinkt, aber die Fangschaltung bringt wegen der Kürze der Gespräche keinen Nutzen.
Das Geld wird natürlich nicht bereitgehalten, sondern eine Finte versucht, wobei Kling und Detective Meyer Meyer [ Jack Waston ] aber nur einem anscheinend unwichtigen Nebenmann verfolgen können. Prompt wird der Kommissar am nächsten Tag erschossen. Nun steigern sich sowohl die Forderungen des Erpressers als auch dessen Ziele, nach dem Bürgermeister soll der Präsident der Vereinigten Industriewerke sein Leben gegen eine halbe Million umtauschen.

Die grösste Stärke des Filmes ist sein eingespieltes Team und sein mit dem Revier gegebenes Handlungszentrum; ein eigener kleinen Kosmos zu dem die verschiedenen, scheinbar einzeln verlaufenen Handlungsstränge wieder zurücklaufen. Der Erpresserplot teilt sich nämlich die Laufzeit mit dem gewohnten Polizeialltag, wobei hier ein Vergewaltiger im Park, ein geplanter Überfall auf einen Schnapsladen und zwei Jugendliche, die nachts Obdachlose in Brand setzen, gehören. Auch den als Stadtstreicher getarnten Detective Steve Carella [ Burt Reynolds ] hat es bereits erwischt, er konnte sich nur mühsam retten.

So entwickelt der Film anfangs eine atmosphärische Mischung aus Bruchstücken aus dem Alltag; oft Routine, aber eben auch Frust, Überraschungen und Pannen.
Diametral der Kontrast zwischen knallhart und grotesk, zwischen Ordnung und Chaos.
Die Mosaiktechnik ist durchaus vorzüglich, clever konstruiert; es wird sich dabei allerdings nicht um Spannungsbögen gekümmert, selbst Aufregungen bleiben aus. Die Montage von Erzählsträngen und Plotwendungen ist sehr ruhig vollzogen. Die Inszenierung so zurückhaltend, dass sie kaum auffällt. Die Szenenwechsel laufen ohne grossartigen Höhepunkte ab, selbst der alles zusammenführende Showdown ist bei weitem nicht explosiv.
Dass Regisseur Dick Colla vom Fernsehen kommt und da auch hingehört [ Ein Sheriff in New York, CHiPs, Der Chef ] beweist er mit dieser lahmen Handhabung jedenfalls ausdrucksvoll; da hilft es auch nicht, dass McBains Strickmuster sowieso an eine Seriengestaltung erinnert. Dadurch zehrt auch die teilweise nur halbgare Logik, die den nicht wirklich vorhandenen Realismus zusätzlich mit dem vorhandenen Humor ausbremst.

Dabei helfen die Darsteller der Scheinreportage nur wenig, da sie getreu der Vorgaben ebenso sehr entspannt agieren; ein Burt Reynolds schläft hier zum Beispiel mit offenen Augen. Welch sieht ungeheuer gut aus, aber bekommt in dem Männerteam kein Stein ins Brett, was wohl auch daran liegt, dass ihr Geschehen erst nachträglich reingeschrieben wurde. Brynner taucht erst im letzten Drittel auf und hat ausser einer Dr. Mabuse Kopie nichts zu tun. Und Skerritt wirkt wegen seinem Verhalten sogar leicht unsympathisch.

Gibt sicher weitaus Schlimmeres, aber schade um die vergeudeten Ideen.

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