In den 70er Jahren war das italienische Subgenre Giallo auf seinem Höhepunkt angekommen, während es im nächsten Jahrzehnt nur noch ganz wenige Beiträge gab. Die italienischen Filmemacher hatten ihre Arbeit eingestellt, nur Dario Argento wagte mit "Sleepless" einen neuen Versuch. Darauf folgte mit "Eyes of Crystal" eine kurzfristige Wiederbelebung, dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen England, Spanien und natürlich Italien. Und für einen Neuling hat Regisseur Eros Puglielli (auch Drehbuch) seine Sache wirklich im Griff. Etwas störend bei diesem altmodischen Giallo sind nur die hektischen Schnitte, die beispielsweise bei einer Verfolgungsjagd vorkommen. Dies will nicht so richtig zur sonst so ruhigen Inszenierung von Puglielli passen.
Kommissar Giacomo Amaldi (Luigi Lo Cascio) und sein Partner Frese (José Ángel Egido) sind einem Serienkiller auf der Spur, welcher seinen Opfern diverse Körperteile abtrennt, um daraus eine lebensechte Puppe zu bauen. Giacomos Vorgesetzter Ajaccio (Simón Andreu) wird mit einem Gerhirntumor ins Krankenhaus eingeliefert, scheint den Killer aber zu kennen. Als Ajaccio schließlich auch noch ermordet wird und der Killer Giacomos Freundin Giuditta (Lucia Jiménez) entführt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Der Giallo gilt als ein Vorreiter des Slasher und auch der Serienkiller hier holt sich reihenweise seine Opfer. Sogar drei auf einmal müssen hier daran glauben, diverse Zeugen werden ebenfalls skrupellos aus dem Weg geräumt. Die beiden Hauptfiguren hier sind der junge und ehrgeizige Giacomo und sein erfahrener und wesentlich älterer Partner Frese. Während Frese als eine Art Hintermann fungiert, sehen wir größtenteils Giacomo bei seinen Ermittlungen zu. Wie auch der Zuschauer muss er bei Null anfangen, die Informationssuche läuft sehr schleppend, aber es werden kontinuierlich neue Indizien ans Tageslicht gebracht, auch wenn man dafür einen Professor an der Universität zu Rate ziehen muss.
Das Motiv des Killers hat man zwar schnell durchschaut, doch seine Identität nicht. Die Auswahl ist zwar nicht sonderlich groß, aber Puglielli legt einige falsche Fährten und führt uns geschickt in die Irre. Besonders interessant ist die Geschichte mit Giacomos Vorgesetzten Ajaccio, der sich durch seinen Gehirntumor wieder an seine traurige Vergangenheit erinnert und von dort her auch den Mörder kennt. Dazwischen streut Puglielli immer wieder atmosphärisch vorbereitete Mordszenen, welche teilweise recht blutig verlaufen und auch zu den Markenzeichen des Giallo gehören.
Was ein wenig ausartet, ist die Romanze zwischen Giacomo und Studentin Giuditta, denn eigentlich ist sie nur dazu da, um gegen Ende vom Serienkiller gekidnappt zu werden, damit Giacomo zur Rettung eilen kann. Hier schleicht sich mal eine kleine Länge ein, doch das Interesse verliert man nie, weil man mit den Figuren mitfiebern kann. Puglielli gelingt eine gute Charakterisierung von Giacomo, der sich schon mal von seiner Wut leiten lässt, was die kleine Geschichte mit Giudittas stalkendem Verehrer beweist.
Doch besonders gefällt dieser düstere Grundton, Puglielli verwendet hier einen Blaufilter, schöne Bilder gibt es hier. Gewollt wird hier auf eine bedrohlich und depressiv wirkende Optik gelegt untermalt durch einen unheimlichen Score.
Luigio Lo Cascio (Licht meiner Augen, Der schönste Tag im Leben) ist normalerweise in einem anderen Genre zu finden, erledigt seine Hauptrolle aber sehr glaubwürdig, genauso wie die restliche Riege.
"Eyes of Crystal" darf sich gerne zu den großen Gialli der 70er Jahre zählen, außer kleinen Ausnahmen ist er dermaßen altmodisch, dass Nostalgiker ihre Freude daran haben werden. Die Story ist nicht unbedingt komplex, aber gut durchdacht, glaubwürdige Darsteller sorgen für den Rest. Vielleicht ein bisschen lang geraten, mir aber locker 7,5 Punkte wert.