Review

Gesamtbesprechung

Das Leben kann ganz schön grausam sein; erst beschert es einem die Pubertät, dann den ersten müden Job, dazu noch Angela Merkel und Dieter Bohlen, und als man gerade glaubt, über all diesen Dingen zu stehen, fällt einem die Klobrille einer russischen Raumstation auf den Kopf und verschafft einem eine Reise in die nächste Welt. Oder auch nicht, den Georgia (Ellen Muth), der genau das passiert, befindet sich zu ihrer Überraschung immer noch hier unten, nur eben nicht mehr als Mensch, sondern als "Seelensammler", Abteilung plötzlicher Unfalltod. Und das ist nicht gerade der Job, von dem man schon immer mal geträumt hat, denn grundlegend geht es darum, einigen armen Vögeln kurz vor ihrem meist eher unerquicklichen Ableben noch per Berührung die Seele aus dem Körper zu ziehen, bevor die hässlichen Gruftlinge zur Exekution schreiten.

Wenn einem etwas an der aktuellen TV-Sendervielfalt und der resultierenden Serienflut gefallen kann, ist es, das dort neben gefühlten 36 Profilerteams auch noch Platz für das etwas "Andere" ist, einen auf den ersten Blick wunderlichen und nach aktuellen Maßstäben eher unspektakulären Mix aus schwarzer Komödie und Fantasy mit einem kleinen Schuss Gesellschaftssatire. Und auch diese Aufzählung ist noch nicht komplett - vielleicht fängt man am besten mal damit an, was Dead Like Me nicht ist - nämlich eine der von den Amis so geliebten Schicksalveränderungsserien a la Tru Calling. Gestorben wird hier auf jeden Fall, da hobelt kein Sensenmann keinen Grashalm nicht ab. Und bis zum Tod ist oftmals auch nicht viel - Heldin George hat gerade die Schule geschmissen, noch nie einen Freund gehabt, Streit mit Eltern, Funkstille mit der Schwester. Mit diesem leicht melancholischen Grundton geht es weiter, denn sogar das Leben nach dem Tod ist erschreckend normal; auch unsere Seelensammler müssen Geld in skurrilen Bürojobs verdienen, haben Beziehungstress, werfen ein paar traurige Blicke auf die alte Familie, wo es nicht wirklich schön weitergeht. So entpuppt sich die Todesserie in vielerlei Hinsicht als intelligente Gegenwartsatire, in der sich mancher wiedererkennen kann; oder sich wie unsere Heldin fragen mag, ob er / sie wirklich gelebt hat.

Als einen kleinen Kontrast zu der nachdenkliche Grundstimmung gibt es pro Folge dann als Highlight für schwarzhumorig gestimmte Zeitgenossen mindestens einen mehr oder weniger makabren Todesfall, ausgelöst von den putzig PC-animierten Gruflingen mit ihrem diabolischem Grinsen. Andere Höhepunkte und allzuviele Spannungselemente gibt es nicht; sie werden zwar nicht wirklich vermisst, aber gerade nach dem erstklassigen Pilotfilm finden sich dann doch einige Durchhänger, der allzu fixe Ausstieg einer wichtigen Nebenfigur (Rebecca Gayheart mit einer selten hässlichen deutschen Synchro), und dann auch noch eine gemessen an der Staffellänge restlos überflüssige Rückblendenepisode. Dies alles muss auch den Machern aufgefallen sein, denn ab der Mitte der zweiten und bis dato letzten Staffel gibt es etwas mehr Tempo, ein paar durchgehende Handlungselemente, etwas handfesten Grusel. Alles durchaus willkommen, aber eventuell ein bisschen spät, denn ein Fortsetzung hat es bis heute nicht gegeben, schade eigentlich. Immerhin: Ein TV-Film kommt gerüchteweise bald, wie nicht anders zu erwarten ohne Serien-Chefdeserteur Mandy Patinkin.

An Hauptdarstellerin Muth (und nebenbei bemerkt auch ihre deutsche Stimme) muss man sich erst mal gewöhnen, ins heute gängige Girlie-Schema passt sie definitiv nicht. Hilfreich sind die da in jedem Fall die Nebenfiguren; Patinkin etwa gibt als als Seelensammel-Einsatzleiter ("Der Tod ?" "Nein, mittleres Management") eine solide, wenn auch nicht allzu engagierte Performance, Da gefallen die übrigen Randfiguren schon eher: ein Loser in beiden Leben, eine klassische Sexy-Blondine, die sämtlichen Hollywoodstars früherer Zeiten schon mal einen geblasen haben will, ene toughe Polizisten, eine (zumindest hierzulande) mit österreichischem Tonfall sprechende farbige Kellnerin, die drollige Chefin; die Liste ist beliebig verlängerbar, in Sachen menschliches Personal ist die Sache in jedem Fall rund.

Insgesamt ist das ein echter Geheimtip für Leute mit ein bisschen Sinn für Melancholie, makabrem Humor und einer Prise Nachdenklichkeit, nicht unbedingt spektakulär und ein bisschen ziellos, aber irgendwie halt wie das richtige Leben, egal ob vor oder nach dem Tod. Vielleicht kommen die 2. Staffel und der abschliessende TV-Film ja im Herbst auf DVD, da passen sie perfekt rein.

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