Review

Erst der Titel, dann der Cast, die Mitwirkenden vor der Kamera und hinter ihr, schon der Vorspann wirkt wie improvisiert statt einstudiert, wie 1x besprochen und dann vollzogen, Thome schreibt immerhin das Buch auch hier, seinen Autoren in München verloren. In Berlin wird nun gedreht,, durch Berlin gefahren, die Straßen entlang, eintönig im Sein, eine Stätte aus Häusern und Baustellen, aus Menschen, die bleiben und Menschen, die durchrasen, hier immerhin mit einigen Darstellern, die man nach einer gewissen Thome-Schau schon kennt und einordnen kann und zuordnen, der Titel ist neu, er betrifft aber das Schaffen von Thome, sein mikroskopisches Arbeiten, die Kamera still, die Erzählführung nicht behände, bewegen tun sich die Autos, nicht die Menschen, die Menschen tun nur so, gerade beim kommunizieren, sie kommunizieren nicht, sie improvisieren:

Nach einem Sommerurlaub kriselt die Beziehung von Franz [ Vladimir Weigl ] und Maria [ Adriana Altaras ]. Franz lässt er sich auf eine Affäre mit der Zufallsbekanntschaft Tina [ Małgorzata Gebel ] ein. Maria und Tina verstehen sich indes so gut, dass sie gemeinsam einen Laden eröffnen.

Viel im Auto hat der Mann, Koffer, Taschen, eine Schaufel, ein paar Tüten noch, Schwimmflossen, und das bei der Kälte, die Frau wirft einiges zurück in den Kofferraum, je nach Gusto wahrscheinlich, der Mann setzt sie ab, ihre Habseligkeiten an sich genommen wie ein Maulesel, wie ein Muli, alles auf einmal und huckepack. "Sechs Wochen hat die Sonne geschien'", "Willkommen in Deutschland", wo es nur geregnet hat, gerade in Berlin, der bundesdeutschen Hauptstadt, das Fenster wird geöffnet und wird aufgemacht, es wird hinausgeblickt für einen Moment, es wird gezögert, ein Anruf nicht beantwortet, ein Anruf nicht gemacht, lieber ein Glas Bier aus dem Kühlschrank und die Schuhe ausgezogen, barfuß durch die Wohnung und liegend auf dem Sofa, sich etwas zu Trinken gegönnt und in der Zeitung geblättert, mehr geblättert als gelesen, es wird gechillt, es wird nachgedacht, über die sechs Wochen Sonne und den Abschied ohne Worte, den Abschied ohne Abschied, der Mann so weggefahren, er verbringt ähnlich den Rest vom Tag.

Badewasser wird sich eingelassen, die Fliesen in der Kühe und im Bad nicht mehr die besten, auch das Essen so lala, Brötchen mit Butter und Aufschnitt, dafür viel Pflanzen in der Wohnung, ein Novum, ein halber Dschungel gar, sogar grün noch statt braun, trotz der langen Zeit des Wegbleibens, der anderthalb Monate, vorhin eine Trennung gemacht, das wird nun in Worte ausgedrückt, die Wanne ist überlaufen jetzt übrigens. Menschen werden hier in Augenschein genommen, die mit dem Leben an sich nicht zu recht und nicht zurande kommen, das halbe Bad schwimmt schon, da freut sich der Untermieter und die Schimmelpilze in beiden Wohnungen, da freut sich der Vermieter, und der Mieter freut sich auch schon. "NEIN!" wurde hier gebrüllt, voller Verzweiflung, alles bis auf T-Shirt und Shorts ausgezogen, sich dann ins Nass gewagt, hilflos herumgestochert im Wasser, mit einer Muschel das Überlaufene versucht aufzuwischen und wegzuschütten, eine vergebliche Aktion.

Der Frau geht es besser, sie wollte Kinder, er nicht, dann war es zu heiß, ein Gespräch unmöglich, keiner hatte Lust auf Irgendwas, eine wortlose Trennung, eine Verführung und eine Versöhnung nicht geplant, er hat die Freundin seiner Freundin angerufen, die Freundin steht in der Mitte zwischen beiden, fortwährender Streit zwischen dem Ex-Paar, ein Streit über Nebensächlichkeiten und Wichtigkeiten des Lebens, über alles Mögliche, man kennt sich seit 3 Jahren, keine Ewigkeit, kein Bekenntnis, keine Heirat, kein Zusammenzug; "Aladdin und die Wunderlampe" wird hier gelesen woanders, eine Nebenszene, manche der Darsteller sind bekannt schon, wenn man ein halbes Dutzend von Thomes vielen Arbeiten gesehen hat, wenn man die Lust und die Muße und die Ausdauer und die Verfügbarkeit dazu und die Offenheit und die Ambivalenz und den Mut und das Gesuch dazu hat. Eine Buchhandlung wird hier heimgesucht, sich ein Aquarium gebaut, ein teures Hobby, die Fische alleine, ein Lehrbuch darüber auch, 130 DM für den Schmöker, extra bestellt in der Buchhandlung, dann die Deko und das Wasser eingefüllt; andere hätten sich eine Eisenbahn in der Situation geholt, zum Spielen und zum Zeitvertreiben und nicht nur zum Gucken, zum Ablenken, man kann auch mit dem Lokführer und seiner Maschine statt den Fischen reden, auch der hört zu und antwortet dem Offenen.

Beide Getrennte vertreiben sich ihr Zeit alleine, manchmal mit dem gleichen Anderen, dann wieder neuen oder eher alten Bekannten, mit deren Familien, die Freundschaften und Kontakte haben nicht aufgehört, sie sind bloß getrennte Wege gegangen, er mit seinem neuen Hobby, sie mit ihrem Anhang. Er bekommt sogar Avancen, sollte man nicht denken, er ist bebrillt, die Haare zurückgegangen, leichte Pusteln am Hals vom Rasieren, die Kleidung nicht besonders, die Stirn hoch, die Brille schmutzig, die Konversation einsilbig, trotzdem für die neue Frau verführerisch, sie vor der Zoologie abgeholt, er ist Programmierer, "Wie langweilig", die Frau macht nichts, "Ich spreche unbekannte Männer auf der Straße an", ein typischer Thome-Dialog, viel Interpretationsraum, es kann sich so oder so entwickeln. Von Liebe ist hier noch nichts zu spüren, dafür wird die Wohnung wieder gezeigt, neben den Pflanzen sonst jetzt noch zusätzlich die Wasserbecken in der Wohnung, immer Gesellschaft, immer Tiere um sich, dazu ein leichtes Plätschern, beruhigend für viele, immer was zu tun, reinigen, säubern, füttern, mit den Fischen reden und sie aushorchen, sie vorzeigen, etwas über die Flora und die Fauna gesprochen, das Wissen geteilt, die Kamera nah, sie verfolgt die Gesichter, ihre Mimik und ihre Gestik, keine Musik, keine Kamerabewegung, kein Schnitt/Schnitt/Schnitt, sondern eine lange Einstellung, es wird drauf geprostet, "Auf die Fische!", ein Kaffee mit Milch getrunken, nach der Straßenbekanntschaft gefragt, die vor dem Aquarium.

Die gemeinsame Freundin hat es nicht einfach, sie sitzt zwischen allen Stühlen, mit beiden Getrennten befreundet, beiden zuhörend, beiden Rat gebend, in und um Charlottenburg herumscharwenzelt; dafür gibt es tatsächlich Fisch beim Date, eine schwierige Prozedur, der Kopf, die Schuppen, die Kiemen, die Gräten, hier wird er bloß gewaschen und komplett eingelegt, nach Kochhandbuch, er muss es ja wissen, die richtige Seite aufgeschlagen, den Tisch mit Liebe gedeckt, keine Sekunde zu früh, die Wohnungstür klingelt. Er hat sich verändert, seine alte Flamme steht vor der Tür, doch zu früh, unpassend auch, die Wohnung hellgrün gestrichen, zu voll mittlerweile auch, die Möbel hässlich, "Tina kommt nicht.", "Wieso denn nicht?", "Und warum bist du dann hier?", berechtigte Fragen vom Herrn der Gesellschaft, er wurde ausgelost wahrscheinlich, so ein ungewöhnlicher Brauch. Die Gräten sind natürlich noch dabei im Fisch, da hilft auch der Schampus und das Prösterchen nicht, "Übrigens, Tina mag überhaupt keinen Fisch.", eine seltsame Situation, eine Improvisation, typisch Thome, was ist mit dem Aladdin und seiner Wunderlampe, wo ist die geblieben im Drehbuch, schon vergessen, "Habt ihr einen Phasenprüfer?", Männer und Frauen passen hier nicht zusammen, ein elektrischer Schlag wird sich geholt, 110 gerufen, schwankend wie ein Seemann auf der Planke zum Auto gerobbt.

Kinder möchte die Frau haben, immer noch und abermals und wieder, der Arm eingegipst, der Thorax zur Hälfte, der Mann verlangt Hilfe, er ist jetzt unselbständig, "Scheiß Renovierung", auch mit einer Hand kann man vieles, wenn man sich etwas anstrengt und etwas Mühe gibt und nicht komplett abhängig sein möchte und sich etwas einrichtet, er hat sogar Haushaltshilfen derer zwei, die Verflossene und die Neue, die auch nicht wirklich etwas kann, ein Hemd anziehen zum Beispiel, erst der kaputte, dann der heile Arm, das lernt man früh in der Haushaltshilfenschule, "Ihr passt alle beide gut zu mir.", ein Mann, der sich nicht entscheiden kann und der die Sorglosigkeit genießt, "Mein Gott, stell dich nicht so an." sagt ein Kollege zu ihm, auch ein Computerfachmann, Klammer, Semikolon, sechs Wochen Krankschreibung = sechs Wochen Urlaub, verwöhnt von zwei weiblichen Wesen und zu Hause die freie Zeit genießen. Wo bei Thome sonst die Frauen eher das starke oder stärkere Geschlecht sind, sind es hier als Dienerinnen oder Helferinnen eher die schwächeren Vertreter im Geschlechterkrieg, sie sind nicht traurig über die Trennung, das zumindest, er aber auch nicht, sie bauen etwas auf, geschäftlich, das macht er in seiner Freizeit, sie stehen mit dem Babywunsch alleine und sie teilen sich einen Mann, aber eben nur zum Bedienen von diesem, keine Sexualität hier; das mit dem Mikroskop kommt übrigens erst im letzten Drittel zum Vorschein, das war bei anderen Filmen früher, die Erklärung des Titels, hier in einem Geschäft entdeckt, allerdings ist der ganze Film mikroskopisch, makroskopisch, kaleidoskopisch, ein stolzer Preis wird dafür verlangt, ein gebrauchtes Produkt, eine Grenzüberschreitung, ein Zeigen des Unsichtbaren, die Bausteine des Lebens, ein Widerspruch zu Rudolf Steiner, dafür ein Vergleich mit dem Computerprogrammieren des Hauptdarstellers, das Zeigen und Schaffen von etwas Neuem, ein gedankliches Kreisen auch, vom Drehbuch zum Film, ein zusätzliches Kreieren.








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