Review

Ein Film, vor dem man jeden warnen muss. Total verkopft und sterbenslangweilig. Die Geschichte ist bestenfalls unfreiwillig komisch.
Die Dialoge sind unnatürlich und statisch, alles ist leblos inszeniert und zur Krönung des Ganzen hat sich Regisseur Lars von Trier noch nicht einmal die Mühe gemacht, das Ganze visuell anspruchsvoll umzusetzen. Stattdessen präsentiert er dem Zuschauer eine fast leere Theaterbühne, auf der man sich das Fehlende vorstellen soll. Kino als magischen Ort? Nein, do it yourself.

Der Regisseur nennt das "reduktionistisches Kino" und glaubt das hätte den Vorteil, dass man sich auf das Wesentliche konzentrieren könnte (etwa die dämliche Geschichte?). Auf dieselbe Art und Weise hat er schon den Vorgänger Film „Dogville“ verbockt, für den er 2003 noch Nicole Kidman verpflichten konnte.
Die Rückmeldung des Publikums war natürlich verheerend, aber zur Überraschung von Kidman hat der Film dann noch nicht mal einen europäischen Kritikerpreis bekommen (merke – nicht alles was langweilig ist bekommt automatisch Filmpreise). Also stieg der Publikumsmagnet aus und ... naja jetzt wird es seltsam ... trotzdem wurde der zweite Teil des als Trilogie geplanten Amerikabildes fertig gestellt (wieso hat das jemand produzieren?).

Jedenfalls hätte man Lars von Trier noch – mit viel gutem Willen – für „Dogville“ loben können, weil er tatsächlich seine Vision einer stark reduzierten Ausstattung auf die Bühne – äh nein Leinwand – gebracht hat. Wie gesagt, für die Radikalität des Entwurfs hätte er etwas Anerkennung verdient, unabhängig vom Resultat.
Denn das ist natürlich auch bei Dogville eine Katastrophe.

Aber bei Manderlay sieht man jetzt die ganze Scheiße noch einmal – ohne das irgendetwas besser geworden ist. Und natürlich fragt man sich jetzt (insbesondere nach dem Dogville-Flop) warum man denn schon wieder auf alles verzichten hat, was Kino schön macht?
Warum dürfen die Möbel nicht stilvoll sein? Oder die Kleider sexy? Warum darf es keinen Sonnenaufgang vor einem herrschaftlichen Gut geben? Warum dürfen keine Blumen den Garten zieren? Warum darf der Zuschauer keinen Spaß oder Freude empfinden?

Angeblich lenkt das alles nur von der Geschichte ab – aber kann man dann nicht einfach ein Hörspiel machen?

Eine andere Frage ist, ob Details dazu verleiten von einer Geschichte abzulenken oder ob sie ihr die besondere Würze geben.
Aber wie auch immer man das beantworten mag. Eine Tatsache ist, das die dargebotene (so stark betonte) Geschichte weder revolutionär noch originell ist.

Es gibt keine unerwarteten Wendungen, keine kompliziertem Bedingungen, keine nie gesehenen Verwicklungen? Stattdessen sieht man hauptsächlich Grace (Bryce Dallas Howard als Kidman-Ersatz), die von Beruf Gangstertochter ist. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hält sie im Süden der US-Staaten an einer alten Baumwollplantage namens Manderlay an.
Dort werden die Schwarzen noch immer wie Sklaven gehalten, obwohl das bereits seit 70 Jahren offiziell verboten ist. Darüber ärgert sich Grace sehr und will ab sofort ein Gutmensch sein. Sie entschließt sich, die Schwarzen zu befreien und in die Demokratie zu führen. Allerdings erhält sie keine Unterstützung oder Dankbarkeit von den ehemaligen Sklaven, die sie als Fremdkörper betrachten. Deshalb beschließt sie die Schwarzen, mit immer härteren Maßnahmen, zu ihrem Freiheitsglück zu zwingen.
Klingt wie eine linke Seifenoper. Ist aber noch viel schlechter.

Am schlimmsten ist, dass alles so extrem konstruiert wirkt. Obwohl Menschen die Figuren spielen, könnten es genauso gut Sprechroboter sein. Gefühle oder individuelle Interaktion gibt es gar nicht. In jeder Szene sieht man immer nur einen Hauptakteur – in den meisten Fällen ist das Grace – und alle anderen Menschen im Hintergrund tun gar nichts.

Das wird so weit geführt, dass man glauben soll, die Gangster von Grace (die übrigens nur Gangster sind und keine Interessen oder Persönlichkeit haben) leben drei Monate lang im Stall, ohne dass sie dort irgendetwas tun.
Furchtbar aufgesetzt wirkt außerdem der unsichtbare Erzähler, der für jede Situation nur eine Bedeutung zulässt, die er dem unmündigen Zuschauer dann ausführlich erklärt.

Im Prinzip ist das genauso schlecht wie die vor 50 Jahren geschriebenen dialektisch-materialistischen Theaterstücke von Bert Brecht. Die sind genauso langweilig, haben keine überraschende Entwicklung, sind mit künstlicher Sprache zugemüllt und am Ende per ideologisch linken Ausgang vorherbestimmt.
Heute werden diese Stücke zu Recht nicht mehr gespielt – aber bei Manderlay hat man den Eindruck, dass es die sozialistische Propaganda plötzlich bis ins Kino geschafft hat.

Leid tun einem da vor allem die Darsteller, denn im Prinzip hätte man für diese Zumutung auch Schauspieler der dritten Garnitur verpflichten können. Schließlich wird auf jegliches unterschwellige Gefühl verzichtet und kein Wert auf Details gelegt. Doch die Darsteller, die hier mit verwackelter Kamera und häufig falsch eingestellter Schärfe, eingefangen wurden sind gar nicht so schlecht. William Dafoe, Lauren Bacall und auch Bryce Dallas sind gut – aber das ist hier gnadenlos verschenkt und rettet nichts.

Denn mehr als in fast allen anderen Filmen, stinkt dieser Fisch vom Kopf und der heißt Lars von Trier. In Cannes kann der sich ja hervorragend als Exzentriker präsentieren, in dem er die gesamte Strecke von Dänemark bis an die Cote im Wohnwagen zurücklegt – angeblich nicht für die Publicity, sondern aus Flugangst – aber seine Filme macht das nicht besser.

In positiver Hinsicht könnte man allerhöchstens versuchen ihn mit den Literaten der 70er Jahre zu vergleichen („Neue Subjektivität“ der berühmteste Vertreter ist wohl Peter Handke geblieben), die irgendwann auch keinen Roman mehr schreiben wollten, sondern alles nur noch Versuch über etwas nannten.
Aber auch dieser Vergleich hinkt, denn diese Autoren betrieben eine - zwar nervtötende – aber wenigstens ernstgemeinte Innenschau.
Bei Manderlay sieht man nichts davon. Zusammengefasst ist der Film ein bewusster Verzicht auf die Mittel des Kinos um damit eine herkömmliche langweilig-dialektische Geschichte zu erzählen – das ist weder interessant noch faszinierend – zumal die Geschichte konstruiert wie eine drittklassige Seifenoper wirkt und auch die schlimmsten Fehler einer Seifenoper (unglaubwürdige Figuren und alberne Verwicklungen) reproduziert.
Am schlimmsten ist, dass die Figuren überhaupt nicht ernst genommen werden und sich auch nicht individuell entwickeln, sondern immer nur so wie das Skript vorgibt. Es gibt keine Abhängigkeiten, keine Beziehungen, keine Gefühle, keine Überraschung, keine ...

Es gibt eigentlich keinen Grund sich diesen Film bis zum Ende anzusehen.

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