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Neun so unterschiedliche wie einander unbekannte Menschen erwachen in einem hermetisch abgeriegelten Haus. Sie können sich frei bewegen, werden regelmäßig mit Nahrung versorgt, doch eine Stimme via Lautsprecher erklärt ihnen, dass nur einer von ihnen überleben wird und einen hohen Gewinn mit nach Hause nehmen darf. Angst und Misstrauen greifen um sich und lassen die angespannte Situation immer mehr eskalieren.

"House of Nine" ist ein vergleichsweise günstig gedrehter Thriller, der ein lange Zeit beliebtes Motiv im Horror- und Mystery-Genre aufgreift: die Entführung in eine abgeriegelte Umgebung, aus der es scheinbar kein Entkommen gibt. Er atmet ganz deutlich den Geist von Vorbildern wie "Cube" oder "Saw", ohne deren inszenatorische Klasse zu erreichen. Zu abgedroschen bleiben viele Dialoge, zu schwach bleiben die Schauspielerleistungen die meiste Zeit über und zu lose endet die Handlung, ohne einen tiefer gehenden Kontext aufzubauen. So wird eine anfängliche Andeutung, die Agierenden könnten in irgendeiner Weise in Verbindung zueinander stehen, nicht weiter verfolgt. Die Story bleibt schlicht und geradlinig - aber vielleicht ist das schon wieder eine Stärke dieses Films.

Denn was ihn dann doch von seinen Vorbildern abhebt und ihm eine eigenständige Note verleiht, ist die Konzentration auf eine grundlegende Fragestellung: Wie verhalten sich Menschen in Extremsituationen? Wo "Cube" dieses Gedankenspiel zwar auch betrieb, zugunsten seiner surrealen Ausstattung jedoch auf Dauer vernachlässigte, und bei "Saw" am Ende eher Gewaltexzesse im Mittelpunkt standen, untersucht "House of Nine" tatsächlich vorrangig die psychische Komponente des Ausgangsmoments.

Und das durchaus mit Erfolg. Trotz nur durchschnittlicher Darsteller überzeugt das Verhalten der Figuren durchgehend. Emotionale Anspannung, Gereiztheit und Angst führen zusammen mit Vorurteilen und Misstrauen zu immer drastischeren Auseinandersetzungen. Langsam und schleichend eskalieren die Konflikte zwischen den Figuren, Neid und Egoismus bei der Verteilung des Essens bis hin zu unterschwelliger sexueller Anspannung lassen eine immer dichtere Atmosphäre der Bedrohung entstehen. Glücklicherweise hält der Film diesen Kurs durchgehend bei. Statt auf Gewaltexzesse zu setzen, zeigt er die realistischen Bemühungen der Eingeschlossenen, einen Ausweg zu finden, vermittelt ihre Hoffnungen und Verzweiflung, und erzeugt so auf authentische Weise einen enormen Spannungssog.

Wenn dann im letzten Drittel die Gewalt doch noch ausbricht, geschieht das mit einer zwingenden inneren Logik der Geschichte und der psychischen Situationen der Figuren. Die blutigen Effekte sind drastisch, stehen aber niemals im Vordergrund. Die letzten 20 Minuten schließlich sind ein Musterbeispiel an schweißtreibender Hochspannung. Zu dieser gelungenen Dramaturgie trägt nicht nur die vielschichtige Ausarbeitung der Figuren bei, sondern auch die gegen den Strich gebürstete Besetzung: So gibt der einzige namhafte Star, Dennis Hopper, sonst oft auf Psychopathenrollen festgelegt, hier einen bis zur Naivität gutgläubigen Priester, dessen geradezu kindhafte Unschuld ihn zur tragischsten Figur werden lässt.

"House of Nine" ist ein garstiger, kleiner, hochspannender B-Thriller, der nicht unbedingt originell ist, dafür aber eine dichte, unterkühlte Atmosphäre (auch durch das monochrome, von glänzendem Marmor und Metall dominierte Setting des Hauses), intensive psychische Reibereien und gelungene Parallelmontagen zu einem fesselnden Survival-Reißer verbindet. Und der mit einer bitterbösen Schlusspointe dem ganzen die Krone aufsetzt.

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