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Mehr Ecuador geht nicht

„Ratas, Ratones, Rateros“ handelt von zwei Schmalspurganoven im Herzen Ecuadors, die versuchen ein gestohlenes Auto zu verscherbeln, dann jedoch von ihren alten Dämonen eingeholt werden... Oft als DER Film aus dem Land der gebratenen Meerschweinchen und beeindruckenden Anden genannt, hat mich „Kleine Ratten“ etwas enttäuscht. Nicht dass ich etwa den nächsten „Trainspotting“ erwartet hatte, mit dem er nicht selten verglichen wird, man darf ausserdem nicht sein Budget, Entstehungsjahr und -land vergessen, doch etwas mehr, hatte ich mir schon erhofft. Seine größte Stärke ist eindeutig die Authentizität, sein Realismus und sein Gespür für die Straßen Ecuadors. Mehr gasse, mehr ghetto, mehr dieses Land kann man kaum sein. Kein Wunder, dass alle Ecuadorianer stolz auf dieses Werk sind. Die Atmosphäre stimmt, die Darsteller wirken sehr echt und die Stimmung im Land und in den unteren Schichten wird glaubhaft eingefangen. Das sieht man nicht alle Tage. Und der Soundtrack hat seine Momente. Exotisch, nicht immer passend, aber er bleibt im Ohr. Das waren die positiven Dinge.

Eher enttäuscht war ich von der Geschichte an sich, die wenig Drive geschweige denn Action oder gar Spannung besitzt. Zudem wirkt keine der Figuren annähernd sympathisch und viel Dramatisches passiert nicht. Viel eher badet die Geschichte in ihrem eigenen Saft, realistisch aber uninteressant. Es sei denn man ist Ecuador-Forscher oder hartnäckiger Fan des bettelarmen Landes. Ansonsten spielt sich äußerlich wenig ab. Innerlich entwickeln sich ein paar der Figuren weiter und der raue Look passt zu den Favelas und Vulkanen des Landes. Doch für über 100 Minuten tut sich schockierend wenig und es ist manchmal echt schwer am Ball zu bleiben. Alles wirkt mindestens genauso amateurhaft wie authentisch, was Vor- und Nachteile hat. Man wird das Gefühl nicht los, es eher mit einer Aufwärmübung für größere Würfe zu tun zu haben. Nicht nur für alle Beteiligten, sondern das komplette Land. Doch solche mutigen Startschüsse und Grundsteine braucht es und mittlerweile gibt es ja auch aus Südamerika etliche hochwertige cineastische Perlen. Das hier ist eher noch ein Rohdiamant. Wenn es hoch kommt. Mit Sympathiepunkten und Aussenseiterbonus für sein ungewöhnliches, spezielles Vaterland.

Fazit: Rattos Locos!? Ein kleiner Schritt für den Gangsterfilm, ein großer Schritt für Ecuador. Weder ein zweiter „City of God“ noch ein neuer „Trainspotting“, doch für das südamerikanische Land unersetzlich. Kleinkriminelle, Drogen, Waffen und Wagen - am Ende ein guter Versuch und eine massive Weiterentwicklung für damalige ecuadorianische Filmverhältnisse, doch an internationalen Maßstäben gemessen und seinen Einfluss aufs Land mal außen vor, kein wirklich guter, durchgehend spannender Film... 

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