Ein Tierfilm nur am Rande
Treadwell war ein gescheiterter "All-American-Boy", dem es, trotz einigen Ehrgeizes und Talentes, nie gelang, seinen ersehnten Platz in der gesellschaftlichen Elite zu erklimmen; ein in manischer (etwas richtungsloser) Betriebsamkeit, sichtbarer Verzweiflung und eitlen Posen sich aufzehrender Charakter.
Herzog ist es gelungen, die Tragödie von Treadwells Leben und Sterben greifbar zu machen. Herzog verurteilt nicht, untermauert aber auch mit "Grizzly Man" seinen Standpunkt, den er schon in viel früheren Arbeiten darlegte: Natur ist Chaos, grausam und kennt keinen Gerechtigkeitssinn. Herzog äußert sein Unverständnis gegenüber Treadwells Tun und geht auf Distanz zu seinem Protagonisten, es ist aber auch offensichtlich, wie sehr ihm die scheußlichen Tode von Treadwell und dessen Freundin an die Nieren gehen.
Treadwell irrte fatal in seiner Hoffnung, die Tiere würden irgendwann seine Emphatie honorieren und ihn als einen der ihren unter sich aufnehmen. Dass er zerrissen werden könnte, von den Objekten seiner Zuneigung, war ihm freilich auch stets bewusst; Treadwell war nicht bar jeden Realitätssinns, was in den dokumentarischen Aufnahmen immer wieder durchschimmert.
Todessehnsucht hatte wohl auch ihren Anteil an seinem leichtsinnigen Tun.
Ein Tierfilm ist es nur am Rande.