"Wir sind nicht auf einer Wellenlänge."
Das erkennt der Gymnasiast Reda und meint damit sich und seinen Vater. Eine Familie, 2 Welten. Nachdem Redas Bruder betrunken über eine rote Ampel gefahren ist und seinen Führerschein abtreten musste, fällt die Wahl des Vaters auf Reda, der ihn nach Mekka bringen soll. Denn es gehört zur Pflicht eines jeden Muslimen, einmal in seinem Leben dorthin zu pilgern. Vater und Sohn reisen mit dem Auto, denn es sei immerhin besser, mit dem Auto als mit dem Schiff oder dem Flugzeug nach Mekka zu gelangen. Reda und seine Familie leben in Frankreich. Also machen sie sich auf eine große Reise, die Vieles zum Vorschein bringen, aber auch Vieles ändern wird.
Reda hat es nicht so mit diesen muslimischen Bräuchen. Seine Familie lebt seit 30 Jahren in Frankreich, Reda ist also dort geboren und wuchs somit auch unter ganz anderen Vorsätzen auf. Daher kommt es ihm alles andere als gelegen und entgegen, als ihn sein Vater bittet, mit ihm nach Mekka zu fahren. Seine Freundin Lisa sieht er somit länger nicht und die Chancen, sein Abitur, wo er schon einmal scheiterte, zu bestehen, sinken auch. Doch das ist dem Vater egal und pocht auf die Unterstützung seines Sohnes. 10000 Kilometer Autofahrt liegen vor den Beiden. Da bleibt genügend Zeit, sich ein wenig besser kennenzulernen. Dennoch werden nicht viele Worte gewechselt, Vater (dessen Namen übrigens im ganzen Film nicht erwähnt wird und der somit namenlos ist) und Sohn schweigen sich größtenteils gegenseitig an. Und selbst wenn sie mal reden, wird nicht viel Nettes oder Positives gesprochen. Sei es, weil der Vater Redas Handy weggeschmissen hat, da dieser mit seinen Gedanken nicht bei der richtigen Sache gewesen ist oder sei es, weil ihnen das Geld und somit auch weitere Möglichkeiten für eine hindernisfreie Weiterreise gestohlen wurde.
"Aufgepeppt" wird die Story von ein paar recht mysteriösen oder ausgeflippten Personen, die die Beiden als Anhalter mitnehmen. Da wäre eine mehr als wortkarge alte Frau, die sich einfach auf den Rücksitz begibt, als sie diese eigentlich nur nach dem Weg fragen möchte. Und da wäre der nette Mustapha, der ihnen beim Zoll hilft und dann verdächtigt wird, ihnen das Geld gestohlen zu haben. Auch da sind sich Reda und sein Vater nicht einig. Bei der alten Frau ist es der Sohn, der sich ihr so schnell wie möglich wieder entledigen möchte und bei Mustapha ist der Vater ziemlich skeptisch, wohingegen Reda sich mit ihm auf Sauftour begibt.
Es ist also nicht eine Art Kammerspiel, nach dem es vordergründig aussieht, wenn man sich die Story durchliest. Wenn man Reda und seinen Vater nicht mal schweigend oder streitend auf dem Bildschirm sieht, bekommt der Zuschauer teilweise wunderschöne Bilder von den verschiedenen Ländern serviert, durch die die Beiden reisen. Frankreich, Italien, Kroatien, Bulgarien, Türkei, Saudi-Arabien und so weiter. Doch es bleibt nicht alles so kalt und distanziert zwischen den Protagonisten, es entwickelt sich zwar auch keine richtige Männerfreundschaft, doch mit jedem Kilometer, den sie mehr zurücklegen, kommen sie sich einen Nanometer näher. Wenn man so will. Nicht unbedingt sofort sichtbar, aber doch wahrnehmbar. Sie zicken sich nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit an, sie gehen aufeinander ein, interessieren sich für die Probleme und Anliegen des Anderen und so weiter.
Auch als sie dann endlich in Mekka angekommen sind, scheint Reda doch recht angetan zu sein von dem Szenario, dem Riesen-Menschenauflauf und der Nettigkeit eines Jeden dort. Das Ende ist dann gleichsam überraschend wie schockierend, intensiv gespielt und traurig.
Bis zu diesem Ende muss der Zuschauer jedoch die ein oder andere langatmige Sequenz ertragen, das ist nicht immer alles so unterhaltsam, wie es beginnt. Das viele Schweigen und die Tatsache, dass eigentlich so gut wie Nichts passiert, man diese Zwei eigentlich nur bei ihrer Reise begleitet und das ist nicht immer unbedingt unterhaltsam. Muss es ja auch gar nicht sein, wessen Leben ist auch schon jede Sekunde mitreißend und in höchsten Tönen unterhaltend. Doch in einem Film ist es dann schon recht anstrengend, dieses mitanzusehen.
Die Story ist recht nett, die Bilder sehr schön, genauso wie die Musikuntermalung. Die Schauspieler, natürlich liegt das Hauptaugenmerk auf dem Vater und Reda, interpretieren ihre Rollen sehr gut und agieren recht überzeugend. Der Zuschauer ist zwar stets bei der Sache und interessiert sich für diese Protagonisten, doch viel Schweigen und die damit verbundenen, hin und wieder auftauchenden Szenen mit Leerlauf machen den Film nicht zu dem gefühlvollen, melancholischen Teil, das es werden hätte können. Schade.
7/10 Punkte