Spiel mir das Lied vom trostlosen Brot
Edgar Wright, der Regisseur von modernen Comedy- und vor allem Satire-Klassikern wie „Hot Fuzz“ und „Shaun of the Dead“ hat in seinen frühen Zwanzigern direkt nach seinem Kunststudium diesen kostengünstigen Westernlacher gedreht. Mit Freunden, Familie und Kommilitonen, oft übers Wochenende und eher spontan als bis ins Detail geplant, ohne Kohle versteht sich. Wie das eben (eher im Horror verankerte) Legenden a la Raimi, Jackson oder Carpenter vor ihm schon taten, wobei mit „Evil Dead“ oder „Bad Taste“ oder „Dark Star“ ja durchaus respektable, kultige Werke entstehen konnten. Um mal tief zu stapeln. Wrights Cowboyklamauk „A Fistful of Fingers“ spielt zwar nicht annähernd auf deren Niveau - doch für ein paar Lacher, süße Ideen und plumpe Filmzitate reicht's. Und den Eintritt in die TV-Produktion in England Ende der 90er scheinbar auch. Eine ungefährlich-naive Visitenkarte. Von einem klaren Filmfan. Über einen Cowboy ohne Namen und seine ungewöhnliche Rachegeschichte - denn sein geliebtes Pferd „Easy“ wird von einem schnurrbärtigen Revolverhelden getötet!
Der IQ des Manitu
„A Fistful of Fingers“ ist gar nicht so einfach zu bewerten oder gar zu beschreiben. Eigentlich kein allzu toller, sogar ziemlich schiefer Amateurquark mit all den Schwächen und Kopfschütteleien dieser Preisklasse. Das stinkt gegen „richtige“ Filme schon ab. Andererseits muss man gerade dieses Budget, diese Freiheiten, diese Kreativität, diese dollen Dummheiten auch schätzen und einfließen lassen in seinen eher getrübten Eindruck. Bei manchen Witzchen musste ich sogar lachen, doch die Quote ist hier erstaunlich gering. Wright war ganz klar noch ein blutiger Anfänger und man sollte nicht direkt mit „Shaun of the Dead“ vergleichen, bis zu dem noch Jahre der TV-Arbeit und des Lernens vergehen sollten. Vom hundertmal höheren Budget ganz zu schweigen. Und trotz seiner kurzen Laufzeit, seiner Kreativität und augenzwinkernden All-In-Attitüde - irgendwo zwischen Monty Python und Schultheater - hat es ein „A Fistful of Fingers“ auch schwer. Die Handlung existiert nur peripher, alles ist sehr episodisch, bei den Jokes herrscht Quantität über Qualität, die Darsteller sind durch die Bank alle sehr spürbar Laien, die Kostüme könnten aus dem Karnevalswirt bei Köln kommen, die sichtbar englischen Umgebungen und Wälder sind null Amerika oder Western, es gibt den Film soweit ich weiß nicht in HD. Nur die kurzen handgezeichneten Abschnitte samt Intro haben mir ohne Abstriche toll gefallen. Und dass man schon hier ansatzweise Wrights musikalisch-filmischen Rhythmus erkennen kann, den er ja spätestens mit „Baby Driver“ perfektionieren sollte. Gezogen haben sich diese knapp 80 Minuten dennoch wie sau. Und mal ein aktueller Vergleich bei ähnlichem Budget und gar Ton: „Hundreds of Beavers“ dieses Jahr hat mich ähnlich slapsticky und tongue in cheek zehnmal besser unterhalten!
Fazit: bescheidene Anfänge eines modernen Genies… Mit Ruhm und Großartigkeit bekleckert sich ein blutjunger Wright hier zwar noch nicht, etliche Witze laufen ins Leere und die Amateurhaftigkeit kennt kaum Grenzen, doch irgendwie hat diese No-Budget-Westernparodie auch ihren Charme. Und vor allem Wrights späteres „Ohr“ merkt man hier schon enorm!