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DIE ENGE DER WÜSTE

Kaum zu glauben, aber seinerzeit war The Flight of the Phoenix kein sonderlicher Erfolg – bei den Kritikern nicht und beim Publikum ebenso wenig. Dennoch stellt der Film einen Klassiker des Abenteuerkinos dar und einen Vorläufer der Katastrophenfilme der 70er Jahre. Deren Konzept einer zufällig in der Not vereinten Gruppe, die sich auf den Weg der Selbstrettung begibt und unterwegs dezimiert wird, ist hier bereits exemplarisch entwickelt und darüber hinaus künstlerisch ausgelotet.

Im Vergleich, beispielsweise mit The Poseidon Inferno (Die Höllenfahrt der Poseidon, USA 1972, R: Ronald Neame) oder The Towering Inferno (Flammendes Inferno, USA 1974, R: John Guillermin), besticht Robert Aldrichs Film von 1965 durch die Paradoxien seines Settings: die bedrohliche Weite der Wüste ist ein engeres Gefängnis als ein gekentertes Schiff oder ein brennendes Hochhaus. Wohin sollte hier der auf sich selbst zurückgeworfene Mensch fliehen? Die Flucht zu Fuß muss angesichts der kleinen Schritte scheitern.

Doch zunächst zur Exposition des Films, die ein cineastischer Genuss ist. Eine dramatische Musik setzt zu einem Schwarzbild ein, dann eine Aufblende: die sengende Sonne steht hoch am Himmel. Sie wird uns bis zum Ende begleiten, sie ist die große Bedrohung, die Gnadenlosigkeit, der sich die Protagonisten bald ausgesetzt sehen. Mit der Aufblende verweilt die Musik in Dissonanzen, die in das Motorengeräusch eines startenden Flugzeugs übergehen. Ein Schwenk der Kamera fängt es ein und mit Beginn seines Fluges fängt sich die Musik in einem feierlichen Thema, das durchaus an den großen Wüstenfilm erinnert: Lawrence of Arabia (Lawrence von Arabien, USA 1962, R: David Lean). Leans Wüste ist majestätisch, monumental, bis zum Horizont ausgekostet und Liebesobjekt seiner Hauptfigur Lawrence. Aldrichs Wüste ist hingegen einengend, bedrohlich, brutal. Selten wird der Horizont erfasst, es sei denn, das Flugzeug fliegt, wie hier zu Beginn des Films. Meist füllt der Sand der umgebenden Dünen das gesamte Bild, auch in den folgenden Einstellungen, in denen der Flugzeugschatten über die lebensfeindliche Landschaft rast.

Im Inneren des Flugzeugs lernen wir die Charaktere kennen, in ihren Dialogen werden die im Verlauf des Films existenziell wichtig werdenden Relationen zwischen ihnen etabliert. Nur ein Beispiel: der Sergeant folgt bereits hier mit mürrischem Blick dem Befehl seines Vorgesetzten, eine Tasche im Laderaum zu verstauen. Er wirft sie unachtsam ins Heck des Flugzeuges. Hier ist bereits eine grundlegende Erzählstrategie eingeführt, bei der psychologische Dimensionen, etwa Sympathien, Antipathien, Misstrauen oder Gewissen, über die Blicke und Gesten vermittelt werden. Den gesamten Film hindurch beobachten sich die Figuren, um abzuwägen, welche Chancen sie innerhalb dieser Gruppe haben oder ob sich ein Alleingang nicht eher lohnen würde.

Dann gerät das Flugzeug in einen Sandsturm, das rechte Triebwerk fällt aus, die Maschine ist kaum mehr zu steuern. Während der Notlandung versagt auch das zweite Triebwerk und als das Flugzeug sich hilflos nach unten senkt (die Musik beschreibt einen chromatischen Abgang) und der Pilot verzweifelt versucht, es zu halten, erscheinen die Titel: nach rund neun Minuten beginnt nun der eigentliche Film. Die Notlandung, oder vielmehr der Absturz wird immer wieder unterbrochen durch das Einfrieren naher Einstellungen auf die Darsteller, die so mit ihrem eingeblendeten Namen vorgestellt werden. Das erinnert an Sam Peckinpah oder auch Martin Scorsese. Von den 14 Insassen sterben zwei durch die umherfliegende Ladung. Und die Zahl der Überlebenden wird sich im weiteren Verlauf des Films verringern.

Zentral für den Spannungsbogen des Films ist das Verhältnis zwischen dem Deutschen Dorfmann (Hardy Krüger) und Frank Towns, dem Piloten (James Steward). Stellt letzterer den klassischen Flieger dar, der eine romantische Liebe zur Luftfahrt pflegt, tritt mit Dorfmann der moderne Technokrat hervor, der kalt berechnendes Ingenieurswissen über alles stellt. Darin wurden faschistoide Eigenschaften gesehen, nicht ganz zu Unrecht, allerdings sind die Konstellationen bei Aldrichs Figuren nicht so einfach gestrickt und die Lösung des gemeinsamen Problems, in der Wüste hoffnungslos verloren zu sein, liegt in der Annäherung und gegenseitigen Akzeptanz beider Charaktere: der Ingenieur braucht den Piloten und der Pilot den Ingenieur. Es geht nicht um einen moralischen Diskurs über Demokratie und Faschismus, Gut und Böse sind hier nicht so leicht zu bestimmen. Es überwiegt das Dilemma, und erst die gemeinsame Umsetzung von Dorfmanns Plan, aus den Trümmern des abgestürzten Flugzeuges ein neues zu bauen, mit dem sie sich in zivilisierte Sicherheit bringen können, bietet einen Ausweg aus der hoffnungslos gestrandeten Situation inmitten der Wüste.

Aldrich hält die Spannung bis zum Ende aufrecht, ein Kammerspiel zwischenmenschlicher Psychologie, wie es im offenen Raum der weiten Wüste nicht zu erwarten wäre. Dabei ist die Idee des Ingenieurs beinahe so abstrus wie Fitzcarraldos Transport eines Dampfers über einen Berg zwecks Errichtung einer Oper im Dschungel. Nur handelt es sich bei Kinski und Herzog um Luxus – bei Aldrich geht es um todernste Notwendigkeit. Die Kameraeinstellungen, mit denen wir von oben auf das Set blicken, die uns zeigen, wie das geborstene Flugzeug in seine Teile zerlegt wird und ein paar Meter weiter eine unglaubliche Metamorphose erlebt, bewirken dennoch ein ähnliches Gefühl von Großartigkeit. Übrigens ist The Flight of the Phoenix traditionell gesehen ein echter Männerfilm: eine einzige Frau taucht auf, stellt aber lediglich den fatamorganischen Bauchtanztraum eines Mannes dar.

Es mag in diesem Film Darstellungen geben, die uns heute zu theatralisch erscheinen, insbesondere sind George Kennedy und Ernest Borgnine mitunter nicht überzeugend. Dafür bekommen wir aber vorzügliches Schauspiel von James Steward und vor allem Richard Attenborough und Hardy Krüger zu sehen.

Eine traurige Geschichte sei abschließend noch erwähnt. Für die Aufnahmen des fliegenden "Phönix" am Ende des Films wurde Hollywoods versierter Stuntpilot Paul Mantz verpflichtet. Der damals 62-Jährige hatte sich nicht zuletzt einen Namen mit spektakulären Flügen durch Gebäude und unter Brücken hindurch gemacht. Er sollte das Flugzeug mit ausgefahrenem Fahrgestell knapp über dem Boden anfliegen lassen und dann durchstarten, damit die Aufnahme als Start des "Phoenix" eingebaut werden konnte. Beim ersten Take verpasste er die beiden aufgestellten Kameras um einige Meter, so dass ein zweiter Take gefilmt werden sollte. Die Struktur des Flugzeuges war nicht besonders strapazierfähig und als das Fahrgestell einen Erdhügel berührte, brach der Rumpf auseinander. Paul Mantz überlebte den Unfall nicht, sein Copilot erlitt verschiedene Knochenbrüche. Im Nachhinein war allerdings auch von Mantz' Alkoholkonsum die Rede. Der erste Take ist im Film zu sehen. The Flight of the Phoenix ist Paul Mantz gewidmet.

Der Film erhielt Oscarnominierungen für den Ton und den Nebendarsteller Ian Bennan, ging aber letztlich leer aus.

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