Review

Tjo, sonderlich begeistert war ich nicht, als ich von Freunden hörte: „Wir gehen in ‚Antikörper’, willst du mit?“ Vor allem, weil unter anderem ‚Batman Begins’ zur Auswahl stand, hatte ich wenig Lust auf einen deutschen Film. Aber noch weniger Lust, mich allein in einen anderen Film zu setzen.
Der Anfang mit der Festnahme Gabriel Engels (was für ein Name) ist ziemlich actionreich und braucht sich vor aktuellen Hollywood-Filmen nicht zu verstecken. Das der Schauplatz sich danach auf eine Dorfgemeinde verlagert, muss auch nicht negativ sein, vor allem da der Dorfpolizist Michael Martens (sein richtiger Name klingt auch nicht besser) einen der Einwohner verdächtigt, ein Mädchen aus dem Dorf grausam ermordet zu haben.
Während dieser Szenerie hat man dauernd das Gefühl, das man kein Klischee auslassen wollte, auch wenn manche Dinge vielleicht der Realität entsprechen. Vor allem ist da der Hauptverdächtige: ein Bauer, dem Martens ewige Verdächtigungen auf die Nerven gehen und der schließlich bei der Jagd Martens Hund erschießt. Ob aus reiner Boshaftigkeit oder weil ihn Martens nervt, bleibt offen. Kleiner Scherz am Rande: der Hund heißt Schimanski. Das sollte vielleicht ein Seitenhieb auf den bekanntesten „Tatort“-Kommissar sein, aber da „Antikörper“ selbst über große Strecken wie ein Sonntag-Abend-ARD-Film wirkt, kein besonders guter.
Was die Namen der Rollen angeht, gilt dasselbe: es soll originell sein, wenn Serienkiller und Polizist die Namen von Erzengeln tragen (um die Parallele auch jedem Zuschauer klar zu machen, heißt der Killer auch noch „Engel“ mit Nachnamen).
Heinz Hoenig, mit dem der Film groß beworben wird, hat fast schon eine Nebenrolle und darf mal wieder richtig den harten, aber letztendlich gutherzigen Bullen geben, der sich in seiner dienstfreien Zeit gerne im Puff verwöhnen lässt. Man sollte meinen, der Mann könnte wesentlich facettenreicher spielen und hätte einen größeren Wortschatz als in jedem zweiten Satz das Wort „Wichse“ einzubauen.
Wotan Wilke Möring spielt den aufrechten Katholiken, der mit dem „puren Bösen“ konfrontierd wird und seine Welt und alles woran er glaubt, allmählich bröckeln sieht.
Inwiefern das mit der Realität zu tun hat, kann ich nicht beurteilen, ich selber kenne niemanden, der jeden Sonntag in die Kirche geht oder schonmal einen Beichtstuhl von innen gesehen hat (Asche über mein Haupt). Die Wandlung seiner Figur wirkt leider auch etwas sehr klischeebehaftet: aufrechter Mann von Lande, der nie anders als in der Missionarsstellung ehelichen Sex hatte, lernt eine geile Großstadtmieze kennen, die ihn sogleich anbaggert und mit der er nach allen Regeln der Kunst anal und oral die Ehe bricht.
Die lange und sehr ausführliche Sexszene soll zwar seine Wandlung deutlich machen, ebenso der später gezeigte aggressive Sex mit seiner Frau, die anschließend weinend und blutend im Badezimmer sitzt, aber da später in der Beziehung zwischen den Eheleuten kaum eine Veränderung auszumachen ist, verkommen die Sexszenen zum reinen Selbstzweck und haben keinerlei Einfluß auf die eigentlich Handlung des Films. Aber geil gespielt waren sie allemal, vor 30 Jahren hätte es wohl noch Gerüchte gegeben, ob die zwei echten Sex vor der Kamera hatten.
Ebenso sinnfrei sind die zwei blutigeren Szenen mit Tieren, z.B. ein Igel der von dem Killer in Großaufnahme überfahren wird und wohl deutlich machen soll, wie „böse“ der Böse wirklich ist.
Mit der Gottesfürchtigkeit wird es dann am Ende endgültig auf die Spitze getrieben, als Martens seinen eigenen Sohn opfern will, wie einst Abraham Gott seinen Sohn opferte. Unnötig verwirrend für den Zuschauer erfährt Hoenig dann die Wahrheit aus Gabriel Engels Tagebuch und kommt im letzten Moment, um Marten am Mord an seinem Sohn zu hindern. Was die Rehe dabei sollten, ist mir ehrlich gesagt, nicht ganz klar geworden. Hat man die etwa spontan eingebaut, nachdem man „The Ring 2“ gesehen hat?
Alles in allem ist Antikörper kein schlechter Film, aber immer noch eine ganze Ecke entfernt von einem richtig originellem Psychothriller oder von einem seiner Vorbilder „Schweigen der Lämmer“.
Einen halben Pluspunkt gibt’s noch für die originellen Titel: während die Schrift im Bild zu sehen ist, bewegen sich Möhring und sein Hund immer wieder vor und hinter den Buchstaben.
Sauer stößt dagegen die Tagline auf dem Plakat auf (Das Gute ist das Böse daran), die offenbar bei einem bekannten Nudelsuppenhersteller abgekupfert wurde, der vor Jahren mit dem Spruch warb: Das Gute daran ist das Gute darin.

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