„Stark angefangen, schnell wieder nachgelassen, wieder an der Spannungsschraube gedreht und gegen Ende hin endgültig versandet.“
Nach den ersten paar Minuten dachte ich noch, dass „Antikörper“ sogar Mr. Lecter Konkurrenz machen könnte, doch weit gefehlt.
Zu Beginn jagt ein sensationeller Kommentar den nächsten und der Regisseur Christian Alvart serviert ein hübsches Blutbad plus kranken Killer.
Danach beginnt "Antikörper" aber leider etwas öde vor sich hinzudümpeln, fängt sich kurzzeitig wieder und versaut alles mit einem zuckersüßen und unpassenden Happyend.
"Antikörper" beginnt mit einem Polizeieinsatz und der Verhaftung des Killers Gabriel Engel (Andre Hennicke).
Dieser gesteht die Vergewaltigungen und Morde an einem dutzend kleiner Jungen und lässt sich lediglich einen Mord in einer Kleinstadt nicht ankreiden.
Deswegen verlässt der tiefreligiöse Bulle Martens (Wotan Wilke Möhring) sein ruhiges Dorf, ermittelt in der großen Stadt (Berlin) und zerbricht fast an dem Fall.
Es folgen: ein Seitensprung (mit der göttlichen Nina Proll; „Ich will das du mich in den Arsch…“), etliche Rückschläge, einige Verwechslungen, eine Vergiftung, viele Rückblenden und ein schwaches, irrsinnig mies gemachtes Ende.
Eingekreist von (Golum)rehen besinnt sich Martens auf seine Vaterliebe und lässt seinen Sohn leben. (Zuvor wird noch lang und breit auf seinen inneren Konflikt hingewiesen und aus der Bibel zitiert. Na toll!)
Zum Ende hätte ich einige alternative Vorschläge:
1) Er tötet den Sohn Wäre genial, hart und unbarmherzig.
2) Er lässt den Sohn überleben und ist glücklich, als er erfährt, dass er, laut Engels Tagebuch nicht der Mörder ist. Man kommt dann jedoch im Abspann dahinter, dass es doch der Junge war und Engel ihn gedeckt hat. A new Killer is born.
3) Er tötet den Jungen, aber erst als der Helikopter auftaucht und wird vom Oberbullen erschossen.
4) Er schafft es, nach vollbrachter Tat nicht sich umzubringen und wird selbst zur Bestie.
Christian Alvart führt (für seinen ersten großen Film) sehr routiniert Regie und hätte mit ein bisschen mehr Budget, auf jeden Fall noch mehr aus dem Film herausholen können.
Zumindest hätte er mit etwas mehr Geld auf diese miesen digitalen Effekte (und ganz besonders auf diese animierten Rehe. Welcher kranke Geist kommt denn auf so eine Idee?) verzichten können.
Da werden bei mir wieder einmal Erinnerungen an „Vertical Limit“ und „Air Force One“ wach (Obwohl da die Effekte noch um einiges besser sind).
Musik, Farben und Kamera bleiben stets unauffällig.
Andre Hennicke ist ein psychopathischer Killer par excellence und Möhring schlägt sich als religiöser Landbulle ebenfalls ganz wacker.
Heinz Hoenig und Nina Proll runden das Ensemble ab.
Grundsätzliche Fragen die ich mir während und nach dem Film gestellt habe:
1) Was sollten die schrecklichen Digitalrehe?
2) Warum musste man den Film mit einem Happyend versauen?
3) Warum hat Norman Reedus nur so einen kurzen Auftritt?
4) Wie erklärt der Bulle seinen ziemlich harten Seitensprung?
5) Warum taucht die unendlich scharfe Nina Proll nicht mehr auf?
6) Warum treten die markanten Komentare von Engel (vor allem ab dem Mittelteil) immer mehr in den Hintergrund?
Fazit:
Ich habe mir nach den durchwegs positiven Kritiken, die ich immer wieder gelesen habe eindeutig mehr erwartet.
Der Film reicht nicht über Dutzendware hinaus und versinkt mit seinem schwachen Ende in der Bedeutungslosigkeit.
(4 von 10 Bambis auf Speed)