Review

Um den guten ManCity zu beruhigen, möchte ich betonen, dass es Leute gibt, die den Film „Die große Orgie“ schon seit einiger Zeit in ihrem Besitz haben. Nach der gestrigen Rezension konnte ich mich endlich dazu überwinden einen Blick zu riskieren und wurde nicht enttäuscht.

Nuditäten, surreale und groteske Szenerien konstituieren die Grundelemente der visuellen Ebene in „Die Große Orgie“. Die begleitende Tonspur beinhaltet bekanntes Liedgut in deutscher, französischer und italienischer Sprache und befindet sich im perfekten Einklang mit dem Gezeigten. Dadurch entwickelt der Film eine Vielzahl an interessanten, verstörenden und ästhetischen Bildern, die glücklicherweise niemals in die Geschmacklosigkeit abdriften, obwohl der deutsche Verleih-Titel „Die große Orgie“ eher gegenteilige, unschöne Assoziationen weckt.

Auf den Inhalt des Films möchte ich an dieser Stelle weniger eingehen, da gestern genügend über die Hintergründe berichtet worden ist. Durchaus lassen sich einzelne Parallelen zu Pasolinis Film „120 Tage von Sodom“ nachvollziehen. Auch in „Die große Orgie“ geht es um eine begrenzte Gruppe an Personen, die auf einem von der Außenwelt abgekapselten Landanwesen sexuelle Lüste, frivoles Verhalten und einen Hang zum Nudismus ausleben. Im Gegensatz zu Pasolinis Werk handelt es sich bei diesem Film jedoch keineswegs um eine Kritik am Zerstörungspotenzial einer dekadent-faschistoiden Ordnung. Das Fehlen von sämtlichen Folterszenen untermauert diese Annahme.

Ich habe den Film mehr als eine Auflehnung gegen autoritäre Strukturen verstanden, da uniformierte Personen wiederholt gedemütigt und veralbert werden. Dies geschieht in sehr fremdartig anmutenden Szenen, in denen einem Kommandanten beispielsweise die Kleider -von einer Horde nackter Menschen- vom Leibe gerissen werden. Anschließend wird er in einen Dreckhaufen geworfen und eine junge Frau beugt sich über sein Hinterteil…

Letztendlich beschreibe ich „Die große Orgie“ mal als eine Kombination aus „Salò“ von Pasolini, „L´Urlo“ von Tinto Brass und ein wenig Walerian Borowczyk. Damit brauche ich auch nicht zu betonen, dass Mainstreamer sich nicht auf die Suche nach diesem Film begeben sollten.

An dieses „Chef-D´ Oeuvre“ werde ich mich sicherlich noch sehr lange erinnern.

9/10

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