Schon zu Beginn der 1990er erschien ein „Twilight“-Film. Der ging allerdings nicht „Bis(s) zum Morgengrauen“ und hatte nichts mit Glitzervampiren am Hut, sondern hieß im Original „Servants of Twilight“, nach der gleichnamigen Bestseller-Romanvorlage von Dean Koontz.
Im Gegensatz zu Kollege und Rivale Stephen King wurden bei den Adaptionen von Koontz allerdings meist eher kleine Brötchen gebacken, so auch hier. „Twilight“ ist ein TV-Film, für den das Drehbuch von Regisseur Jeffrey Obrow und Stephen Carpenter den Roman teilweise abändert, unter anderem durch eine neue Rahmenhandlung. Diese spielt in einer Nervenheilanstalt, in die Privatdetektiv Charlie Harrison (Bruce Greenwood) eingeliefert. Dieser hat traumatische Flashbacks in abgehackten Slow-Motion-Einstellungen und einen wilden Rauschebart, was seinen Geisteszustand schnell klarmacht. Im Gespräch mit dem Arzt Dr. Denton Boothe (Jack Kehoe) von den vergangenen Ereignissen berichtet.
Die kommen in Gang, als die alleinerziehende Christine Scavello (Belinda Bauer) und ihr Sohn Joey (Jarrett Lennon) von Grace Spivey (Grace Zabrieski) angesprochen wird, die Joey offensichtlich für eine dämonische Wesenheit hält. Dass Grace anscheinend nicht nur wirres Zeug redet, sondern dem Gesabbel auch noch Taten folgen lässt, offenbart sich, als die Scavellos ihren Familienhund mit abgesäbeltem Kopf auf der Veranda vorfinden (offscreen, weil TV-Film). Also suchen sie Schutz bei Charlie, hier noch gut rasiert, der ihnen seine Dienste anbietet. Aufgrund seiner Attraktion zu Christine kehrt Charlie sogar wieder in den aktiven Dienst zurück, aus dem er sich nach einem folgenschweren Ereignis zurückgezogen hatte.
Dummerweise ist Grace keine einsame Irre, sondern Anführerin eines Kultes, der sich Church of Twilight nennt. Da Grace überzeugt ist, dass es sich bei Joey um den Antichristen in jungen Jahren handelt, greifen diese die Scavellos und ihre Beschützer bald mit Gewalt an…
Die Plotte um die Schutzbefohlenen und den mörderischen Kult erinnert an „Die City Cobra“, hier allerdings nicht als Actionspektakel, sondern als Okkultthriller mit Horror-Vibes. So besteht die große Frage natürlich darin, ob es sich bei Joey vielleicht tatsächlich um einen Satansbraten handelt oder die Kultisten einfach nur mörderische Irre sind. Ansonsten ist allenfalls offen, woher die Schurken ständig wissen, wo Christine und Joey sind, ob es tatsächlich an Grace‘ hellseherischen Fähigkeiten oder weltlichen Gründen liegt. Die eigentliche Handlung folgt dann an einem Schema, das sich wiederholt: Charlie, Christine und Joey suchen irgendwo Schutz, werden von den Kultisten aufgespürt, müssen sich verteidigen und fliehen dann zum nächsten Ort, wo das Spielchen von vorne losgeht. Dabei gehen auch mal Helfer und Handlanger auf beiden Seiten drauf, während die wichtigen Charaktere natürlich frühestens im Showdown abtreten dürfen.
Die Mittel bei der Umsetzung waren begrenzt, auch für TV-Verhältnisse, wenn man das Ganze beispielsweise mit der ein Jahr zuvor entstandenen Fernseh-Adaption von Stephen Kings „Es“ vergleicht. Die Bekämpfung der Sektierer mit Faust und Flinte sorgt immer mal wieder für Action, die aber nicht mehr als solide Hausmannskost ist, Effekte gibt es nur hin und wieder zu sehen. Dafür macht der Film ordentlich Tempo, wenn auch auf formelhafte Art. Anklänge bei „Das Omen“ sind in der Storykonstruktion zu finden, auch wenn „Twilight“ das Schema auf den Kopf stellt: Hier ist eben nicht klar, ob Joey wirklich die Wiedergeburt des Leibhaftigen ist, die Toten gehen auch nicht auf seine Kappe, sondern auf das Konto der Sektierer, die sich auch mal als Passanten tarnen, was für ein wenig Paranoiastimmung sorgt.
Sowieso hat „Twilight“ seine Stärken eher auf der Ebene der Inszenierung als auf der Ebene der Handlung. Obrow gelingen einige stimmige Bilder und eine phasenweise dichte Atmosphäre, etwa wenn die Figuren in einer Waldhütte erkennen müssen, dass die Kultisten näher sind als gedacht, oder als ein versuchter Wagenwechsel auf der Flucht aus dem Ruder läuft. Der Schlussakt bringt nicht nur die Auflösung der offenen Fragen, sondern einige ganz besonders einprägsame Momente, etwa eine nächtliche Ausgrabung auf einem Friedhof oder eine stimmig bebilderte Schlusspointe. Nicht alles gelingt Obrow inszenatorisch, die erste große Attacke der Sektierer ist was zu düster und zu unübersichtlich gemacht, doch insgesamt kann „Twilight“ hier überzeugen.
Auch von Bruce Greenwood in der Hauptrolle profitiert der Film, der seinen Privatdetektiv gelungen zwischen genretypischer Toughness und Verletzlichkeit anlegt, der sowohl als tatkräftiger Held auch als auch als Mensch, der von den Ereignissen erschüttert wird, überzeugt. Eine ähnliche Ambivalenz kann auch Jarrett Lennon spielen, denn man kauft ihm sowohl ab, dass Joey der Teufel in Verkleidung als auch ein ganz normaler, zunehmend traumatisierter Junge sein könnte. In größeren Rollen sind Belinda Bauer, Jack Kehoe und Richard Bradford okayer Support, zu Hochform läuft allerdings Grace Zabrieski auf, welche die Antagonistin als geifernde Fanatikerin anlegt, die keinen Widerspruch dudelt und selbst mit Worten Unwohlsein erzeugen kann. An ihrer Seite sieht man den großgewachsenen Carel Struycken, den Lurch aus den „Addams Family“-Kinofilmen, als ihre rechte Hand, der allein durch seine Statur und seine Präsenz Eindruck macht.
Inszenierung und Besetzung von „Twilight“ machen sicherlich das Beste aus den überschaubaren Mitteln, das Script hingegen hat außer der großen Antichrist-Ja/Nein-Frage wenig zu bieten. Die Handlung ist ein simpler Okkultthriller, dessen Muster sich wiederholt, der aber durch die atmosphärische Inszenierung, die Reputation von Vorlagen-Autor Koontz und das Teufelsthema auch Anteile des Horrorgenres besitzt.