Liebe Gemeinde des schlechten Filmgeschmackes,
Zwar wird diese Rezension keine biblischen Ausmaße annehmen, aber ich werde wohl kaum herum kommen den ein oder anderen Bezug zur Bibel, respektive des alten oder neuen Testamentes, herzustellen. Denn allein der Titel dieses Independent-Filmes namens “Gory Gory Hallelujah” ist mehr als eine offensichtliche Parallele. Bevor ich mich weiter auslasse, eine kleine Randbemerkung: der Film beinhaltet zwar am Ende Zombies (immerhin stehen beim “jüngsten Gericht” auch die Toten auf), doch in ein Blutbad artet der Film doch nicht aus. Das Ende erinnert eher an eine krude Adaption von “The Rocky Horror Picture Show” - doch dazu später mehr.
Entschuldigt bitte wenn heute alles etwas konfus und wild erscheint, doch der Film gibt einem keine andere Möglichkeit seine Gedanken sortiert zu “Papier” zu bringen. Dazu war er einfach zu abgefahren, zu wild die unterschiedlichen Genres gemischt - besser hätte es “Troma” auch nicht hinbekommen, der kleine Independentfilm hätte es jedenfalls verdient bei “Troma” vertrieben zu werden. Das Zielpublikum dürfte das gleiche sein. Obwohl “Troma” hier nicht Hommage gezollt wird, einem Mann der ähnlichen Geschmack bediente - nämlich H.G. Lewis - wird hier in Form eines “Blood Feast” Posters Tribut gezollt.
Dieses hängt im Fenster eines Theaters wo ein großes Vorsprechen stattfindet: zum “größten Stück das jemals geschrieben wurde”. Na, fallen die Groschen? Es handelt sich hier um ein (namenloses) Musical um Jesus Christus, dessen Hauptrolle noch nicht besetzt ist und um dessen Rolle sich vier illustre Gestalten bewerben: da wären zum einen ein schwarzer Revolutionär, ein bi-sexueller Hippie, ein aufrechter Jude und eine feministische Frau. Natürlich bekommt keiner von ihnen die Rolle und gemeinsam machen sie sich per Motorrad auf nach New York um dort für die Neubesetzung von “Jesus Christus Superstar” vorzusprechen! Na? Schon ein leichtes Grinsen auf den Lippen? Es kommt noch besser! Zwischenschnitt: die vier auf Motorrädern, im Hintergrund phosphorierende, psychedelische Farben, dann eine Atombombe(!) - wenn man mag kann man dieses als die “vier apokalyptischen Reiter” deuten und oh ja: diese tritt noch ein!
Ihre Odyssee nach New York wird jedoch durch Schwierigkeiten behindert, während ihres Roadtrips geraten sie an mehr als böse Könige (für nicht bibelfeste: Jesus ist der ursprüngliche und einzige König der Könige), was würde hier besser passen als …. *Trommelwirbel* … ein Haufen von Elvis (the King)(!!!) Nachahmern die dem Juden sein Lieblingshalsband geklaut haben. Nach dem unvermeidlichen Handgemenge und unzählige Meilen später wird ihrer Reise jedoch ein abruptes Ende gesetzt, sie geraten in die Fänge von Bullen und mit ihnen in die Kleinstadt Jackville. Alle Bewohner sind vordergründig überzeugte Christen, jeder von ihnen doch hat sein eigenes dunkles Geheimnis wie die vier Festgehaltenen doch bald kennen lernen müssen, werden sie jedoch getrennt in privaten Räumen untergebracht. Die Feministin gerät an eine schwarzmagisch Hexe, der Jude in einen Puff, der Farbige kommt in die Hütte des machtgierigen Pastors - nur der Jude … der kommt zu dem schwarzen Einsiedler, der zwar mehr als “eine Leiche im Keller hat”, doch mit der normalste im Ort zu sein scheint!
So mehr will ich nicht über die eigentliche Story schreiben, ich kann jedoch sagen das dies nur die Spitze des Eisberges ist was noch alles passiert - ich würde mich gerne noch mehr auskotzen, finde aber das ein jeder der Gefallen an solch wilden Cocktails hat ihn sich anschauen sollte. Trotzdem muss ich noch ein paar Zeilen zum Drumherum schreiben: die Geschichte entwickelt noch dermaßen Ausmaße, ist so gefüllt mit schrillen Figuren das es eine Freude ist dem Treiben zuzusehen. Allen voran die vier Jesus-Darsteller machen ihre Sache sehr gut und sind allesamt sympathische Hauptdarsteller. Natürlich ist ein jeder ein wenig durchgeknallt, hat so seine Eigenarten die hervorragend herausgearbeitet und dargestellt sind. Aber auch die restlichen Bewohner des Kaffs sind mit solchem Spaß und herrlichem Overacting dabei das man trotz der unbekannten Darsteller sichtlich Freude an den “Leistungen” derer hat.
Passend dazu sind die Dekors und Ausstattungen quietschbunt und bonbonfarben gestaltet, alles schreit geradezu sich vor Filmgenuss den ein oder anderen Zauberpilz zu geben. Aber auch ohne ist man nach dem Film wie “weggeschossen”; manch illustre (Traum)Szene wirkt wie ein abgefahrener Trip. So z.B. als Sky träumt er würde wie Jesus Leprakranke heilen - nur das diese sich danach in bildschöne Menschen verwandeln und ausgelassen, gar euphorisch tanzen; oder aber die anfängliche Szene wo die vier auf ihren Motorrädern fahren, hinter ihnen der Atompilz am Himmel. Auch das Ende - ich greife mal ein wenig vor - kommt extrem verrückt herüber.
Die Apokalypse ist da, die Toten erheben sich aus ihren Gräbern, greifen die Lebenden an. Die Zombiemasken fügen sich dem Gesamtbild ein, sind aber noch recht ordentlich geraten. Und trotz des “Gory Gory” im Titel gibt es keinen wirklichen Splatter, meist nagen die Untoten auf Prothesen aus dem Faschingsverleih herum, wirklich heftig wird es nicht. Wenn die Zombies nachher eh am tanzen sind ist eh alles vorbei - “echte” Horroratmosphäre gibt es wirklich nur einmal auf der Fährüberfahrt mit dem verdeckten Bootslenker. Ansonsten ist mehr eher am lachen, denn sich am gruseln. Atmosphärisch ist der Film aber auch außerhalb dieser recht düsteren Szene, wenn auch - wie wenn man mir bisher folgen konnte - … “anders”.
Auch muss man schon ein Faible für bösen Humor haben, billig produzierte Filme mögen und ein wenig bibelfest sein um manch argen Gag oder Bezug wirklich greifen zu können. Wer dachte das “Jesus Christ Vampire Hunter” der bisher “blasphemischte” Film aus Amateurkreisen sei, der wird hier eines besseren belehrt. Gott hat Humor - ohne Frage: man sehe sich nur mal das Schnabeltier an. Sicherlich mag es den ein oder anderen Leser geben der mich zum Teufel wünscht - besonders wenn ich sage das ich den Film nicht verurteile, selber als einigermaßen gläubiger Mensch. Immerhin ist der Film keine platte Verarsche, gar höhnisch.
So lassen sich durchaus kritische Aspekte darin finden: Appelle an mehr Humanität, Toleranz, ein Aufruf zu mehr Zusammenhalt und Respekt. Und wenn man sich das Treiben der Kirche in den vergangenen Jahrhunderten so in Augen ruft dann besteht durchaus eine Existenzberechtigung für “Das Leben des Brian” (der natürlich ein paar Ligen weiter oben spielt) und solche Filme die unter anderem religiösen Eifer anprangern. Zwar provozieren sie, greifen “heiße” Themen nicht mit der Kneifzange an, aber: sie unterhalten dabei. Und das kann uns doch allemal lieber sein als eine biedere Mache mit erhobenem Zeigefinger. Wer den Film sieht und sich dies in Erinnerung ruft wird sehen was ich meine.
Auf jeden Fall ist für jeden etwas dabei: dutzende von Elvis-Nachahmern, Zombies, Hexenverbrennungen, Motorräder, Beziehungskisten, Romantik, etwas Blut, psychedelische Schübe, heiße Frauen, Religion und vieles mehr … wie gesagt: Freunde von abgehobenen Independentfilmen sollten auf jeden Fall mal dieses “Gebetsbuch” aufschlagen!
So steht es geschrieben!