Auch wenn er mit dem überschätzten "Nightmare" für Furore sorgte, ist Romano Scavolini bis heute unbekannt geblieben. Mit "Dog Tags" war er auf dem Höhepunkt seines Schaffens, doch diesem völlig anderem Vietnamfilm wurde keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Hauptfigur ist Cecil (Clive Wood), der mit seiner kleinen Einheit ein paar Kriegsgefangene befreien muss. Dies gelingt ihm ohne Verluste, doch seine Vorgesetzten holen ihn nicht wie versprochen aus der grünen Hölle heraus. Stattdessen soll er einen abgestürzten Helikopter finden und dort ein paar wichtige Kisten bergen. Klingt alles nach 08/15, doch die Story schlägt einen anderen Weg ein. Nach einem kleinen Actionintermezzo zu Beginn, befindet man sich im Dschungel. Cecils Truppe ist völlig am Ende, die Kriegsgefangenen stellen eine Belastung da. Hinzu kommen die fiesen Fallen der Vietnamesen. Und diese Sequenzen hat Scavolini wirklich eindrucksvoll in Szene gesetzt. Es geht dabei nicht um einen möglichst grausamen Tod, sondern diese Sequenzen bleiben dem Zuschauer im Gedächtnis. Ganz besonders die Falle im Wasser weiss zu erschrecken. Doch man hat nicht nur die Vietnamese gegen sich, sondern die eigene Psyche. Die komplette Truppe ist nervlich am Ende, Einer verliert sogar den Verstand.
In der ersten halben Stunde wird die Gruppe drastisch dezimiert, bis schließlich nur noch Cecil und seine beiden besten Männer den Heli suchen. Der ist auch schnell gefunden, die Bergung der Kisten erfolgt reibungslos, doch der Inhalt gibt dem Trio zu denken. So ist man sich nicht im Klaren, was man nun tut. Hört man auf seine Befehle, oder hintergeht man seinen Auftraggeber, der hier ja auch seine Männer aufs Kreuz legt. Auf jeden Fall muss sich das Trio mit den schweren Kisten zum Treffpunkt zwei durchschlagen. Feindkontakte gibt es nur wenige, nur die vielen Fallen sorgen öfters für Aufregung. Leider verliert "Dog Tags" kontinuirlich an Fahrt, auch vom Finale erhofft man sich ein wenig mehr, besonders da das Ende zu offen ist. Doch Scavolinis Inszenierung begeistert durchweg. Er setzt die Kulisse Vietnams mit Gegensätzlichkeiten in Szene. Einmal der grüne Dschungel, dreckig, schmuddeliges Wetter, mit Fallen versehen, doch er gibt dem ganzen auch eine exotische Seite. Man betrachte die schicken Bauwerke aus Bambus, die idyllischen Flüsse mit den Wasserfällen. Doch diesen Schönheiten lässt Scarvolini immer eine Grausamkeit folgen. Dieser Film ist nicht auf Action aus, doch auf Atmosphäre und Spannung, selbst der Score ist gelungen.
Wer hier einen Ballerstreifen erwartet, liegt komplett daneben. "Dog Tags" zeigt nicht nur den Vietnamesen als Feind, sondern auch die eigene Psyche. Die wenigen Brutalitäten bleiben im Gedächtnis, die Kulisse ist authentisch, die Darsteller überdurchschnittlich. Doch gegen Ende baut der Film ein wenig ab.