Review

Natural Born Filler

„Sugarland Express“ muss man als Filmfan sehen. Zumindest einmal in seinem Leben. Nicht weil er sehr gut ist, ganz im Gegenteil nach meinem Geschmack. Sondern ganz einfach, weil es der erste Kinofilm von Steven „The fu**ing Legend“ Spielberg ist. Weit entfernt von seinen Höhepunkten, von denen im Folgejahr mit „Jaws“ direkt ein gewaltiger kam, weit entfernt von gelungen, kurzweiligen zwei Stunden, weit entfernt von einem qualitativen wie kommerziellen Hit. Und dennoch: man sollte ihn wie gesagt mal gesehen haben... Basierend auf realen Ereignissen, geht es um eine junge Frau, die ihren Mann aus dem Knast rausholt bzw. mit ihm ausbricht. Nun begeben sich die beiden unüberlegten, naiven und verliebten Kleinkriminellen, beide erst um die Mitte 20, auf einen Roadtrip und eine Verfolgungsjagd mit der Polizei durch das halbe Land. Ein bodenständiger, spannungsarmer Mix aus „Bonnie & Clyde“ und „Blues Brothers“ mit dem Hauch eines „Natural Born Killers“. Doch das klingt etwas zu gut. Der Film ist leider kaum mehr als karges Mittelmaß, teilweise ist sogar das geschmeichelt und mit einem Auge zugedrückt für Maestro Spielbergo. Ein gelungener Startschuss für unsterbliche Kinomagie sieht anders aus.

Die wahre Geschichte bzw. zumindest der wahre Kern, ist tragisch und verleiht dem Geschehen einen melancholischen, traurigen Unterton. Außerdem ist die frische, unoperierte Goldie Hawn trotz einiger hysterischer Anfälle sweet, manche Stunts krachen spektakulär rein und das wilde, unabhängige 70s-Feeling weht ab und zu vorbei. Zudem fängt Spielberg das weite amerikanische Hinterland oft malerisch schön ein (Sonnenuntergänge!), verteilt ein paar bissige Jabs an die leidgeile Presse und eine Handvoll knackiger Shoots Outs unterhält solide. Leider sind die Figuren eher uninteressant bis nervig, sie durchlaufen kaum Entwicklung (was aber natürlich auch an der kurzen Zeitspanne liegt, in der der Film spielt) und tonal ist die Piste sehr buckelig. Um es freundlich auszudrücken. Mal geht es um Leben und Tod, obwohl man kaum versteht, warum eigentlich, da die beiden kaum gefährlich erscheinen, dann wieder gibt sich Spielbergs Lichtspielhauspremiere fluffig, leichtfüßig, witzig und unbedarft, fast familiär. Das beißt sich, fesselt nicht und baut kaum durchgängig Spannung auf. Und das von dem Mann, der mit „Duel“ ein paar Jahre zuvor fürs TV schon recht ordentlich und weitaus effektiver an der Spannungsschraube gedreht hat. „Sugarland Express“ ist dagegen schnell vergessen und locker 15 Minuten zu lang. Als negatives i-Tüpfelchen gibt es den wohl erbärmlichsten John Williams Score seiner Karriere. Naja, jede Kollabo hat wohl mal klein angefangen. Und jede Regielegende auch. Das ist der rollende Beweis.

Fazit: Spielbergs erster Kinofilm ist nett, brauchbar, mit einer auffälligen Goldie Hawn und ein paar feinen Stunts, einer durchaus emotionalen „wahren“ Geschichte und im Geist seines Jahrzehnts. Noch viel mehr ist er allerdings zäh, redundant und erstaunlich langweilig. Wenn man nur diesen sehen würde, müsste man nicht wirklich meinen, dieser Mann ist oder wird noch ein Meister seines Fachs... Wie man sich täuschen kann!

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