Review

Vorsicht vor hässlichen Deko-Objekten!


Gianfranco Picciolis „Il fiore dai petali d'acciaio" oder „The Flower With The Deadly Sting" von 1973 teilt das Schicksal mit einer großen Zahl an italienischen Genrefilmen: Er wurde nie in Deutschland veröffentlicht. Dies kann aber allenfalls an der extrem großen Zahl an italienischen Filmen gelegen haben, die von den Studios in Bella Italia als große Fleißleistung nach und nach auf den Markt geschmissen wurden. Qualitativ gibt es hier eigentlich wenig zu meckern.


Dr. Valenti (Gianni Garko, mit bekannt aus „Die sieben schwarzen Noten") hat von seiner Geliebten Daniella die Schnauze gestrichen voll. Als er abends im Halbdunkel seiner Wohnung mit ihr in Streit darüber gerät und sie rausschmeißen will, stößt er sie versehentlich und von ihm unbemerkt in eine Deko-Blume aus Metall und Dr. Valenti findet die Frau eine Zigarettenlänge später tot vor. Der gute Doktor sieht seine Felle davonschwimmen und wendet kurzerhand seine Fähigkeiten als Chirurg an, um die Leiche fachgerecht zu entsorgen. Doch Evelyn (Caroll Baker), die Schwester (?) oder Geliebte (?) Daniellas schaltet die Polizei ein. Und nicht nur das: Anscheinend hat jemand Valenti beobachtet und die Leichenteile wieder zusammengeschustert und erpresst den Arzt, um dessen Hals sich die Schlinge immer enger zieht.

Wie die Story bereits nahelegt, hat man es hier weniger mit dem klassischen Giallo zu tun und die Ausgangslage erinnert inhaltlich vielleicht eher an eine Columbo-Folge, wenn wir den Mörder von Beginn an kennen und es hauptsächlich darum zu gehen scheint, ob der Mörder entlarvt wird. Jedoch gibt es natürlich Wendungen, die dann den augenscheinlich geradlinigen Krimi wieder in typische Genregefilde zurückführen. Zudem gibt es hier im letzten Akt auch einen Mord mit Handschuh und Messer, so dass ich „The Flower With The Deadly Sting" durchaus als variantenreichen Giallo beschreiben würde.

Dazu passen dann auch einige Nacktszenen und eine beinahe genussvolle Zuwendung zu der Szene, in der der Doktor die Frau entsorgt. Zwar verläuft man sich nie in gorigen Bilderorgien, aber Piccioli gelingt hier schon eine grausige und stimmungsvolle Szene, die für die Stimmung des restlichen Films durch ihren Nachhall von großer Bedeutung ist.

Zudem werden kleinere Szenen teils sehr atmosphärisch eingefangen, wobei mir als erstes der Blick über die Dächer auf eine Gaube einfällt, die für den Plot eine größere Bedeutung zu haben scheint. Dieser Teil des Plots wird zwar nicht in aller Konsequenz und Sorgfalt auserzählt, sorgt aber doch für eine grundsätzlich Bedrohung des Mörders, so dass der Film über weite Strecken recht spannend inszeniert ist. 

Die Musik von Marcello Giombini ist ziemlich fesch und flott und ganz dem Zeitkolorit verhaftet, so dass auch einfache Autofahrten irgendwie recht packend wirken, wenngleich dort wirklich nichts passiert. Aber gerade dafür liebe ich eben das italienische Genrekino, dem es oftmals viel mehr um die Form als um den Inhalt ging und hier haben wir dann doch genug erzählerische Stringenz, so dass solche Szenen wie eine Anreicherung eines ansonsten eventuell etwas zu einfachen Films wirken. 

Die Kamera von Antonio Borghesi liefert neben den schon beschriebenen Szenen schöne Bilder und gerade die Entsorgung der Leiche und die Unterwasseraufnahmen wirken fachkundig und hochwertig. Hinzu kommen verstörend wirkende Bilder von gruseligen zerstörten Puppen, die heute vermutlich cheesiger wirken, da diese Motive heute zu ausgelutscht sind. 1973 lag man damit aber noch anders und diese inhaltlich überhaupt nicht verankerten Motive sind reines Eyecandy. 


Fazit


„The Flower With The Deadly Sting" ist ein Giallo aus der vermutlich dritten Reihe des Subgenres, der leider auch keine erhältliche Veröffentlichung erfahren hat. Aber ich sehe ihn als Beispiel für die Fähigkeit, mit wenig Geld ziemlich gute Production Values zu erzielen. Bild und Ton liefern genau das, was man von einem solchen Film erwartet und die Schauspieler, allem voran Gianni Garko, machen ihre Sache gut. Hinzu kommt ein recht interessanter Twist, den man so nicht kommen sieht, der aber voll und ganz den Topoi des Subgenres entspricht. Seine Spannung zieht der Film dabei aus seiner Kernerzählung und der Situation der Hauptfigur und kommt so mit sehr wenigen Morden durch die Laufzeit, auch wenn viele Ansätze nicht so richtig sauber ausgeführt werden. Sympathische Figuren gibt es hier irgendwie nirgends und so wirkt der ganze Film in seiner Sicht auf die Menschheit sehr pessimistisch. Warum hat sich der „Tatort" dieser Zeit nicht mal ein Beispiel genommen? 

Nur eine Sache hat mich wirklich gestört und ich würde dem werten Doktor dringend empfehlen, sich eine neue Türklingel zuzulegen. Bei diesem innervierenden Geräusch würde ich auch irgendwann zum Mörder werden. Und vielleicht sollte er auch die lebensgefährlichen Kunstobjekte aus der Wohnung entfernen, aber das wird ihm dann auch aufgefallen sein. Und Argento hat in "Tenebrae" diese Idee dann bildlich eindrucksvoll aufgegriffen.

Ich bin froh, diesen Film gesehen zu haben, muss ihn aber auch nicht in meiner Sammlung haben. Aber für die einmalige abendliche Unterhaltung ist er bestens geeignet.

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