Schon immer war Hollywood eine einflussreiche Schmiede von Heldenmythen. Das gilt und galt besonders für Kriegshelden, wie unter anderem der heiß diskutierte Scharfschützen-Film "American Sniper" zeigt. Dass amerikanische Kriegsfilme historische Einzelpersonen zu Helden stilisieren, deren mutigem und kämpferischem Einsatz die Entscheidung eines Krieges zu verdanken sei, ist weiß Gott keine neue Erfindung. Im Grunde seit der Entstehung Hollywoods werden hier Geschichten über Kriegshelden erzählt - und mitunter sogar mit Auszeichnungen überschüttet. So im Falle von "Patton - Rebell in Uniform".
Der Film von Franklin J. Schaffner nimmt die historische Figur des US-Generals George Patton, der entscheidend am Sieg der Alliierten gegen die Nazis in Afrika und auch Europa beteiligt war, ins Zentrum und liefert ein beinahe monumentales Porträt dieses umstrittenen Kämpfers.
Und er beginnt seine historisch eher freie Nacherzählung auch wirklich sehr gut. Allein die Auswahl des Hauptdarstellers macht sich verdient: Hollywood-Urgestein George C. Scott verkörpert Patton mit ungeheurer Leinwandpräsenz, markigen Sprüchen und intensiver Körperlichkeit. Sein eckiges Gesicht und seine zackige Gestik verleihen ihm eine unangreifbare Aura von Autorität und Stärke - genau das, was einen amerikanischen Helden ausmacht. So ist es ein genialer inszenatorischer Schachzug, die Einleitung des Films als sechsminütigen Monolog Pattons an ein imaginäres Soldatenpublikum zu gestalten - hier gewinnt er den Zuschauer mit seiner ebenso harten wie charismatischen Art schlagartig auf seine Seite.
Die erste gute Stunde dieses 165-Minuten-Films bewegt sich auf ähnlichem Niveau: flotte Sprüche, harte Kerle, spektakuläre Action-Szenen und Patton als schillernde Figur im Zentrum allen Geschehens. Trotz der gemächlichen Schnittfrequenz bleibt das Tempo hoch - und der Unterhaltungswert mit ihm. Das ist beste Hollywood-Kost auf höchstem technischem Standard.
Da gibt es nur ein Problem, das sich mit Verlauf des Films immer mehr in den Vordergrund drängt: Hier gibt es nicht eine einzige kritische Anmerkung zum Krieg. Ganz im Gegenteil: Der Fokus liegt einzig und allein auf Pattons strategischem Genie, das ihn eine Schlacht nach der anderen gewinnen lässt. Als ebenbürtiger Gegner wird ihm Erwin Rommel, der "Wüstenfuchs" der Nazis, entgegengesetzt; und damit man dieses Duell der Strategen ohne große Probleme als spannenden Abenteuerfilm inszenieren kann, wird auf jegliche Politisierung verzichtet - tatsächlich bringt es Regisseur Schaffner fertig, dass sich die Nazis nicht ein einziges Mal mit dem Hitler-Gruß begegnen. Die historische Dimension und das Grauen, das die Nazis über Europa brachten (die entscheidenden Begründungen dafür, dass der US-Einsatz im Zweiten Weltkrieg wirklich wichtig war), werden hier völlig außen vor gelassen. Stattdessen zeigt man den Krieg als spannendes Abenteuer, bei dem Panzer in die Luft gesprengt und Karten studiert werden. Je länger der Film läuft, desto plumper und offensichtlicher wird diese Verharmlosung - bis hin zur direkten Kriegsverherrlichung.
Dass Patton durch seine direkte Art in Konflikt mit seinen politisch korrekten Vorgesetzten kommt, macht ihn noch lange nicht zum Freiheitskämpfer. Tatsächlich gibt er immer wieder zu, dass er den Krieg als sein eigenes Element braucht, was in keinster Weise filmisch reflektiert wird. Und gegen die Russen wird am Ende des Films auch gleich noch geschossen, schließlich befand man sich zur Entstehungszeit ja auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges.
Diese völlig reflektionslose Art, einen durchaus widersprüchlichen Charakter zum unumschränkten Helden zu stilisieren, ist einem derart mit Preisen überschütteten Film wahrlich nicht angemessen. Und da mit zunehmender Kriegstreiberei auch das Spannungsniveau immer weiter verfällt, quält man sich nur noch durch die lange zweite Hälfte von "Patton - Rebell in Uniform". Technisch äußerst aufwendig inszeniert und anfangs auch durchaus unterhaltsam, verkommt der Film zum platten Propaganda-Streifen, der wohl das amerikanische Bewusstsein für Helden mitten im Vietnam-Krieg wieder beleben sollte. Wirklich schade um das verschenkte Potenzial.