Noch völlig begeistert von den beiden ersten Teilen widmete ich mich auch deren Nachfolger, nämlich "All Night Long 3". Diesem, natürlich ebenso wie die beiden Erstlinge umstrittenen Film wurde teilweise nachgesagt, der Beste der Reihe zu sein, andere hingegen fanden ihn jedoch eher enttäuschend, wenn man ihn mit Teil 1 und 2 vergleicht. Meine Meinung liegt da irgendwo dazwischen, da er zwar nicht unbedingt mit seinen Vorgängern mithalten kann, aber zweifelsohne provokant, sozial-kritisch und abstoßend genug ist, um nicht bald in Vergessenheit zu geraten. Das soll jetzt nicht heißen, es wird dem Film zum Vorteil, wenn er so brutal ist wie er es tatsächlich auch ist, sondern die Gewalt und andere gezeigte Perversitäten treten hier nicht selbstzweckhaft auf, sondern sie möchten den Zuschauer einfach nur, wenn auch auf extreme Art und Weise, auffordern, das Hirn einzuschalten und mögliche Parallelen zum echten Leben zu ziehen.
Wie bei den ersten beiden Filmen der Reihe schon erwähnt, so wie alles in "All Night Long" dargestellt wird, geschieht das Ganze natürlich nicht, nur bei all dem Guten, das auf der Welt zu sehen ist, gibt es auch eine Kehrseite und die weiß auch einige sehr schockierende Wahrheiten aufzuweisen. Nun ist es sicherlich nicht abwegig, bei all dem, was jeden Tag in den Nachrichten zu sehen ist, dass auch in irgendwelchen Kleinstädten oder auch Großstädten sich Ähnliches zuträgt wie in "All Night Long 3" gezeigt wird. Nicht Alles muss es ja ins Fernsehen schaffen. Somit wird das Gezigte garantiert nicht utopisch, sondern einfach nur unrealistisch, im Sinne von übertrieben und abgedreht. Daher kann der Film durchaus überzeugen, den Fan des härteren Kinos sowieso. Splatterfans werden aber garantiert enttäuscht sein, da der Bodycount zwar höher ist wie bei den Teilen 1 und 2, aber so explizit, wie es der Reihe immer nachgesagt wird, ist das Alles nicht. In welchem Actionfilm heutzutage sieht man denn keinen Kopfschuss?
Die Szenen, die mit Blut gepaart sind, sind auf jeden Fall nicht die Gründe, die den Film zum Schockerlebnis machen. Vielmehr sind es genau die unblutigen Stellen, man denke an "Visitor Q", die den Zuschauer zum Ekeln bringen und sich fest im Gedächtnis dessen verankern. Auf Details hier einzugehen, wäre nicht unbedingt sinnvoll.
Auch die Story an sich ist ganz einfallsreich, wird hier zum ersten Mal, zumindest meiner Meinung nach, in einem Film die Identität eines Dusthunters, sofern es die überhaupt gibt, geschildert, der im Müll anderer Leute wühlt und dadurch mehr über die jeweiligen Personen herausfindet. Ein solcher Dusthunter ist die Hauptperson des Films, die zusätzlich noch als "Putzfrau" in einem Hotel arbeitet, das nur Paare benützen, die mal schnell eine Nummer schieben wollen. Eines Tages sieht er mit an, wie ein paar seiner Kollegen eine Kundin des Hotels verfolgen und zusammenschlagen, bis sie vermeintlich tot ist. Der Dusthunter wartet jedoch, bis die Täter verschwunden sind und nimmt das noch lebende Mädchen mit in seine Wohnung, wo er es zu pflegen beginnt. Diese Pflege wird aber auf eine spezielle Art und Weise durchgeführt, die sicherlich sehr schmerzhaft für die Betroffene ausfällt. Als er diese dann letztendlich tötet, dreht er völlig durch.
Hier wird das Thema angesprochen, wie weit es führen kann, wenn man sich für irgendeine Person sehr interessiert bzw. sie einen sogar fasziniert. Dieser Handlungsstrang wird nicht durchlaufend beibehalten, sondern vor allem gegen Ende wird dem Zuschauer gezeigt, in welchem Zustand sich die Hauptperson befindet, deren Darsteller übrigens eine grandiose Leistung abliefert. Denn trotz seines niedrigen Alters gelingt es dem Schauspieler, dass eine sehr düstere und bedrohliche, ja fast schon knisternde Atmosphäre entsteht, allein schon wegen Mimik und Gestik. Stets besteht der Eindruck, jede Sekunde könne wieder etwas Schlimmes, noch viel Schlimmeres, Abartigeres und Abstoßenderes geschehen als zuvor. Selbst wenn man an keine Steigerung mehr denkt. Dass dieser Dusthunter natürlich von vornherein nicht normal ist und voller Komplexe steckt, darf nicht übersehen werden, nicht dass irgendwelche Missverständnisse aufkommen, die dann zu einem enormen Qualitätsverlust führen würden.
Der Fan des anspruchsvollen Films, der auch sämtliche Grausamkeiten und Brutalitäten über sich ergehen lassen kann, ohne daraus irgendwelche Schäden zu ziehen, wird die "All Night Long"-Trilogie - mittlerweile ist ein weiterer Film names "All Night Long R" entstanden, dessen Handlung mir aber unbekannt ist, genauso die Antwort auf die Frage, ob er zu der Reihe gehört oder nicht - lieben, da bei aller Perversion, die die Filme beherrscht, dennoch die Aussage und die Intention nicht verloren geht. Den Zuschauer zu provozieren, indem er mit der nicht allzu fernen Realität konfrontiert ist, die in manchen Teilen der Erde sicher ganz selten bestand hat und mehr als nur erschreckend ist. Ein kleines Meisterwerk, nicht ganz so gut wie Teil 1 und 2, aber immerhin fast. 8/10 Punkte