Über zehn Jahre nach seinen ersten UNHEIMLICHE GESCHICHTEN von 1919 fertigte Richard Oswald dieses Remake an. Inzwischen haben die Bilder das Sprechen gelernt und sich auch sonst die Normen der Filmwelt verändert, sodass man UNHEIMLICHE GESCHICHTEN von 1932 eigentlich als eigenständigen Film betrachten muss, der mit dem Original nur noch einige Details gemeinsam hat. So strich Oswald die ursprünglich fünf Episoden zu drei zusammen, beließ es lediglich bei Poes schwarzer Katze und Stevensons Selbstmörderklub und führte eine dritte ein, die sich thematisch an Poes System of Dr. Tarr und Prof. Feather anlehnt. Von den drei Episoden, die im Original noch enthalten waren, darunter der von Oswald selbst verfasste SPUK, finden sich hier keine Spuren mehr. Auch verzichtet die 1932er Version auf eine Rahmenhandlung, die die einzelnen Episoden miteinander verbindet, sondern lässt sie ineinanderfließen und von einem roten Faden durchziehen.
Um es vorwegzunehmen: meiner Meinung nach stellt UNHEIMLICHE GESCHICHTEN von 1932 den wesentlich schlechteren Film dar, der mir nicht ansatzweise so gut gefiel wie das Original von 1919. Sicher liegt ein Teil des Misslingens auch darin begründet, dass der Tonfilm Anfang der Dreißiger noch in den Kinderschuhen steckte und die meisten Filmschaffenden sich in einer Phase befanden, in der sie sich an die neue Technik und die neuen Erfordernisse gewöhnen mussten, allerdings rechtfertigt das nicht die Schwächen des Drehbuchs, das man schlicht als konfus und von Anfang bis Ende unlogisch bezeichnen muss. Teilweise fühlte ich mich von der Story her an italienische B- oder C-Movies erinnert, in deren Skripts auch einfach alles zusammengeworfen wird, was auf den ersten Blick halbwegs zueinanderpassend erscheint. Im Gegensatz zu solchen italienischen Trash-Filmchen jedweder Coloeur fand ich UNHEIMLICHE GESCHICHTEN jedoch nur selten wirklich unterhaltsam oder spannend. Bezeichnend ist, dass seine besten Szenen direkt aus dem Original stammen (wobei sie dort aber wesentlich effektvoller umgesetzt wurden).
Der Held ist des Films ist ein Reporter namens Frank Briggs (englisch ausgesprochen, denn aus irgendwelchen mir schleierhaften Gründen versucht der Film vorzugeben, dass seine Handlung in Großbritannien angesiedelt sei), der eines Abends mit seiner Liebsten zu einem ihrer Theaterauftritte fährt. Als sie kurz anhalten, weil er Kühlwasser nachfüllen muss, glaubt er, aus einem nahen Anwesen einen markerschütternden Schrei zu vernehmen. Seine angeborene Neugierde und Sensationslust lässt ihn sofort der Sache nachgehen, weshalb er seine Liebste, von der im Folgenden nie wieder die Rede sein wird, allein mit dem Wagen weiterschickt und erstmal auf besagtem Grundstück herumschnüffelt. Das gehört Paul Wegener (der, soweit ich mich erinnern kann, im gesamten Film keinen Charakternamen zugeteilt bekommt), der einen zwielichtigen Erfinder spielt, in dessen Keller allerhand obskures Laboratorienutensil blubbert und zischt. Die schwarze Katze seiner Frau stößt eins seiner Geräte vom Tisch, worauf er cholerisch seine Gattin totschlägt, deren Schrei es wiederum ist, der Frank Briggs auf den Plan ruft. Der Reporter alarmiert die Polizei und wer Poe gelesen hat, der weiß, dass es plötzlich hinter der Kellermauer maunzt, wo der Erfinder sowohl die Leiche seiner Frau als auch versehentlich das Kätzchen einmauerte. Anders als in der literarischen Vorlage kann der Mörder den Beamten erstmal entkommen. Frank Briggs, der bei der Hausdurchsuchung natürlich zugegen war, folgt dem Fliehenden bis in ein Wachsfigurenkabinett, in dem die größten Verbrecher der Weltgeschichte in Lebensgröße ausgestellt sind. Ein Kampf zwischen den Männern entbrennt. Wieder gelingt dem Mörder die Flucht. Seine nächste Station ist eine Arztpraxis, in der ihm die interessante Idee kommt, so zu tun, als sei er geisteskrank, um von dem Arzt in die nächste Irrenanstalt eingewiesen zu werden, wo er erstmal vor den Nachstellungen der Polizei und Frank Briggs sicher wäre. Es gelingt ihm tatsächlich, doch findet Briggs schnell heraus, wo er untergekommen ist und sucht ihn auf eigene Faust in der Nervenheilanstalt. Hier sind wir dann in der nächste Episode und es stellt sich heraus, dass sämtliche angeblichen Ärzte und Besucher, die ihm begegnen, in Wirklichkeit die Insassen selbst sind, die eine Revolution entfachten und das Wachpersonal und die echten Ärzte in ihre Zellen steckten. Der Mörder stachelt die Insassen gegen Briggs auf und flieht erneut. Natürlich kann der Reporter auch diesmal dafür sorgen, dass die Ordnung im Irrenhaus wiederhergestellt wird und am Ende die Ärzte wieder frei und die Patienten hinter Schloss und Riegel sind. Die Zeit vergeht und der Mörder bleibt flüchtig. Zudem häufen sich Meldungen von vermissten Personen in der Stadt. Briggs will dem nachgehen und seine Recherchen führen ihn in die Old Tower Street 13 zu einem sogenannten Selbstmörderklub. Hier laufen dann alle Fäden zusammen. Nicht nur, dass sich Paul Wegener als Präsident des Clubs entpuppt, er enthüllt seinem Widersacher auch, um was es sich bei der Erfindung handelte, an der er die ganze Zeit bastelte…
Diese kurze Inhaltsangabe, die längst nicht alle kruden Ideen wiedergibt, lässt schon eine Ahnung davon zu wie wirr und bar jeglicher Rationalität der Film inszeniert wurde. Das mag im Original nur bedingt anders gewesen sein, doch für meinen Geschmack übertreibt es der Film mit seinen Momenten, in denen man eigentlich nur mit dem Kopf schütteln kann. Frank Briggs als weltberühmter Reporter darf an Polizeiermittlungen teilnehmen, ungefragt in Psychatrien eindringen und Mordfälle im Alleingang lösen. Paul Wegener als namenloser Antagonist indes wird in der ersten Episode zunächst aus Affekt zum Mörder, schwingt sich dann zum Anführer der Irrenanstaltsinsassen auf, um am Ende plötzlich eine Art Mabuse-Figur zu sein, die mehrere Personen durch Erpressung oder Gedankenwäsche in ihrer Hand und dadurch ein Netzwerk von Helfershelfern errichtet hat, wobei es nie geklärt ist, was denn nun eigentlich mit diesem Selbstmörderklub bezweckt werden sollte und was genau diese Maschine darstell soll, an der er sein ganzes Leben werkelte. Man merkt dem Film einfach an, dass er im Grunde aus drei verschiedenen Episoden besteht, die man mit Mühe und Not miteinander zu verbinden versuchte. Wäre jede der Geschichten in sich geschlossen und ohne Verweise und Übergänge zu den restlichen inszeniert worden, wäre wohl auch das Ergebnis nicht ganz so enttäuschend. Was dem Film zusätzlich schadet, ist seine Schwerfälligkeit und Geschwätzigkeit. Szenen werden endlos ausgewalzt, am besten zu sehen bei dem Zweikampf im Wachsfigurenkabinett, der alles an Drive und Action einbüßt, was er hätte haben können, weil er eine gefühlte Ewigkeit dauert und ständig durch endlose zwischengeschnittene Aufnahmen der Wachsfiguren unterbrochen wird. Das Tempo des Films ist äußerst behäbig und die stellenweise schlicht unpassenden Entwicklungen von Figuren oder Handlungsabschnitten werden dadurch nicht besser.
Positiv fand ich immerhin ein paar Einzelszenen. So sind die Ereignisse in der Irrenanstalt, wenn Briggs allmählich merkt, dass er offenbar der einzige Gesunde unter Geisteskranken ist, und mancher der vorgestellten Patienten in seinem überzogenen Gebaren teilweise recht amüsant. Paul Wegener liefert zudem eine schauspielerisch überzeugende Performance als Mörder, der so selbstsicher ist, dass er sich schlussendlich quasi selbst der Polizei verrät (ein Element, das man aus Poes The Tell-Tale Heart übernahm und das ich selten derart eindrucksvoll umgesetzt gesehen habe). Ansonsten hat UNHEIMLICHE GESCHICHTEN nicht viel Berichtenswertes. Optische Schauwerte hat der relativ karg wirkende Film keine und irgendwelche schaurigen oder gar blutigen Details wie sie zu der Zeit schon ansatzweise in den Horrorfilmen der Universal aufblitzten, sucht man natürlich ebenso vergebens. Unterm Strich ist man mit den originalen UNHEIMLICHEN GESCHICHTEN wohl wesentlich besser bedient.