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Das war wohl das erste Mal, dass ich in der Sneak saß und bis zum Erscheinen des Titels keine Ahnung hatte, was ich da gerade sehe. Selbst nach Erscheinen wusste ich nicht, was nun auf mich zukommt. „The Alibi“ ging bisher werbetechnisch komplett unter, trotz der großen Namen und der interessanten Grundidee. Diese Krimi-Komödie hätte mehr Aufsehen nötig und auch verdient, denn beim offiziellen Anlaufen ging er nahezu komplett unter.

In Zeiten, in denen mehr als jede zweite Ehe geschieden wird, ist es vielleicht besser, seine Seitensprünge geheim zu halten – so vermeidet man die Zahlungen und den Stress, die nach einer Scheidung auf einen zu kommen. Und genau da liegt auch das Geheimnis von Ray Elliotts (Steve Coogan) Firma. Diese verschafft ihren Klienten ein Alibi für ihre Seitensprünge, plant alles durch, so dass keiner auf deren Fährte kommt. Das Geschäft brummt, eine neue, sehr fähige Arbeitskraft fand sich jüngst in Lola (Rebecca Romijn), doch dann gerät Ray in Bedrängnis als sein junger, arroganter Kunde Wendell (James Marsden) seine Auserwählte bei gewagten Fesselspielchen erwürgt. Ray muss die Leiche entsorgen, gerät damit aber in eine Situation, die viele unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Motiven und einigen Verbindungen untereinander beinhaltet. Da ist die Idee für „Alibis für Straftaten“ nur die Spitze des Eisbergs…

Im vorletzten Satz kündigt sich das Problem des Films schon an: hier wurde zu viel gewollt – mit zu viel Beteiligung. Etliche Charaktere tummeln sich hier auf der Leinwand, einer skurriler als der andere, mit Absichten, die nicht sofort zu erkennen sind, sich aber im groß angelegten und bis ins kleinste Detail von allen Leuten durchgeplanten, aber dabei nie vor Überraschungen gefeiten Showdown zusammentreten. Dabei hat nur eine Person alle Eventualitäten berücksichtigt, zieht hier ein riesiges Ding ab, das aber für den Zuschauer zu unübersichtlich ist, als dass der sich noch groß auf die kleinen Gemeinheiten, die besagte Person sich für die anderen ausgedacht hat und sie somit aus dem Rennen um viel Geld ausschaltet, begeistern kann.
Denn man versucht eher dahinter zu kommen, wer hier eigentlich wen betrügen will, mit wem wieder unter einer Decke steckt und wo „Wild Things“ schon ordentlich die Kurven um Intrigen und Spielchen zog, schlägt „The Alibi“ fast schon Loopings. Bei einer erneuten Betrachtung dürfte, da man sich einen Teil schon beim Kinobesuch erarbeitete, der Spaß dann für alle höher liegen, außer bei den ganz Spitzfindigen, die nur einmal nebenbei reinschauen müssen, um das ganze Puzzle hier schnell zusammenzusetzen.

Abgesehen von dieser Unübersichtlichkeit geht der Film aber völlig zu Unrecht unter. Namhaft besetzt und mit zynischem, lakonischem Witz unterlegt bietet er eine unkonventionelle Lösung für alle, die keine Alimente zahlen wollen. Wenn die Scheidungsrate weiter steigt, warum eigentlich nicht…

Neben Steve Coogan („Around the World in 80 Days“) laufen hier unter anderem James Marsden („Disturbing Behavior“) als unbeabsichtigter Mörder auf, der danach seine gespielte Coolness verliert, Selma Blair („Cruel Intentions“) als dumm-naive Schlampe, Rebecca Romijn („Rollerball“) als Blondine, die den Beruf der Alibiverschafferin in kürzester Zeit perfektioniert und dabei ein doppeltes Spiel spielt, Deborah Kara Unger („Crash“), Sam Elliot („Hulk“) und und und… Über zu wenig bekannte Gesichter kann man sich nicht beschweren; zudem meistern diese dann auch noch allesamt ihre Rollen perfekt, wenn sie in ihrer Überzahl auch noch so unüberschaubar sind.

Somit ist die Idee hervorragend, die Herangehensweise mit bösem Witz bei dem Thema beachtlich, die Schauspieler passend, die Struktur fast episodenhaft (gerade zum Schluss) und damit leider gescheitert. Denn viele Köche verderben den Brei und viele Episoden den Film, gerade wenn sie alle irgendwie mit allen anderen zusammenstecken, was dann in den letzten zwanzig Minuten alles auf den Zuschauer nieder rieselt. Wenn man nicht die ganze Zeit höllisch aufpasst, verpasst man hier das ein oder andere Detail und kann sich erst beim zweiten Mal alles zusammen reimen. Trotzdem mindestens einen, vielleicht auch zwei, Blicke wert… (6,5/10)

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