Als Harry Palmer verkörperte Michael Caine (Harry Brown, Ipcress - Streng geheim) schon eine Art Anti-Bond. Er war im Gegenzug zum großen Vorbild kein Schönling und löste als kleines Licht beim Geheimdienst seine Fälle auf bodenständige Art und Weise. In diese Kerbe schlägt auch "Das Vierte Protokoll" wo einem die Welt der Verschwörungen und der Spionage auf eine realistische Art näher gebracht wird. Den Stoff hierzu lieferte der Roman-Autor Frederick Forsyth (Der Fall Odessa, Die Hunde des Krieges), für die Umsetzung zeigte sich John Mackenzie (Rififi am Karfreitag, Blue Heat) verantwortlich.
John Preston (Michael Caine) ist ein britischer Spion, der sich gerne mal über Regeln hinweg setzt, weswegen er von seinem Vorgesetzten (Julian Glover) auch strafversetzt wird. Doch gerade dort stößt John auf eine heiße Spur, denn ein angeblicher Hafenarbeiter fiel einem Unfall zum Opfer und er trug Polonium bei sich. Preston vermutet schlimmes, was seine Lage nicht gerade verbessert, schließlich wird er ganz vom Dienst suspendiert. Dabei ahnt niemand, dass der russische Major Valeri Petrofsky (Pierce Brosnan) eine Atmobombe auf einem Luftwaffenstützpunkt zünden will. Die Teile dafür werden auf dem Fracht- oder Seeweg illegal ins Land geschmuggelt. Nur Sir Nigel Irvine (Ian Richardson) glaubt Prestons Theorie, der sofort versucht die Katastrophe zu verhindern.
So übertrieben er auch manchmal sein mag, ich bin ein riesen Fan von James Bond, aber es gibt eben auch die andere Seite. Im realen Leben führt ein Geheimagent kein besonders aufregendes Leben. Der Großteil seines Jobs besteht aus Ermittlungen und langweiligen Observationen. Um ein wenig Nervenkitzel zu bekommen, geht Preston nicht immer den Dienstweg und bricht ohne Genehmigung schon mal in ein Haus ein, um an geheime Dokumente zu kommen. Diese Sequenz bildet den Auftakt zum gelungenen Spionage Thriller "Das Vierte Protokoll". Als Zuschauer fühlt man sich zu Beginn etwas überfordert, beziehungsweise man weiß nicht um was es eigentlich geht. Zahlreiche Charaktere werden eingeführt, deren direkte Verbindungen erst nach und nach ans Tageslicht kommen. Auch scheint hier jeder sein eigenes Süppchen zu kochen, wo man gegen Ende noch eine kleine Überraschung erleben darf. Doch im Mittelpunkt stehen John Preston und der kompromisslose Valeri Petrofsky, zwischen den Beiden wird hauptsächlich hin- und hergeblendet. Petrofsky bekommt recht schnell seinen speziellen Auftrag, dafür nistet er sich in der Nähe eines Luftwaffenstützpunktes ein und schlüpft in die Rolle des Briten James Ross. Der ist immer freundlich, geht mit seinen Nachbarn gerne einen trinken, doch nebenbei beschafft er sich alle Teile die zum Bau der Atombombe benötigt werden. Diese werden anschließend in der Kühltruhe gelagert, für den Zusammenbau der Bombe wird eine Expertin (Joanna Cassidy) eingeflogen.
Preston hat sich neben seinem Berufsleben noch um seinen Sohn zu kümmern und liegt mit seinem direkten Vorgesetzten gerne im Clinch, was ihn noch sympathischer macht. Mackenzie weiß seinen beiden Hauptfiguren ein Profil zu verpassen, wobei er gelegentlich das Tempo verschleppt. Dies entpuppt sich auch als Hauptproblem von "Das Vierte Protokoll". Er ist wirklich sehr langsam erzählt und kommt fast ganz ohne Actionszenen aus. Manchmal vermag auch die Spannung ein wenig darunter zu leiden, doch insgesamt verläuft Prestons Jagd auf Petrofsky schon recht spannend und auch wendungsreich. Auch ist Petrofsky ein wirklich ernst zu nehmender Gegner und sehr skrupellos, jeder potentielle Zeuge wird aus dem Weg geräumt, wie uns ein paarmal bewiesen wird. Hier baut Mackenzie auch kleinere Brutalitäten ein, während er sich sonst auf die finale Konfrontation zwischen Preston und Petrofsky vorbereitet. Dabei wird "Das Vierte Protokoll" nie ausufernd, selbst der kleine Zweikampf im Finale bleibt höchst realistisch. Gedreht wurde der Film in England und Finnland, wobei letzteres uns als Russland verkauft wird, hat aufgrund seiner Schneelandschaft auch eine verblüffende Ähnlichkeit. Lalo Schifrin steuert den gelungenen Score bei, auch bei den Schauspielern gibt es nur Gutes zu berichten. Michael Caine als bodenständiger Spion ist eine Bank, während Pierce Brosnan (Ein Mann wie Taffin, Dante´s Peak) als eiskalter Mörder und Attentäter überzeugt. In weiteren Rollen sind Ned Beatty, Joanna Cassidy und Ian Richardson zugegen.
"Das Vierte Protokoll" bietet ein beunruhigendes Szenario, neben der gelungenen Hauptstory existieren noch einige Nebenstränge die für kleine Wendungen am Rande sorgen. Doch die Realität hat auch ihren Preis, denn man wünscht sich oft ein höheres Erzähltempo. Spannend ist das Geschehen dabei allemal, wobei man auf Action fast komplett verzichten muss. Insgesamt bleibt ein brisanter Spionage-Film, der in keinster Weise im Fahrwasser des großen Vorbildes James Bond schwimmt.