Sehr geehrter Herr Wimmer, gestern hatte ich das etwas zweifelhafte Vergnügen, mir Ihren neuesten Film „Ultraviolet“ anzusehen, und auch nach einer daraufhin schlecht verbrachten Nacht ist mir immer noch manches nicht klargeworden. Falls irgend jemand einmal eine sogenannte Weltformel entwickeln sollte, so muss diese jedenfalls unbedingt erklären können, warum Filme wie „Ultraviolet“ gedreht werden. Ich meine damit jene Gattung Filme, die optisch bis zum Erbrechen überstylt sind, praktisch keinerlei Inhalt besitzen und mit einer mehr oder weniger begabten Hauptdarstellerin (in Ihrem Fall eher letzteres), die sich schrecklich blamieren darf, sowie einer Charge peinlicher Nebendarsteller (allen voran ein schlimmer „Klischeebösewicht“) aufwarten. Eben das, was Hollywood heutzutage dem genervten Zuschauer als „Actionfilme mit weiblicher Hauptrolle“ vorsetzt. Sie wissen schon, welche Filme ich damit meine. Sie heißen beispielsweise „Catwoman“, „Elektra“ „Aeon Flux“ und „BloodRayne“. Oder eben „Ultraviolet“... Was mich am meisten verwundert, ist die Tatsache, dass irgendwie der eigentlich zu erwartende Lerneffekt ausbleibt. Denn diese Filme spielen kein Geld ein, verpassen zumindest dem Regisseur und der Hauptdarstellerin im schlechtesten Fall (also immer...) einen gehörigen Karriereknick, werden von Kritikern zerpflückt und vom Publikum gehasst. Sprich, sie bringen niemandem was, weder kommerziell noch künstlerisch, und haben keinerlei erkennbaren Unterhaltungswert. All das ist weithin bekannt, und trotzdem werden nach wie vor noch solche Filme gedreht. Da die Weltformel wohl nie gefunden wird, hoffe ich auf Sie, Herr Wimmer, dass Sie mir diese Frage beantworten werden können und dabei besonders ausführlich auf den Punkt eingehen, warum auch talentierte Filmschaffende wie Sie in diese Falle gelangen. Ihr „Equilibrium“ war nämlich ein feiner kleiner Film, der sogar schon Kultstatus besitzt, und mit dem Sie auf dem besten Weg waren, sich einen wirklichen Namen zu machen. Diesen Kredit haben Sie, wie Ihnen selber inzwischen wohl auch klar ist, mit „Ultraviolet“ wieder vollkommen verspielt. Ich bin daher in berechtigter Sorge um Sie, denn wenn Sie so weitermachen, wird ihr Nachname Programm und nur noch mit Heulen und Zähneklappern in Verbindung gebracht werden. Und natürlich mit Ihrem geschätzten Kollegen Dr. Boll, mit dem Sie dann in einem Atemzug genannt werden... Ich möchte gar nicht abstreiten, dass Sie – im Gegensatz zu manchen Ihrer Kollegen – möglicherweise durchaus ambitioniert an diesen Film herangegangen sind; ein ganz kleines bisschen merkt man das sogar noch in einigen wenigen ruhigeren Szenen in der Mitte des Films. Allerdings müssen Sie mir zustimmen, dass die Zukunftsvision, die Sie da ausbreiten, reichlich abgeschmackt ist und dass nicht nur ihre Hauptdarstellerin, sondern Ihr ganzer Film vollkommen emotionslos und steril wirkt. Weiterhin werden Sie nicht abstreiten können, dass es ein Kardinalfehler ist, einen Film mit Low-Budget-Computereffekten vollzustopfen, denn so etwas kann auch im besten Falle nur unfreiwillig komisch wirken, und es erstickt sämtliche intelligenteren Ansätze (die man hier freilich mit der Lupe suchen muss) im Keim. Insbesondere meine ich damit die billigen CGI-Martial-Arts-Sequenzen, die allesamt wirklich vollkommen daneben sind. Da diese praktisch den halben Film ausmachen, liegt hier natürlich eins der Hauptverbesserungspotenziale, das Sie beim nächsten Film (so Sie noch mal die Gelegenheit zu einem bekommen werden, viel Glück...) voll ausschöpfen können. Mein einfacher Tipp, der zudem sehr kostengünstig umzusetzen ist: einfach gar keine computeranimierten Kampfszenen mehr. Denn diese sind – falls Sie mir den etwas gewagten Vergleich gestatten –, selbst wenn sie besser gemacht sind als bei Ihrem Film, für das Martial-Arts-Genre das, was Silikonbrüste bei Frauen sind: unecht, unansehnlich und peinlich; im Falle von „Ultraviolet“ sieht man – um den Vergleich abzurunden – sogar noch große Operationsnarben. Ohne Computergehampel könnten Sie könnten sich außerdem voll der Story widmen. Wobei Sie im Falle von „Ultraviolet“ natürlich erst mal eine hätten entwickeln müssen... Zum Schluss, mein lieber Herr Wimmer, habe ich noch eine weitere Frage an Sie als Zukunftsexperten. Warum ertönt in fast allen zeitgenössischen SF-Filmen, wenn die Hauptperson ein futuristisch wirkendes Gebäude betritt bzw. durchschreitet, irgendeine sonore weibliche Computerstimme im Hintergrund, die entweder erklärt, wo man sich gerade befindet oder – wie im Falle von Ultraviolet – tolle Sachen wie „Security System blablabla“ sagt? Oder manchmal (nicht in Ihrem Film): „Noch 60 Sekunden bis zur Selbstzerstörung“... Nur ein dummes Filmklischee, oder sieht so wirklich die Zukunft aus? Wenn letzteres zutrifft, dann kaufe ich mir morgen Aktien von Lautsprecherherstellern... Bis zu Ihrer mit Spannung erwarteten Antwort wünsche ich ihnen alles Gute und verbleibe in vorzüglicher Hochachtung, ein Freund.