Der in meinen Augen beste und letzte rassige Actionkracher der Achtziger stellte neue Rekorde auf und war auch gleichzeitig Stallones Abschied von der unkaputtbaren One Man Army. Erfolgsproduzent Mario Kassar („Total Recall“, „Terminator 2: Judgment Day”) kratzte mit seinem Studio Carolco ganze 63 Millionen Dollar zusammen, die „Rambo III“ seinerzeit zum teuersten Film aller Zeiten machten. Darüber hinaus ging der Film mit seinem dreistelligen Bodycount auch noch ins Guiness-Buch ein.
So recht sehen wollten diesen reaktionären Reißer allerdings schon weniger. Erst die internationale Auswertung verhalf den Film zu seinem saftigen Plus, denn im eigenen Land lief er höchst verhalten und stieß auf weit weniger Interesse als noch die Vorgänger. Nur ein weiteres Anzeichen, dass diese Art von Filmen sich überlebt hatte, Stallone aber nicht dran hinderte mit einer beispiellosen Materialschlacht abzutreten, die erst zur Filmmitte beginnt, sich dann bis zu den Endcredits aber keine Pause mehr gönnt. Das Drehbuch dazu schrieb er einmal mehr selbst und zwar in Kooperation mit „Bloodsport“ – Autor Sheldon Lettich.
„Rambo III“ warb selbst zu seiner Zeit, als sich Ende der Achtziger die beiden Atommächte Amerika und Russland annäherten, mit schon längst überholten Feindbildern und äußerte aggressiv Klischees, die im Kreml auf vermutlich wenig Gegenliebe stießen. Nach „Rocky IV“ tat Stallone erneut wieder etwas für die amerikanischen Seelen, erntete von den Kritikern aber nur ein verständnisloses Kopfschütteln.
Denn aus seinem Ego in „First Blood“ ist nun gar nichts mehr übrig. Rambo ist eine muskelbepackte Kampfmaschine, der nicht beizukommen ist, die die Waffe als erstes Mittel wählt, aber zumindest zum Schluss in wenigen Sekunden schon die Selbstironie durchblicken lässt, die dem Film öfter gut zu Gesicht gestanden hätte. Denn „Rambo III“ ist gerade in Anbetracht der Ereignisse der letzten Jahre hoffnungslos überholt und ist ausgerechnet dem tapferen Volk von Afghanistan gewidmet (!).
Von dort muss Rambo dieses Mal seinen väterlichen Ausbilder Colonel Trautman (Richard Crenna, „Die Höllenhunde“, „Body Heat“) befreien, nachdem Rambo dessen Offerte, ihm bei der Unterstützung der afghanischen Rebellen gegen die russischen Besatzer zu helfen, ausschlug und sich lieber seinem inneren Frieden widmete, den er in einem thailändischen Kloster zu finden glaubt. Auf sich allein gestellt und inoffiziell mit der entsprechenden Kampfausrüstung ausgestattet, weil die Regierung zur Tatenlosigkeit verdammt ist, zieht er mit traditionellem Equipment (Pfeil und Bogen sind wieder mit am Start) nach Afghanistan, um sich mit den dortigen Rebellen zu verbünden, die sich seit Jahren den Russen zäh wiedersetzen.
Dieser Teil nimmt etwa die erste Hälfte des Films in Anspruch und hat abgesehen von Rambos Stockkampf zu Beginn keine nennenswerten Actionszenen zu bieten. Regisseur Peter MacDonald („Legionnaire“), der im Vorfeld noch Russell Mulcahy („Highlander“, „Ricochet“) ausgebootet hatte, vermag diesen Teil mit etlichen exotischen Schauwerten und dem noch mal extra Muskelmasse aufgebauten, eindrucksvoll übermächtigen Stallone inklusiver modischer Vokuhila –Frisur zu füllen. Thailand bietet zwar mehr exotische Schauwerte, als später die staubigen Wüsten von Afghanistan, aber dort kann Rambo dann wenigstens wieder ein paar unvergessliche Oneliner an den Zuschauer bringen. Speziell der Dialog um das „blaue Licht“ schrieb bekanntlich aus verschiedenen Gründen Filmgeschichte.
Um die weitere Handlung ist es dann auch nicht besonders bestellt. „Rambo III“ zeichnet ein verdammt böses, wenn vermutlich auch nicht unrealistisches Bild der besetzenden, russischen Armee, die Gräueltaten an der hilflosen Bevölkerung verrichtet, arme Menschen in den Kellern ihrer Festung vor sich hin vegetieren lässt und Trautman brutal foltert, um Informationen aus ihm herauszupressen. Dessen feurige Rede über die sich nicht unterdrücken lassenden Afghanen, die für Russland das darstellen, was für Amerika Vietnam war, sorgt heutzutage dann abermals für ein verschmitztes Grinsen beim Zuschauer.
Die Klischees der rüpelhaften, unmenschlichen Russen, die mit ihrer Folterkammer bis zum Flammenwerfer alles passendes Gerät parat haben, schwangeren Frauen die Bäuche aufschlitzen und über vom Hubschrauber bis Panzer über jedes erdenkliche Kriegsgerät verfügen, werden als ideales, unterdrückendes Feindbild für Rambo aufgebaut. Der verschenkt dann auch keine Zeit, als kurz nach seiner Ankunft im Rebellencamp die Sowjets mit überlegener Feuerkraft über die unterlegenen Freiheitskämpfer herfallen und erbarmungslos hilflose Kinder, Frauen und Männer niedermetzeln.
Der Rest ist eine Actionorgie erster Garnitur, bei der Rambo gleich zweimal in die russische Festung eindringen muss, um Trautman aus den Händen des sadistischen Kommandanten Zaysen (Marc de Jonge) zu befreien.
Das hier vom Stapel gelassene Spektakel spottet eigentlich jeder Beschreibung. Rambo, der das gesamte Gelände mit Sprengstoff versieht, rodet sich in seinem nächtlichen Feldzug durch die verwirrten Gegnermassen. Das russische Camp verwandelt sich in ein Inferno. Überall bildschirmfüllende Explosionen und in blutigen Shootouts zu Boden gehende russische Soldaten. Zur Not wird mit dem Messer nachgeholfen oder mit Granaten geworfen. Die Nacht wird zum Tag, die Gebäude zum tödlichen Labyrinth. Doch der sich am Ziel wähnende Einzelkämpfer muss sich zunächst zurückziehen, seine Wunde auf bewährte Weise mit Schwarzpulver behandeln und seine Verfolger ausschalten, bevor er es dann tagsüber noch mal versucht und mit Trautman in einem Helikopter flüchtet. Doch der tut es zerschossen nicht lange, so dass die beiden nach einem Scharmützel mit Speznaz-Soldaten in einer unterirdischen, karg beleuchteten Höhle der halben russischen Armee gegenüberstehen und das Eintreffen der Rebellen ein Finale der Superlative einläutet, indem sich Rambo unter anderem in einem russischen Panzer dann mit dem Kampfhelikopter fliegenden Zaysen duelliert.
Nicht kleckern, sondern klotzen. So lautet die Devise für die zweite Hälfte des Films. So sehr jeder Anflug von Realismus auch ignoriert wird, dieser Film macht dem sich nicht satt sehenden Action-Geek nur noch Spaß. Die ausufernde, zerstörerische Materialschlacht springt von einer spektakulären Actionszene zur nächsten, scheint kein Ende nehmen zu wollen und ist ihr Mega-Budget wirklich wert. Aus allen Rohren wird gefeuert, überall fallen Tote in den Wüstensand und explodieren Fahrzeuge, über dem Schlachtfeld verwirbelt der Helikopter die Luft und macht Ziele aus, während Rambo sich am Boden ein Fahrzeug nach dem anderen vornimmt.
Jerry Goldsmith („Alien“, „First Blood“) trompetet dazu seinen heroischen Score und Stallone verzieht trotz seiner Wunde keine Miene.
Fazit:
Ein unzerstörbarer John Rambo sprengt die russischen Besatzer aus Afghanistan. Was heute natürlich nicht einer gewissen Ironie entbehrt, ist unlängst für Genrefans die krachende, bombastische Zerstörungsorgie schlechthin mit maximalen Einsatz von Pyrotechnik. Diese over the top Materialschlacht mag sich jenseits jeglichen Realismus bewegen und hat mit dem kleinen Bengel an Rambos Seite auch eine nervige Figur aufzubieten, wird jedoch auch bei erneutem Ansehen niemals langweilig.
Dieses Szenario mit seinem banalen Plot hat abgesehen von den Namen der Figuren nichts mehr mit dem Original zu tun, dürfte aber jeden Fan ausufernder Actioneinlagen im feinsten, handgemachten Stil der Achtziger jedoch grenzenlos befriedigen. So abgedroschen es auch klingt: Solche Filme werden heute leider nicht mehr gedreht.
P.S.: Dennoch kann ich nachvollziehen, dass etliche Kritiker den Film als ideologisch höchst fragwürdigen, faschistischen Müll abtun, dem seinerzeit schon der Boden zur Existenzberechtigung entzogen wurde (Die Besatzung Afghanistans endete zur selben Zeit). Mit der tragischen Figur hat dieser Rambo nichts mehr gemeinsam. Erst ist ein Produkt des Achtziger-Jahre-Kinos geworden...
But hey, it’s entertainment!