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Eine Frau, die für die Entführung und Ermordung eines kleinen Kindes jahrelang im Gefängnis saß, wird entlassen und als geläuterte „Heilige" gefeiert. Doch in Wahrheit verfolgt sie einen finsteren Racheplan: Stück für Stück nähert sie sich dem Mann, der ihr Leben zerstörte.

Auch der Abschlussbeitrag zu Park Chan-Wooks Rache-Trilogie, „Lady Vengeance", erweist sich als exquisit gefilmte und erzählte Thriller-Perle, die mit ihrer temporeichen und sarkastischen Inszenierung durchgehend zu unterhalten weiß. Stilistisch gibt es hier ebenso wie im ersten Teil einige Wandlungen im Lauf des Films: Anfangs dominieren schnelle Ortswechsel und Zeitsprünge, die die komplexen Storyzusammenhänge zueinander führen und dabei durchaus Konzentration erfordern; diese Wechsel werden durch recht effektvolle Stilmittel wie wegklappende Bildüberblendungen oder schnelle Schnittrhythmen realisiert. Dabei entsteht ein reichlich sarkastischer Unterton, weil immer wieder offizielle Behauptungen (etwa, dass sich die junge Frau im Gefängnis zu einer Art Heiligen gewandelt hätte) direkt von tatsächlichen Handlungen konterkariert werden - wobei gleich in der Einleitungsszene religiös-verquastes Gutmenschentum eine ordentliche Breitseite abbekommt.

Dieser ruppige Ton wandelt sich bald zur nachdenklichen Tragödie und mündet schließlich, wenn gegen Ende des Films die lange im Dunkeln gehaltenen Hintergründe des Geschehens offenbart werden, in einen drastischen Abstieg in finsterste menschliche Abgründe. Dieser Wechsel in der Atmosphäre wird auch durch ein spürbar langsameres Tempo in Schnitt und Kameraführung umgesetzt. Stil und Inhalt gehen hier eine enorm enge Beziehung ein, wie man es selten erlebt, wobei die Kamera durchgehend auf extrem hohem, anspruchsvollem Niveau bleibt - Bildkompositionen von erlesener Poesie und Schönheit stehen den düsteren Inhalten rund um Kindsmorde, Vergewaltigung, Gewalt gegen Frauen und bestialischer Folterorgien entgegen und machen „Lady Vengeance" zu einem exquisit ästhetischen Thriller, der sein Schockpotenzial nicht über das Dargestellte (die drastischsten Foltermethoden werden hier konsequent ausgeblendet), sondern über das Erzählte entfaltet.

So entpuppt sich die Geschichte von „Lady Vengeance" als komplex konstruiertes, lange Zeit undurchsichtig gehaltenes und bis gegen Ende durch immer neue Figuren auch leicht verwirrendes Kaleidoskop verschiedener Schicksale, die durch grausame Taten miteinander verbunden werden. Mehrmals gibt es veritable Twists, die der Handlung einen völlig neuen Drive geben, und wenn man hier bei aller temporeichen und unterhaltsamen Inszenierung nicht klar bei der Sache bleibt, kann man angesichts der vielen Agierenden - und vor allem erneut einiger ausgesparter Details und Übergänge - schnell den Überblick verlieren. Chan-Wook erweist sich erneut als meisterhafter Komponist komplexer und moralisch schockierender Thriller.

Mit „Lady Vengeance" findet seine legendäre Rache-Trilogie somit einen mehr als würdigen Abschluss. In Sachen formaler Inszenierung und ästhetischer Kameraführung und Bildkomposition übertrifft er gar seine Vorgänger, und auch die Story fesselt erneut mit spannender, wenn auch herausfordernder Erzählweise und bitterbösen Einblicken in menschliche Monstrositäten. Ein weiteres Highlight für Freunde südkoreanischer Thriller!

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