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"Mad City" hat fraglos seine Momente, z.B. jener, als der einfältige Sam Baily (John Travolta), der eigentlich nur ein Geiselnehmer wider Willen ist, seine Schrotflinte in der Aufregung unbeaufsichtigt abgelegt hat - woraufhin Max Brackett (Dustin Hoffman), ein ehemaliger Star-Journalist, der seine Stunde gekommen sieht, wieder ganz vorne mitzumischen, beunruhigt und sichtlich hilflos und auf die herrenlose Waffe starrt. Beunruhigt, weil er fürchtet, dass das von ihm künstlich hochgeschaukelte Medienspektakel zu früh sein Ende finden könnte. Zum Glück für Brackett fällt Baily aber wenige Sekunden später wieder ein, dass er etwas Wichtiges liegen gelassen hat...

Erwähnenswert an "Mad City" sind auch die Darstellungen von Travolta und Hoffmann und die stattliche Anzahl hochkarätiger Nebendarsteller (Blythe Danner, Alan Alda, Ted Levine, William Atherton - und Larry King und Jay Leno spielen sich selbst). Die Dialoge sind zuweilen durchaus pointiert. Und, ja, zum Schluss kommt noch mal Spannung auf.

Doch der Film als Ganzes bleibt dennoch unter seinen Möglichkeiten, er kann sich nicht so recht zum Ereignis aufschwingen.
Als Thriller wird er schnell ausgebremst, denn bald wird das Unbedrohliche der Geiselnahme-Situation offensichtlich - weder vom eigentlich harmlosen Baily noch von den Polizei-Sondereinheiten auf der Gegenseite geht eine echte Bedrohung aus.
Als Drama kann er nicht die nötige emotionale Tiefe erreichen, auch wenn sich der Film hier redliche Mühe gibt (und einen das Schicksal des unbeholfenen Baily auch nicht kalt lässt).
Und als Kritik an der manipulativen Herangehensweise der Medien verliert er sich zu sehr im Klischee, wenngleich Brackett als interessant ambivalente Gestalt angelegt ist.

Apropos "Klischee" - immer wieder gibt es eine Szene, eine Dialogstelle, eine Darstellergeste, wo man schon im Vorfeld wusste, dass sie jetzt so oder so ähnlich gleich erfolgen wird, der Film ist einfach oft zu berechenbar. Man ahnt, dass das Kind, welches sich gerade vom Sofa erhoben hat, als nächstes den Fernsehbildschirm herzen wird, weil Papi dort zu sehen ist - und dies geschieht dann auch.
Die Macher von "Mad City" bedienten sich zu oft aus der Mottenkiste der Dramen-/ Thriller-Dramaturgie, die daraus resultierende Durchschaubarkeit raubt der vermutlich durchaus engagiert gemeinten Geschichte ihre Souveränität.

Der Film ist eine ambivalente Sache, weil in ihm auf eine naive, durchschaubare Dramaturgie, nach Art einer mittelprächtigen US-Serienepisode, plötzlich eine starke Szene Dustin Hoffmanns folgt.
Man bereut es nicht, "Mad City" gesehen zu haben, doch er erreicht nie Tiefe, Tragik und Scharfsinn seines vermutlichen Vorbildes, Billy Wilders "Reporter des Satans".

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